Sich treu bleiben und wandeln

Interview mit Maik Luschtinetz, Geschäftsführer der ACTIA IME GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Luschtinetz, die ACTIA IME gibt es seit 1986. In dieser Zeit hat sich das Unternehmen von einem Spin-off zu einem international gefragten Systemlieferanten der Automobilindustrie entwickelt. Konnte diese erfolgreiche Entwicklung in den vergangenen drei Jahren fortgesetzt werden?

Maik Luschtinetz: Die Coronakrise und der Krieg in der Ukraine waren für uns wie für die meisten herausfordernd. Am wenigsten Einfluss auf unsere Entwicklung hatte der Krieg, da wir auch vorher keine Marktbeziehungen zu Russland oder der Ukraine hatten. Hohe Energiepreise und neue Anforderungen an Transport und Logistik spüren wir allerdings. Corona haben wir dank guter Hygienekonzepte intern sehr gut überstanden. Remote Work gibt es hier schon sehr lange, deshalb waren wir in der Beziehung gut aufgestellt. Wirkliche Probleme brachten Einbrüche in der Lieferkette. 2021 und 2022 konnten wir unsere Ziele nicht erreichen, weil das notwendige Material nicht verfügbar war.

Wirtschaftsforum: Wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?

Maik Luschtinetz: Wir haben auf eine sehr enge Kundenkommunikation gesetzt, zum Teil bis hin zum Management, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. In dieser Zeit hat sich die Spreu vom Weizen getrennt. Auch wir haben realisiert, dass wir nicht nur gute Zulieferer haben und uns von denen trennen müssen, die nicht das richtige Qualitätslevel bieten. Da ähnliche Krisensituationen in Zukunft erneut auftreten können, muss man vorbereitet sein. Momentan arbeiten wir daran, Transparenz in Prozesse zu bringen und Verständnis für Zulieferketten zu entwickeln. Bei eigenen Prozessen, also dort, wo wir selbst Zulieferer sind, achten wir darauf, dass es langfristig verbesserte Planungen gibt und Notfallstrategien konsequent angewendet und umgesetzt werden. Das heißt, wir fordern von Kundenseite mehr Bindung ein und operieren auf Augenhöhe, was zunehmend besser funktioniert. In der Pandemie waren unsere Produkte zum Teil notwendig zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur. Wenn beispielsweise Müllfahrzeuge nicht mit entsprechender Sicherheitstechnik ausgerüstet werden können, ist das ein Problem.

Wirtschaftsforum: Haben sich diese besonderen Jahre auf die Struktur des Unternehmens ausgewirkt?

Maik Luschtinetz: Wir sind nach wie vor Teil der französischen ACTIA-Gruppe, haben 150 Mitarbeiter und einen Umsatz von 32,8 Millionen EUR. Die Zusammenarbeit mit der französischen Mutter ist in den letzten zwei Jahren deutlich intensiviert worden und wird von Tag zu Tag besser.

Wirtschaftsforum: Kommen wir auf die Produkte zurück. Was hat sich hier in der jüngsten Zeit getan?

Maik Luschtinetz: Auch wenn wir mit der Automobilindustrie eine Branche beliefern, die sich rasant weiterentwickelt, haben viele Entwicklungen keine direkten Auswirkungen auf unsere Diagnosetechnik. Egal, ob Elektro- oder Wasserstoffantrieb, die Aufgaben an die Diagnose bleiben gleich; das Fahrzeug muss gewartet oder instand gesetzt werden. Dieser Bereich ist deshalb von wenigen technologischen Veränderungen betroffen. Eine große Rolle spielen dagegen Softwarefunktionen, die in ein Auto eingespielt werden; diese Entwicklung führt zu einem erhöhten Bedarf an unseren Produkten. Software-Updates müssen in möglichst kurzer Zeit eingespielt werden; dafür braucht man mehr Geräte und einen höheren Datendurchsatz. An diesen Entwicklungen haben wir uns orientiert und weiterentwickelt. Neueste Standards in der drahtlosen Kommunikation zwischen Fahrzeug und Infrastruktur können mit entsprechenden Interfaces aus unserem Haus sichergestellt werden, sodass hohe Datensätze in kurzer Zeit ins Fahrzeug realisiert werden können. Momentan beschäftigen wir uns zum Beispiel mit dem Wifi-6-Standard, der allmählich Einzug in die Industrie hält. Ein Umstieg auf den neuen Standard, der eine deutlich höhere Datenübertragungsrate garantiert, hat große Auswirkungen auf das Gerätedesign sowie Zertifizierungs- und Zulassungsprozesse weltweit. Auch im Bereich Softwareentwicklung sind wir vorangeschritten; hier geht es um standardisierte Software für den Einsatz im Diagnosefall.

