Das Erfolgsrezept: Freude, Freiheit, Harmonie

Interview mit Dr. Rüdiger Brockmann, Geschäftsführer der ZELTWANGER Gruppe

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Brockmann, wenn wir einen Blick in den Rückspiegel werfen, was sehen wir da bei der ZELTWANGER Gruppe?

Dr. Rüdiger Brockmann: Ulrich Zeltwanger gründete das Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern 1982 in Dußlingen und konzentrierte sich zunächst auf Maschinenbauteile. 1996 kam mit der Firma Bosch als Kunde ein weiteres Aufgabenfeld dazu, eine Common Rail-Montage- und Prüflinie. 1999 erfolgte der Umzug nach Tübingen, wo ein neues Gebäude bezogen wurde und der Maschinenbau stark expandierte. 2002 kamen die ersten selbst entwickelten Systeme hinzu. Dazu gehörten unter anderem Polieranlagen und erste bildverarbeitende, roboterbasierte Zuführanlagen. Damit begann der Einstieg in die Automatisierung. Parallel dazu startete die Internationalisierung. Mit unserem Kunden Bosch sind wir seinerzeit in die USA gegangen und haben dort in Charleston die ZELTWANGER CNC Manufacturing gegründet. 2003 gründeten wir die ZELTWANGER Automation und 2006 in Tschechien die ZELTWANGER AMT sowie in Deutschland die ZELTWANGER Dichtheitsprüfung.

Am Gründungsstandort Dußlingen haben wir 2008 ein großes Gebäude übernommen, um Platz für weitere Expansion zu schaffen. 2010 sind wir in die Laserbearbeitung eingestiegen und haben 2015 die X-Cell entwickelt – ein Konzept, das mehrere Verfahren in einer Bearbeitungszelle zusammenfasst. Das sind Verfahren wie beispielsweise Laserbeschriftung, Laserschweißen, Dichtheits -und Funktionsprüfung sowie Bildbearbeitung. Seit 2016 bieten wir ein komplettes Portfolio an Dichtheitsprüfgeräten und sind hier heute führend. 2018 haben wir für den Maschinenbau einen weiteren Neubau in Tübingen errichtet und 2019 ein weiteres System zur automatischen Werkzeugmaschinen Be- und Entladung vorgestellt. Seit 2020 sind wir zudem in China präsent.

Wirtschaftsforum: Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie und wie hoch ist der Umsatz der Gruppe?

Dr. Rüdiger Brockmann: Zurzeit sind 460 Mitarbeiter für uns tätig. Als Umsatz streben wir in diesem Jahr 60 bis 70 Millionen EUR an.

Wirtschaftsforum: Ist Ihr Umsatz in den vergangenen Jahren parallel zur Expansion der Firmengruppe gestiegen?

Dr. Rüdiger Brockmann: Das ist in der Tat so. Gerade zwischen 2010 und 2019 konnten wir ein sehr starkes Wachstum erzielen. Das liegt sicherlich daran, dass wir verstärkt mit eigenen Produkten auf dem Markt aktiv sind. Außerdem haben wir bei der Auftragsfertigung sehr starke Partner. Das sind zum Beispiel neben Bosch auch Unternehmen aus der Automobilbranche sowie der optischen Industrie.

Wirtschaftsforum: Erzählen Sie uns doch bitte etwas über Ihren persönlichen Werdegang und wie Sie zu ZELTWANGER kamen.

Dr. Rüdiger Brockmann: Ich bin seit Anfang 2021 in der Unternehmensgruppe. Der Unternehmensgründer Ulrich Zeltwanger hat mich in die Geschäftsführung aufgenommen und ich bin dort für Technologie und Vertrieb zuständig. Herr Zeltwanger suchte einen Nachfolger für sich, weil er sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen möchte. Als Physik- und Maschinenbauingenieur habe ich in der Lasertechnik promoviert. Beruflich war ich zunächst bei Volkswagen in Wolfsburg, dann bei Trumpf im Schwarzwald und später im Ditzinger Headquarter.

Wirtschaftsforum: Wie sehen Sie Ihre Aufgabe in der ZELTWANGER Gruppe – eher strategisch oder operativ?

