Wo Wien zu Mittag isst
Interview mit Dr. Franz Radatz, Geschäftsführer der Radatz Feine Wiener Fleischwaren GmbH

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Das Cash Handelsmagazin listet die Marke Radatz als die Nummer 1 in Österreich, und das zu Recht: In den 21 Fleischerei-Filialen und 11 Radatz-Märkten in Wien erwirtschaften 890 Mitarbeiter knapp 183 Millionen EUR Jahresumsatz – bei einem Sortiment, das über 700 verschiedene Produkte umfasst.
So weit die nüchternen Zahlen. „Wenn Sie so wollen, beißt alle 1,16 Sekunden ein Österreicher in eine unserer Leberkässemmeln“, verdeutlicht Geschäftsführer Dr. Franz Radatz an einem Beispiel die Dimensionen, die das vielfach ausgezeichnete und nach sämtlichen Standards zertifizierte Familienunternehmen inzwischen angenommen hat.
Von 0 auf 100
Geplant war das im Jahr 1962 sicher noch nicht. Damals gründeten Franz und Elisabeth Radatz, die Eltern des Geschäftsführers, ihre kleine Fleischerei in der Karolinengasse im vierten Bezirk. Doch es war bald abzusehen, dass es nicht dabei bleiben würde: 1966 wurde der heutige Standort in Neu-Erlaa bezogen und 1970 eine zweite Filiale eröffnet.
Bis zum Jahr 2000 waren es schließlich über 30, geblieben sind nach einer Umstrukturierung, im Zuge derer kleinere Filialen geschlossen wurden, die heutigen 21. Trotz seiner Größe ist Radatz nach wie vor ein Familienunternehmen, und das gleich in mehrfacher Hinsicht: „Unsere Firma ist nicht nur nach wie vor im Besitz unserer Familie, es arbeiten bei uns auch verschiedene Generationen ganzer Familien in den unterschiedlichen Bereichen“, sagt Franz Radatz. „Im Filialbereich bilden wir selbst aus. Uns liegt sehr an der fachlichen und persönlichen Entwicklung unserer Mitarbeiter; dafür tun wir viel.“
Bitte zu Tisch!
Seit 1988 wird in den Filialen auch ein Mittagsmenü angeboten. „Mit über 14.000 Kunden, die bei uns täglich zu Mittag essen, ist der Mittagstisch für uns ein wichtiges Standbein geworden, er macht 50% unseres Umsatzes aus“, sagt Franz Radatz.

„Pro Tag essen über 14.000 Menschen in unseren Filialen zu Mittag.“ Dr. Franz RadatzGeschäftsführer
Vor zehn Jahren betrat das Unternehmen mit einer weiteren Erfolgsidee neues Terrain: „Damals sind wir mit sogenannten Abholmärkte gestartet; inzwischen sind es elf. Anders als in den Filialen verkaufen wir in unseren Märkten ausschließlich abgepackte Produkte für den LEH, Großkunden und Endkunden. Das spart einerseits Personal und andererseits bedienen wir so einen breitestmöglichen Kundenkreis.“
Neukunden gewinnt Radatz vor allem über Messen wie die Anuga sowie online über die liebevoll gestaltete Website und die Social Media.
Qualität und Genuss
In Radatz‘ Sortiment ist mehr oder weniger alles vertreten, was an Fleischspezialitäten Rang und Namen hat: „Außer Rohschinken stellen wir alles her“, fasst es Franz Radatz zusammen. Sehr beliebt sind die Käse-Krainer, etwas gröbere Würstchen mit Emmentaler-Einlage.
„Die muss man vor dem Braten mehrmals auf allen Seiten mit einer Gabel einstechen – stupfen – und anschließend langsam in der Pfanne braten“, sagt der promovierte Betriebswirt genießerisch, der schon während seiner Schulzeit im elterlichen Betrieb mithalf und vor seinem Studium zunächst eine Fleischerlehre machte.
Leberkäse, der ebenfalls in einer Variante mit Käse erhältlich ist, ist genauso ein Klassiker im Sortiment wie Cabanossi, die gut durchgetrocknet unter anderem als Wanderproviant sehr beliebt sind, da auch ungekühlt haltbar. Ein weiteres Highlight sind außerdem die verschiedenen Schinkenspezialitäten wie der Beinschinken, der dem Gaumen mit grünem Pfeffer oder Spargel verfeinert schmeichelt.
Seit 1998 die Wiener Traditionsfirma Stastnik übernommen wurde, gehört auch feinste, traditionell gereifte ungarische Salami in verschiedensten Variationen zum Sortiment. Auf dem bisher Erreichten ruht man sich aber nicht aus: „Aktuell bauen wir bei Stastnik die Produktion aus und erweitern das Sortiment“, so der Geschäftsführer, der in Österreich einen rückläufigen Trend bei vegetarischen Produkten erkennt. „Bei Radatz schlagen wir gerade mit Convenience-Produkten ein neues Kapitel auf. Wir wollen unsere Marktführerschaft in Österreich noch weiter ausbauen und in unserer Eigenschaft als Produzent und Händler unser Ohr am Markt behalten. So können wir schnell sehen, wie neue Produkte ankommen.“
Themen: Fleischerei, Handwerk, Qualität, Wien