Wirtschaftsforum: ACTIA ist technologisch sehr weit vorn, steht für Kontinuität und Stabilität. Wie sieht der Blick nach vorn aus?

Maik Luschtinetz: Als Gruppe wachsen wir mehr und mehr zusammen. Deshalb werden wir weitere Produkte der Gruppe für den deutschen Markt erschließen und langfristig auch den Support für den deutschsprachigen Markt übernehmen. Gleichzeitig werden wir kontinuierlich an unseren Basisprodukten weiterarbeiten.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Automobil & Fahrzeugbau

Wenn Innovation Gewicht spart

Interview mit Marnie Tietje, Leiterin Vertrieb der SOMMER GmbH

Wenn Innovation Gewicht spart

Der Fahrzeugbau verändert sich rasant: Leichtbau, Nachhaltigkeit und flexible Lösungen sind heute gefragter denn je. Ein Unternehmen, das diese Entwicklung seit Jahren prägt, ist die SOMMER GmbH aus Laucha an…

Professioneller Partner für militärische Logistik

Interview mit Martin Rohde, Geschäftsführer der CONDOK GmbH

Professioneller Partner für militärische Logistik

In einer zunehmend instabilen Weltordnung gewinnen Fragen der Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit zunehmend an Bedeutung. Auch Deutschland sieht sich angesichts der aktuellen Weltlage zur Aufrüstung gezwungen – die Bundeswehr soll wieder…

„Innovation ist unser Tagesgeschäft“

Interview mit Federica Sartor, Geschäftsführerin der Marcolin Covering s.r.l.

„Innovation ist unser Tagesgeschäft“

Was auf den ersten Blick nach einer sehr speziellen Nische klingt, ist in Wahrheit ein hochdynamischer und technisch anspruchsvoller Markt: Verdecksysteme für Nutzfahrzeuge. Die Marcolin Covering s.r.l. aus dem norditalienischen…

Spannendes aus der Region Braunschweig

Tradition und Innovation

Interview mit Christoph Canibol, Geschäftsführer der Flechtorfer Mühle Walter Thönebe GmbH

Tradition und Innovation

Als Wassermühle an der Schunter gelegen, wird die Flechtorfer Mühle urkundlich bereits im 13. Jahrhundert erwähnt. Heute zählt die Flechtorfer Mühle Walter Thönebe GmbH zu den acht größten Mühlen in…

Damit Rohrsysteme Jahrzehnte halten

Interview mit Kai Barchfeld, Geschäftsführer der TS Wassertechnik Tempel & Scholz GmbH

Damit Rohrsysteme Jahrzehnte halten

Als Experte für Wasseraufbereitung, Wasserbehandlung und chemische Reinigung wasserführender Systeme betreut TS Wassertechnik als Komplettanbieter Unternehmen aus verschiedensten Wirtschaftszweigen. Warum sich Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg bei den Kunden zunehmend gegenseitig…

Mit Microneedling zu neuer Lebensqualität

Interview mit Michael Tomerius, CEO der Dermaroller GmbH

Mit Microneedling zu neuer Lebensqualität

Schönheitspflege ist längst mehr als ein flüchtiger Trend. Immer mehr Menschen setzen auf effektive und zugleich schonende Verfahren, um Hautbild und Ausstrahlung zu verbessern. Neben klassischen Kosmetikbehandlungen hat sich insbesondere…

Das könnte Sie auch interessieren

Stadtplanung im Auftrag der Zukunft

Interview mit Jan Nicolin, Dipl. Ing. Architekt und Geschäftsführer der Stadtbauplan GmbH

Stadtplanung im Auftrag der Zukunft

Wenn in deutschen Städten gebaut wird, dann oft mit einem Blick in die Zukunft – strukturiert, komplex und politisch. Gerade im öffentlichen Hochbau und in der Stadtentwicklung stehen Kommunen heute…

Verpackt für den Erfolg: Nachhaltige Präsentationen

Interview mit Joachim Kratschmayr, Geschäftsführer der Packservice Gruppe

Verpackt für den Erfolg: Nachhaltige Präsentationen

Die Packservice Gruppe hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1980 in Karlsruhe zu einem führenden Anbieter von hochwertigen Verpackungslösungen und Logistikdienstleistungen entwickelt. Mit über 20 Standorten und mehr als…

Passion für Mobilität

Interview mit Eugène Krabbenborg, CEO der Fleet Support Group B.V

Passion für Mobilität

Wer sich als Unternehmer wirklich auf sein Kerngeschäft fokussieren möchte, ist froh, wenn er zuverlässige Partner hat, die ihn entlasten. Ein solcher Partner ist die niederländische Fleet Support Group. B.V.…

TOP