Genuss in Transformation
Interview mit Dr. Raphael Gugerli, CEO der Delica AG

Bereits 1953 entschied sich der Gründer der Migros-Gruppe, für seine Supermärkte eine Industrieplattform aufzubauen. „Damals gab es Probleme mit der Versorgung“, erläutert Dr. Raphael Gugerli, CEO von Delica. „Außerdem hatte er eine Leidenschaft für Kaffee und besaß bereits eine kleinere Rösterei.“
Aus diesem Unternehmen entwickelte sich nach und nach die Firma, die seit 2007 unter dem Namen Delica aktiv ist. Neben dem Kaffeesegment entwickelte sich schon bald der Bereich Trockenfrüchte und Gewürze. „Wir bezeichnen das allgemein als Kolonialprodukte“, offenbart Dr. Gugerli.
Der grosse Umbruch
Er sieht einen großen Umbruch im Jahr 2002. „Das Thema Verpackung wurde wichtig“, zählt er auf. „Nespresso veränderte den Markt. Auch der Vertrieb wandelte sich. Über Telefon und später über das Internet wurde Kaffee verkauft. Die Kapseln hielten Einzug.“
Delica reagierte schnell und entwickelte 2004 das eigene Kapselsystem Delizio, das heute nach Nespresso das Zweiterfolgreichste im Schweizer Markt ist. „Der Markt kam in Bewegung“, erinnert sich Dr. Gugerli. „Der herkömmliche Filterkaffee war ein rückläufiges Segment.“
Also entschied sich die Firma 2009, auch den Export auszubauen und zunächst die Nachbarländer Deutschland und Österreich mit dem eigenen Kapselsystem unter dem Namen Cremesso zu beliefern. Als dann 2012 immer mehr Unternehmen nespressokompatible Kapseln anboten, entwickelte auch Delica ein eigenes Produkt und somit ein drittes Standbein im Kaffeebereich. Mit einem modernisierten Auftritt wurde 2014 die Eigenmarke Café Royal auf dem Markt gebracht mit dem Ziel, sie als europäisches Markenprodukt zu positionieren.
„Wir bieten Bohnenmischungen, die im Schweizer Markt einzigartig sind.“ Dr. Raphael GugerliCEO
Ein moderner Vertrieb
Auch bezüglich des Vertriebs hat sich die Firma, für die inzwischen rund 600 Mitarbeiter tätig sind, weiterentwickelt. Das Unternehmen ist nach wie vor eine 100%ige Tochtergesellschaft der Migros-Gruppe, mit eigenen Niederlassungen im Ausland. Es verfügt über lokale Vertriebsgesellschaften in Düsseldorf, Paris, Rotterdam und Barcelona. Zudem arbeitet in Berlin ein Team von 40 Mitarbeitern am gesamten Thema der Digitalisierung bis hin zu der richtigen Positionierung in den sozialen Medien.
„Selbstverständlich hat die Digitalisierung einen Einfluss auf die unterschiedlichen Aspekte eines Unternehmens“, versichert Daniel Morf, der diesen Bereich leitet. „Für uns steht vor allem der Vertrieb im Vordergrund, da es eine interessante Möglichkeit ist, unsere Umsätze auszubauen.“
So verfügt das Unternehmen über eigene Webshops für seine Marken, nutzt aber je nach Land und Nachfragepotenzial auch alternative Vertriebswege. „Beispielsweise haben wir für Café Royal einen eigenen Webshop in der Schweiz, Deutschland und Frankreich, sind aber zusätzlich bei Amazon aktiv“, erläutert Daniel Morf.
Verschiedene Tendenzen
Dieser Ansatz zahlt sich aus. „Noch vor zehn Jahren haben wir unsere Produkte hauptsächlich in der Schweiz vertrieben“, verrät Dr. Gugerli. „Heute beträgt der Anteil weniger als 50%.“ Es gibt aber durchaus unterschiedliche Tendenzen in den einzelnen Ländern. So ist die Frage der Nachhaltigkeit in Deutschland weitaus ausgeprägter als in Frankreich.
„Grundsätzlich ist Bio aber sehr populär“, stellt Dr. Gugerli fest. „Die Menschen achten verstärkt auf das, was sie konsumieren. Sie gehen weg von fetten und frittierten Snacks zu gesünderen Nahrungsmitteln.“ Da kommen die Trockenfrüchte und Nüsse von Delica natürlich gut an. Diese werden international eingekauft und dann von der Firma in zwei eigenen Fabriken transformiert.
„Das heißt, wir haben Veredlungsprozesse, Reinigungen und Mischungen, die wir selbst zusammensetzen“, erläutert Dr. Gugerli. „Auch die Verpackungen sind wichtig und ein ausschlaggebender Teil unserer Vermarktung.“ Während die Transformation der Produkte im eigenen Haushalt der Kunden eher rückläufig ist, nutzt Delica das volle Potenzial der Produkte und achtet darauf, den Kunden außerdem exotische Geschmackserlebnisse zu bieten. „Viele sind neugierig auf die Effekte des Superfoods“, beobachtet Dr. Gugerli. „Auch ethische Aspekte spielen für die Konsumenten eine immer größere Rolle.“
Kaffee als Lifestyle
Es ist aber der Kaffee, der nach wie vor drei Viertel des Umsatzes ausmacht. „Grundsätzlich geht man weg vom klassischen Filterkaffee und sucht die einfache und attraktive Möglichkeit, frischen Kaffee vor Ort aufzubrühen“, stellt Dr. Gugerli fest. „Dennoch soll dieser neue Kaffee nicht zu teuer und nach Möglichkeit nachhaltig sein.“ Zudem hat sich das Konsumverhalten deutlich geändert. Inzwischen haben ebenso kleine Coffeeshops mit individuellen Auftritten und Röstungen ihre Nischen erobert. Delica steht dem in nichts nach.
„Wir sind sehr stark in der Kreation von neuen Produkten“, betont Dr. Gugerli. „Innovation ist eine deutliche Stärke des Unternehmens.“ Mit ihrem neuen Auftritt, der emotional und selbstbewusst, trendig, aber auch authentisch ist, passt die Marke Café Royal genau in den Zeitgeist. „Kaffee trinkt man nicht mehr nur morgens“, beobachtet Dr. Gugerli. „Einen Kaffee zu trinken ist heute gleichbedeutend mit einem Moment, um sich auszutauschen, sich ein Netzwerk zu schaffen. Kaffee ist zu einem Lifestyle geworden.“