Qualität, Tradition und Fortschritt in der Textilindustrie

Interview mit Paul Schuschan, Geschäftsführer der Zwickauer Kammgarn GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Schuschan, wie hat die Zwickauer Kammgarn GmbH es geschafft, sich in einem so wettbewerbsintensiven Markt zu behaupten?

Paul Schuschan: Unsere Stärke liegt in der Verbindung von Tradition und Innovation. Seit 1835 sind wir im Geschäft und haben uns stets an die Marktbedingungen angepasst. Nach der Wende wurde das Unternehmen verkleinert, doch unter dem Dach der Peppermint Holding in den 1990er-Jahren gewannen wir zusätzliche Synergien und Ressourcen. Unsere Gruppe, bestehend aus mehreren Unternehmen mit gemeinsamen Werten und Strategien, macht uns auf dem Markt stärker. Mit zwei Standorten und einer langen Tradition in der Wertschöpfung bringen wir hochqualifizierte Produkte auf den Markt, die den höchsten Ansprüchen der Textilindustrie gerecht werden. Nicht nur in der Modebranche, wo die Herkunft der Kleidung immer wichtiger wird, setzen wir auf hochwertige Rohmaterialien.

Wirtschaftsforum: Wie integriert das Unternehmen Nachhaltigkeit in seine Produktionsprozesse?

Paul Schuschan: Nachhaltigkeit ist bei uns tief verwurzelt. Seit 1996 betreiben wir eine Färberei, die unter strengen Umweltaspekten arbeitet. Wir setzen auf nachhaltige Garne, die nicht nur aus Rohmaterialien bestehen, sondern auch funktionale Eigenschaften wie Abriebsbeständigkeit bieten. Photovoltaikanlagen, Wärmerückgewinnung, grüner Strom und ein zertifiziertes Energiemanagementsystem gehören ebenso dazu. Wir nutzen recycelte Papierhülsen, umweltfreundliche Verpackungen und klären unser Abwasser. Unsere Produkte sind mehrfach zertifiziert, unter anderem durch OEKO-TEX®, Responsible Wool Standard (RWS) und Global Organic Textile Standard (GOTS). Auch unsere Lieferwege halten wir kurz und unsere Fahrzeugflotte ist nahezu vollständig auf Elektrofahrzeuge umgestellt. Diese Maßnahmen machen uns zu einem Vorreiter in der Textilbranche.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt die Digitalisierung in Ihrem Betrieb?

Paul Schuschan: Digitalisierung ist für uns unverzichtbar, auch wenn der Faktor Mensch in einer Kammgarnspinnerei weiterhin entscheidend bleibt. Unser eigenes ERP-System hilft uns, die Prozesse effizient zu steuern und die Produktionspartien zu überwachen. Maschinen sind mit Sensoren ausgestattet, die uns sofort über Stillstände informieren, sodass wir schnell reagieren können. Diese Art von digitaler Umgebungssteuerung und -überwachung ist zentral für uns als Branche. Die Digitalisierung steigert damit nicht nur die Produktionsqualität, sondern macht uns auch flexibler für die Anforderungen unserer Kunden.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielen internationale Märkte für die Zwickauer Kammgarn GmbH?

Paul Schuschan: Wir sind weltweit aktiv, wobei Europa unser Schwerpunkt ist. Die Hälfte des Umsatzes machen wir in der DACH-Region, aber auch Skandinavien, Italien, Frankreich und die Türkei sind wichtige Märkte. Wir beliefern verschiedene Industriezweige, darunter die Modebranche, technische Bereiche wie Arbeits- und Arbeitsschutzbekleidung sowie den Mobility-Sektor, in dem wir Garne für Sitzbezüge für Züge und Langstreckenflüge herstellen. Diese Produkte erfordern spezielles Know-how, das nicht jeder Anbieter liefern kann. Auch der Corporate-Bereich, in dem wir die Garne für die Bekleidung der Flug- und Zugbegleiter herstellen, wächst stetig. Die USA sind ebenfalls ein interessanter Markt, abhängig von der politischen Lage, die wir genau beobachten.

Wirtschaftsforum: Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft der Textilbranche?

Paul Schuschan: Die vergangenen Jahre waren herausfordernd, besonders durch die steigenden Energiekos-ten und Unsicherheiten in Europa. Unser Vorteil liegt in der hohen Wertschöpfung inhouse, was uns flexibler macht. Auch wenn der digitale Vertrieb in den letzten Jahren zugenommen hat, bleibt der persönliche Kontakt für unsere Produkte unerlässlich, denn Textilien muss man fühlen und erleben. Geschäfte werden von Menschen gemacht, und das wird weiterhin ein Kernaspekt unserer Strategie sein. Gleichzeitig werden wir unsere Innovationskraft stärken und uns auf Liefertreue, Qualität und individuelle Lösungen für unsere Kunden konzentrieren. Das erste Halbjahr 2024 war schwierig, aber wir erwarten eine Erholung ab 2025. Mit unserer fokussierten Strategie werden wir gestärkt aus diesen Herausforderungen hervorgehen.

Wirtschaftsforum: Was sind Ihre persönlichen Ziele?

Paul Schuschan: Ich möchte das Unternehmen weiterentwickeln und gleichzeitig unsere Tradition bewahren. Es ist mir wichtig, dass wir auch in Zukunft ein verlässlicher Partner für unsere Kunden bleiben und Produkte von höchster Qualität liefern. Wir bleiben dem persönlichen Austausch treu.

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