Dr. Rüdiger Brockmann: Ich sehe mich für beide Aufgabenfelder verantwortlich. Ich möchte das Unternehmen in die Zukunft führen. Dazu zählt für mich die Vorbereitung auf Megatrends, wie etwa Industrie 4.0. Die ZELTWANGER Gruppe lässt sich in zwei große Geschäftsfelder aufteilen: Auftragsfertigung und Industrial Solutions mit eigenen Produktideen und Produkten, die wir dem Markt anbieten. Dazu gehören E-Mobilität, Mobilität allgemein, aber auch Medizintechnik. Seit Anfang des Jahres schaffen wir für die Industrial Solutions übergreifende Strukturen und einen übergreifenden Vertrieb. Wir orientieren uns an den Prozessketten und sind zum Beispiel bei Batterien, Brennstoffzellen und Elektromotoren an unterschiedlichen Stellen dieser Ketten unterwegs.

Wirtschaftsforum: Wenn wir Ihr heutiges Portfolio in den beiden erwähnten Geschäftsfeldern betrachten: Nennen Sie uns doch bitte einige Beispiele.

Dr. Rüdiger Brockmann: In der Auftragsfertigung produzieren wir unter anderem hochpräzise Bauteile für den Bereich extremer UV-Strahlung. Das ist ein in der Halbleiterindustrie eingesetztes Laserverfahren. Hierdurch unterstützen wir die Herstellung von Computerchips der nächsten Generation. Ein weiteres Beispiel sind Montagearbeiten für Komponenten der Batteriefertigung. Im Bereich Industrial Solutions haben wir bereits komplette Lösungen zur Dichtheitsprüfung entwickelt und stellen hier Geräte und automatisierte Systeme für die Batterieproduktion zur Verfügung. Unsere X-Cell wird unter anderem in der Medizintechnik verwendet.

Wirtschaftsforum: Welche Kommunikationskanäle nutzen Sie, um mögliche Kunden zu erreichen?

Dr. Rüdiger Brockmann: Bei uns spielt das Marketing eine zunehmend wichtigere Rolle. Neuerungen müssen natürlich kommuniziert und bekannt gemacht werden. Dazu greifen wir immer mehr auf digitale Medien zurück. Neben unserer Homepage nutzen wir auch Social Media-Kanäle und bieten – auch mit Partnern – Webinare an. Mittlerweile ist der Anteil an digitaler Kommunikation im Marketing bei uns schon höher als die klassischen Formate.

Wirtschaftsforum: Welche Stärken von ZELTWANGER waren bislang für den Erfolg ausschlaggebend und welche werden es in Zukunft sein?

Dr. Rüdiger Brockmann: Es sind beides die gleichen. Dabei möchte ich kurz auf die von Herrn Zeltwanger geprägte Philosophie unserer Gruppe eingehen. Hier sind drei Schlagworte sehr wichtig: Freude, Freiheit und Harmonie. Wir möchten Mitarbeiter haben, die Freude an ihrem Tun haben, Freude an der Technik. Nur wenn sie Freude an dem haben, was sie tun, können sie Höchstleistungen erzielen. Freiheit bedeutet für uns, den Mitarbeitern Verantwortung zu übergeben. Harmonie bedeutet für uns nicht Konfliktfreiheit. Diskussionen wollen wir aber wertschätzend führen. Daraus entsteht eine positiv nach vorne gerichtete Energie. Das ist unser Erfolgsrezept, Technologie mit Menschlichkeit.

Wirtschaftsforum: Wohin führt der Weg der ZELTWANGER Gruppe in den kommenden Jahren?

Dr. Rüdiger Brockmann: Wir sind weiter auf Wachstumskurs. Nach meiner Vorstellung sind wir ein wetterfestes, technologiegetriebenes Unternehmen – durchdrungen von Digitalisierung. Unsere Produktlösungen sind vernetzt bei einfachster Bedienung. Das ist wichtig, denn unsere Maschinen werden von Menschen bedient. Wir setzen auf tolle Mitarbeiter, die wir heute schon haben und von denen wir in Zukunft noch mehr haben werden. Unter dem Strich wollen wir Sinn stiften.

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