Digitale Zahntechnik: Skalieren statt stagnieren
Interview mit Alexander Leuchtner, Geschäftsführer der Leuchtner Zahntechnik GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Leuchtner, erzählen Sie uns kurz etwas über Ihren Hintergrund.
Alexander Leuchtner: Das Labor wurde vor 35 Jahren von meinem Vater gegründet und klassisch als Handwerksbetrieb mit etwa 20 Mitarbeitern geführt. Mein Bruder und ich hätten nicht zwingend einsteigen müssen, aber ich habe zunächst meine Ausbildung dort gemacht. Nach der Meisterprüfung kam dann die unternehmerische Motivation dazu. Wir haben uns die Aufgaben aufgeteilt: Mein Bruder leitet die Produktion, während ich für Vertrieb, Marketing und Betriebswirtschaft verantwortlich bin. Ich bin seit 13 Jahren aus der Produktion raus und eher der klassische BWLer geworden. Auch mein Vater arbeitet noch immer im Unternehmen mit. Er übernimmt einen Teil der Patientenbetreuung beziehungsweise der Qualitätssicherung und hat große Freude daran zu sehen, wie sein Unternehmen durch seine Söhne weitergeführt wird. Durch diese Arbeitsteilung konnten wir wachsen und sind jetzt bei etwa 65 Mitarbeitern.
Wirtschaftsforum: Was unterscheidet Ihr Unternehmen von seinen Wettbewerbern?
Alexander Leuchtner: Wir haben verstanden, was es bedeutet zu skalieren. Viele Zahntechniker lieben ihren Beruf, wollen aber in ihrem Fachgebiet bleiben und haben wenig Interesse an Wachstum oder Digitalisierung. Ich hingegen bin in die unternehmerische Rolle reingerutscht und sehe mich eher als jemand, der Menschen entwickelt, Mitarbeitergespräche führt und Kunden strategisch betreut. Viele selbstständige Chefs, gerade der älteren Generation, denken: „Wenn ich es nicht selbst mache, wird es nicht richtig gemacht.“ Ich glaube hingegen: Andere können es viel besser als ich.
Wirtschaftsforum: Was bedeutet Digitalisierung in der Zahntechnik?
Alexander Leuchtner: Bis vor 15, 20 Jahren waren sämtliche Prozesse handwerklicher Natur. Heute bekommen wir teilweise gar keine physischen Abdrücke mehr, sondern intraorale Scans. Diese werden in eine CAD-Software gezogen; wir konstruieren den Zahnersatz am PC und haben dann aus der Fräsmaschine oder dem 3D-Drucker ein Produkt mit einer Fertigungstiefe von bis zu 70%. Was sich leider nicht mitentwickelt hat, ist der Mut vieler Zahnärzte. Wir haben deshalb ein Konzept entwickelt, um die drei Haupthürden zu minimieren: den monetären Aspekt, die Frage nach der Genauigkeit und die Implementierung im Team. Wir kaufen die Scanner und vermieten sie an die Zahnärzte, ohne finanzielles Risiko für sie.
Wirtschaftsforum: Welche Vorteile bringt die Digitalisierung?
Alexander Leuchtner: Durch digitale Datensätze sparen wir Silikon und Lieferungen. Digitale Mock-ups und KI verbessern die Planbarkeit, indem sie die Versorgung vorab visualisieren. Patienten sehen ihr verändertes Selbstbild, und der Behandlungserfolg wird vorhersehbarer – etwa bei Aligner-Therapien in der Kieferorthopädie. Auch die navigierte Implantation profitiert: Eine digitale Planung ermöglicht präzise Bohrschablonen für exakte Implantatsetzung.
Wirtschaftsforum: Was sind Ihre Ziele als aktuelle Generation?
Alexander Leuchtner: Wir werden über die Zahntechnik hinaus eher ein Solution Provider – jemand, der dem Zahnarzt das ganze Drumherum weitestgehend abnimmt, wie etwa Abrechnungen oder das professionelle Onboarding in der Praxis. Wachstum kann auch ‘erwachsen werden’ bedeuten, nicht nur in die Breite, sondern auch im Hinblick auf die Perfektionierung der Prozesse. Durch die Digitalisierung ist an Produktivität und Wirtschaftlichkeit noch einiges herauszuholen. Wir wollen mit einem Höchstmaß an Digitalisierung den Umsatz pro Kopf erhöhen und gleichzeitig die Produktqualität verbessern.
Wirtschaftsforum: Wie prägt die Unternehmenskultur Ihre Firma?
Alexander Leuchtner: Uns ist Beziehung wichtig, aber das Ergebnis steht im Vordergrund – etwa zwei Drittel Ergebnisorientierung, ein Drittel Beziehungsorientierung. Bei uns ist es verpflichtend, dass jeder in seiner Rolle Verantwortung übernimmt. Wir sind stark ergebnisorientiert und wenig aufgabenorientiert, das heißt, wir lassen Menschen Freiraum, wie sie an ihr Ziel kommen, aber das Ziel ist klar definiert. Wir schaffen einen Raum, in dem motivierte Menschen Ergebnisse liefern können. Bei neuen Mitarbeitern ist uns sehr wichtig, dass sie zu uns passen. Lieber stellen wir niemanden ein als die falsche Person.