„Innovative Lösungen durch Gesetzgebung verhindert“

Interview mit Wilfried Klauss, Geschäftsführer der AAE Naturstrom Vertrieb GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Klauss, wie verlief die Entwicklung hin zum heutigen Unternehmen?

Wilfried Klauss: Anton Klauss war seinerzeit ein Pionier in der Stromwirtschaft. 1886 baute er sein eigenes Kleinwasserkraftwerk, um seine Gemeinde mit Strom zu versorgen. In den nächsten beiden Generationen wurden weitere Kraftwerke gebaut und das Stromnetz erweitert. 1978, in einer Phase der starken Elektrifizierung der Wirtschaft, habe ich die Geschäftsführung in 4. Generation übernommen und die heutige Naturstrom Vertrieb GmbH gegründet. Seitdem hat sich das Unternehmen stark vergrößert. Wir haben 17 Wasserkraftwerke und mehrere Bergstauseen errichtet. Dann haben wir die erste Bergwindturbine in Europa installiert. Etwas später haben wir Agrar-Sonnenfarmen, auf denen Spezialfrüchte angebaut werden, errichtet. Mit unserer Tochtergesellschaft Enercharge, die europaweit Schnellladegeräte betreibt, sind wir jetzt auch in der E-Mobilität aktiv. Daneben haben wir Beteiligungen an weiteren Windparks und Wasserkraftwerken.

Wirtschaftsforum: Ihr Strom kommt also nicht mehr nur aus Wasserkraft-Quellen?

Wilfried Klauss: Nein, wir erzeugen Ökostrom aus verschiedenen Quellen, aus Wind, Wasser und Sonne – nicht aus Biomasse. Wenn man ein ganzheitliches Energieunternehmen sein will, muss man diversifiziert sein und diese Bereiche abdecken.

Wirtschaftsforum: Wo stehen Sie mit AAE heute?

Wilfried Klauss: Als Ökostromlieferant sind wir in einer Nische tätig. Wir sind ein lokales Familienunternehmen, das Strom ganz transparent mit seinen eigenen Kraftwerken produziert. 35.000 Stromkunden werden von uns beliefert. In der Energiewirtschaft decken wir alle Bereiche ab. Wir sind zwar ein regionaler Versorger, haben aber österreichweit Kunden. Dabei handelt es sich um Privat- und Firmenkunden, nicht um Industriekunden. Unser Jahresumsatz liegt bei 30 Millionen EUR und wir beschäftigen rund 50 Mitarbeiter.

Wirtschaftsforum: Planen Sie einen weiteren Ausbau der Energiequellen?

Wilfried Klauss: Ja, ein aktuelles Projekt ist der Bau eines mittelgroßen Pump-Speicherkraftwerks. Wir werden weitere Agrar-Sonnenfarmen aufbauen, auf denen ökologischer Landbau betrieben wird. Und wir planen die Revitalisierung bestehender Kraftwerke. Leider ist die Gesetzgebung hier viel zu langsam. Die überbürokratischen Bewilligungsverfahren sind das Hauptproblem unserer Branche. Bei Wind- und Sonnenkraft dauern die Bewilligungen in unserer Gegend zwischen fünf und zehn Jahren. Wir brauchen für die Energiewende innovative Lösungen. Aber die Gesetze verhindern sie oft.

Wirtschaftsforum: Wie sehen Sie die Lage in Europa, was die Umstellung auf erneuerbare Energien betrifft?

Wilfried Klauss: Sie kann gelingen, aber die Gesetze und Rahmenbedingungen müssen von Leuten aus der Praxis angepasst werden. Die Speicherfrage ist noch nicht geklärt. Je mehr erneuerbare Energien genutzt werden sollen, umso größer ist der Speicherbedarf. Europa hat in der Vergangenheit Fehler gemacht, die müssen jetzt gut korrigiert werden. Im Grunde hat man die Produktion der Energieunabhängigkeit ausgelagert nach China, weil in Europa die Gesetze so kompliziert waren.

Wirtschaftsforum: Sie sind heute nicht der einzige Ökostromanbieter am Markt. Was zeichnet AAE besonders aus?

Wilfried Klauss: Neben der Nachhaltigkeit zeichnet uns aus, dass wir als regionaler Anbieter vor Ort sind. Die Kunden haben ihren persönlichen Ansprechpartner. Wir bauen Kraftwerke, die in die Landschaft integriert sind. Dank unserer Größe sind wir schneller als die großen Konzerne. Und nicht zuletzt haben unsere Mitarbeiter wirklich viel Know-how.

Wirtschaftsforum: Die Geschichte von AAE ist eine echte Erfolgsgeschichte. Welche Faktoren haben am meisten dazu beigetragen?

Wilfried Klauss: Ganz wesentlich war unser konsequenter und solider Unternehmensaufbau. Unsere Formel lautet ‘erst Wasser, dann Wind, dann Sonne’. Außerdem haben wir die Energiespeicherung rechtzeitig ökologisch geplant.

Wirtschaftsforum: Sie haben schon viel erreicht. Haben Sie noch eine Vision?

Wilfried Klauss: Unsere Vision ist schon erfüllt. Aber natürlich kann man immer mehr wollen. Wenn wir weiter wachsen, dann muss es ein gesundes, übersichtliches Wachstum sein. Ein starkes Augenmerk legen wir auf die Stärkung unserer Energiespeicher-Kapazitäten.

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