Mit Wolters Kluwer nimmt die Digitalisierung der Buchhaltung Fahrt auf
Interview mit Stefan Wahle, Geschäftsführer von Wolters Kluwer Tax & Accounting Deutschland

Wirtschaftsforum: Herr Wahle, bitte erklären Sie uns doch zunächst, wofür Wolters Kluwer steht.
Stefan Wahle: Wir sind ein Softwarehersteller und Cloud-Unternehmen. Unsere Leistungen stellen wir mehreren Kundengruppen zur Verfügung. Zur größten zählen die Steuerkanzleien. In diesem Bereich sind wir in Deutschland nach der DATEV das zweitgrößte Unternehmen, weltweit als Tax & Accounting-Bereich sogar Marktführer. Ein weiterer großer Bereich ist der Mittelstand, für den wir Software für die Finanzbuchhaltung, aber auch die Lohn- und Gehaltsbuchhaltung anbieten. Unsere dritte Kundengruppe sind landwirtschaftliche Buchungsstellen und Betriebe mit ganz speziellen Anforderungen. Wir bieten Standardsoftware, die laufend aktualisiert wird. Darüber hinaus haben wir eine Endkundensoftware für die private Einkommensteuer. Das entsprechende Produkt ist die SteuerSparErklärung, die am zweithäufigsten genutzte Steuersoftware in Deutschland. Und schließlich ist unsere Webseite Steuertipps.de nach Besucherzahlen die populärste Internetseite für Informationen rund um Steuerthemen.
Wirtschaftsforum: Ist Wolters Kluwer international tätig?
Stefan Wahle: Ja, unser deutsches Unternehmen ist die Tochter eines niederländischen Konzerns mit Standorten auf der ganzen Welt. Seine Wurzeln reichen über 180 Jahre zurück. In Deutschland sind wir flächendeckend mit 16 Niederlassungen vertreten, um nah an den Kunden zu sein. Denn der Vertrieb der Software erfolgt zu 90% direkt. Sie wird auch von unseren Mitarbeitern beim Kunden implementiert und die Anwender geschult. In Deutschland beschäftigt Wolters Kluwer in den Branchen Tax & Accounting, sprich Steuern und Buchhaltung, und Legal & Regulatory, mit Produkten für Rechtsanwaltskanzleien oder die öffentliche Verwaltung, weit mehr als 1.000 Mitarbeiter.
Wirtschaftsforum: Warum kommen die Kunden zu Wolters Kluwer?
Stefan Wahle: Im Vergleich mit anderen Marktteilnehmern sehen wir uns als ein Schnellboot. Unsere Stärke ist, dass wir mit innovativen Lösungen meist schneller am Markt sind. Mit unserer ADDISON-Lösung bieten wir eine integrierte Software, also eine Komplettlösung für die unterschiedlichen Bereiche. Für die Schnittstelle zu den Mandanten haben wir mit ADDISON OneClick zudem ganz moderne Software-Werkzeuge implementiert. Das war eine Revolution am Markt.
Wirtschaftsforum: Wie hat sich Ihr Geschäft in der Coronapandemie verändert?
Stefan Wahle: In der ersten Zeit haben wir den Kanzleien geholfen, die Arbeitsplätze so zu flexibilisieren, dass die Mitarbeiter zu Hause arbeiten konnten. Die zweite Phase war von der Kurzarbeit geprägt. In diesem Fall haben wir nicht nur in Windeseile die Gesetzesänderungen in die Software programmiert, sondern auch Tausende von Kanzleimitarbeitern im Umgang damit geschult. Darüber hinaus haben wir den Kanzleikunden neue Software bereitgestellt, die ihnen hilft, die Anträge auf Überbrückungshilfe für ihre Mandanten auszufüllen. Denn diese Anträge führten zu einem sehr hohen Arbeitsaufwand. Auch für uns war diese Zeit mit erheblich mehr Arbeit verbunden. Sie hat den Mitarbeitern aber auch den Purpose, also Unternehmenszweck, vor Augen geführt und ihnen gezeigt, welch große Wertigkeit unsere Arbeit hat. Ich habe übrigens in meiner ganzen Laufbahn noch nie so viel positives Feedback von Kunden bekommen und Dankbarkeit erfahren wie in der Coronazeit.
Wirtschaftsforum: Wie sehr beschäftigt Sie das Thema Nachhaltigkeit?
Stefan Wahle: Das Thema bewegt uns natürlich, auch wenn wir als Softwareunternehmen eine andere Ausgangslage haben als ein produzierender Betrieb. Wir tun, was in unserer Macht steht und nutzen beispielsweise ausschließlich grünen Strom und versuchen, Plastik und Papier so gut es geht zu vermeiden. Mit unserer Software werden zudem jeden Monat etwa 2,5 Millionen Lohnabrechnungen digital abgewickelt. Sie kann also die entsprechende Anzahl an ausgedruckten Lohnzetteln ersetzen. Allerdings wird in manchen Kanzleien immer noch sehr viel ausgedruckt, zum Beispiel Rechnungen, aber auch in der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung. Wir möchten dazu beitragen, dass wesentlich mehr automatisiert und die Arbeit dadurch effizienter wird. Als Ersatz für die monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen bieten wir in einer App ‘Mobile Reports’ an, also digitale, geräteunabhängige Berichte, die Kunden überall und auch mobil abrufen können.
Wirtschaftsforum: Welche Entwicklungen und Veränderungen erwarten Sie in Zukunft?
Stefan Wahle: Automatisierung und Digitalisierung werden weiter an Fahrt aufnehmen. Unsere Aufgabe ist, moderne Werkzeuge zu entwickeln, um die Arbeit unserer Kunden effizienter zu machen. Auch die Komplexität nimmt zu. Deshalb wollen wir ihnen helfen, diese zu beherrschen und den Überblick zu behalten. Das gilt auch für den Mittelstand, wo teilweise gar nicht bekannt ist, was alles schon digitalisiert werden kann. Hier können wir eine Art Datendrehscheibe sein, die verschiedene Lösungen unterschiedlicher Anbieter zusammenbringt.