Wir sind mit Feinmechanik aufgewachsen

Interview mit Per Holmberg, CEO der Adrian Michel Group AG

Wirtschaftsforum: Herr Holmberg, Adrian Michel ist ein Unternehmen mit 100 Jahre alter Geschichte. Das ist eine beachtliche Leistung.

Per Holmberg: Anfangs wurden bei uns Uhrwerke und deren Komponenten hergestellt und wir sind stolz auf unsere feinmechanischen Wurzeln. Aber wir haben uns dann weg von der Uhrenindustrie entwickelt und konzentrieren uns heute auf das Stanzen, die Werkzeugherstellung und den vertikalen CNC-Bereich.

Wirtschaftsforum: Schweizer Präzision ist also immer noch wichtig?

Per Holmberg: Auf jeden Fall. Unsere Stärke kommt aus der Konstruktion, aus der Herstellung von Werkzeugen. Wir sind sozusagen ‘Made in Switzerland’ und verkörpern all das, was Kunden dabei suchen. Wir sind nah am Kunden – die meisten sind in einem Umkreis von zwei Stunden beheimatet, unser Service und unsere Kompetenz bei Werkzeugen und in der Konstruktion sind wichtig, und ebenso unsere Schnelligkeit. Heraus kommt dann ein Gesamtpaket, das unsere Kunden voll und ganz überzeugt.

Wirtschaftsforum: Wer genau sind Ihre Kunden?

Per Holmberg: Wir arbeiten aktuell mit etwa 200 Kunden zusammen, meist mechanische Firmen aus der Schweiz, die in den Bereichen Medizintechnik, Automatisierung, Batterien, aber auch Gridsysteme tätig sind. Selbst Unternehmen wie Starbucks setzen auf Kaffeemaschinen, an deren Bau wir als Unterlieferant eingebunden sind. Unsere Kunden haben oft einen großen globalen Marktanteil in einem Spezialsegment. Viele sind auch im Ausland aktiv. Inzwischen merken wir, dass viele Kunden aus geopolitischen Gründen jetzt wieder aus Asien nach Europa zurückkommen.

Wirtschaftsforum: Wie können Sie Ihr Produktangebot für diese Kunden beschreiben?

Per Holmberg: Stanzen, Werkzeugbau und der vertikale CNC-Bereich – das ist die Werkkette. Wir konstruieren und bauen Werkzeuge von 25 kg bis 4 t. Das ist eine große Bandbreite, aber dann in kleiner Serie. Unsere Kernkompetenzen sind die Projektierung und Herstellung von Werkzeugen. Wir haben uns zum Beispiel in der Medizintechnik stark entwickelt und sind der bevorzugte Entwicklungspartner von führenden Unternehmen wie Straumann, Johnson & Johnson und anderen. Diese leben von unserer mechanischen und technischen Kompetenz. Service und Kundennähe sind hier ganz wichtig.

Wirtschaftsforum: Was macht Sie so lange so erfolgreich?

Per Holmberg: Unsere Firmenkultur ist wichtig – wie wir miteinander arbeiten und miteinander kommunizieren. Unsere Präzision ist gefragt und hebt uns sicher von anderen ab. Wir haben zwar in Teilsegmenten Konkurrenten, aber wir arbeiten mit sehr kleinen Stückzahlen und einem tollen Maschinenpark. Das macht uns ein wenig einzigartig, erst recht in Kombination mit unserer Kompetenz in der Werkzeugherstellung. Wir haben bisher rund 3.000 Werkzeuge konstruiert und hergestellt, davon sind noch immer 1.650 in Benutzung.

Wirtschaftsforum: Ändern sich die Bedürfnisse der Kunden?

Per Holmberg: Wir sind immer bereit, uns zu verändern und streben den perfekten Service für unsere Kunden an. Wir schaffen eine Schnittstelle zu unseren Kunden, denn auch sie stehen unter einem hohen Veränderungsdruck. Das müssen wir frühzeitig antizipieren. Unsere Kombination aus Service, CAD-Entwicklung, Projektierung und die Zusammenführung von Maschinen und Daten ist sicher erfolgsbestimmend.

Wirtschaftsforum: Wir sehen derzeit zwei Megatrends. Digitalisierung und Nachhaltigkeit, mit denen wir zu tun haben. Was genau bedeutet das für Sie als Unternehmen?

Per Holmberg: Die Digitalisierung verändert unser Geschäft in hohem Maße. Nehmen Sie die CAM-Ausrüstung oder die Verknüpfung mit dem Kunden. Kompetenz in der Digitalisierung ist für uns gleichbedeutend mit Zeitersparnis, einer höheren Präzision und mehr Transparenz. Wir investieren hier seit vielen Jahren und werden schneller und effizienter, aber dabei dürfen wir nicht vergessen, auch den Menschen mitzunehmen. Auch die Nachhaltigkeit wird in den kommenden Jahren immer wichtiger. Dabei stehen Themen wie Energieunabhängigkeit und -sicherheit im Mittelpunkt.

Wirtschaftsforum: Was steht an weiteren Plänen und Themen auf Ihrer Agenda für die kommenden Jahre?

Per Holmberg: Die Digitalisierung ist sehr wichtig und wir arbeiten sehr intensiv daran. Wir müssen die richtige Balance zwischen Organisation und Produkten und zwischen Kunden und Entwicklung finden. Langfristig steht ein weiteres Wachstum im Fokus. Wir wollen noch besser und breiter aufgestellt sein. Unser Backoffice soll noch effizienter und digitaler agieren können, um Ressourcen proaktiver gegenüber Kunden einzusetzen Wir wollen in naheliegende Bereiche expandieren und bleiben in Zentraleuropa ein guter Lieferant und Partner für unsere Kunden. Europa wird, auch wenn die Zeiten schwierig sind, industriell immer wichtiger. Wir profitieren als Wirtschaftsraum von den geopolitischen Veränderungen.

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