„Unser gewachsenes Wissen zum Wohle des Planeten einsetzen“
Interview mit Martin Frühauf, Geschäftsführer der Werba-Chem GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Frühauf, die Werba-Chem GmbH kann mittlerweile auf eine 70-jährige Geschichte zurückblicken. Wie viel hat Ihr heutiges Tagesgeschäft noch mit der ursprünglichen Gründungsvision zu tun?
Martin Frühauf: Die längste Zeit ihres Bestehens über ist die Werba-Chem GmbH als reines Handelsunternehmen im Markt aufgetreten. Nach einem fundamentalen Strategiewechsel, der im Jahr 2018 durchgreifend vollzogen wurde, haben sich aber viele grundsätzliche Aspekte unseres Tätigkeitsspektrums verändert. Seitdem wollen wir uns nicht nur im Chemie-Segment engagieren, wo unsere Wurzeln und unsere ursprüngliche Kernexpertise liegen, sondern auch zusammen mit unseren Partnern nachhaltige Lösungen für eine Vielzahl unterschiedlicher Wirtschafts- und Industriebereiche entwickeln, um unser gewachsenes Wissen zum Wohle des Planeten einzusetzen.
Wirtschaftsforum: Auf welche Branchen erstreckt sich dabei Ihr Engagement?
Martin Frühauf: Unser Tätigkeitsspektrum lässt sich grob in fünf Teilbereiche untergliedern: Zunächst engagieren wir uns im Mobility-Sektor, wo wir im Wesentlichen Additive für Reifen entwickeln und damit die dort maßgeblichen Verarbeitungsprozesse erleichtern sowie für einen umfassenden Alterungsschutz und letztlich auch eine Performance-Steigerung sorgen können. Ebenso bieten wir in dieser Sparte Kühllösungen für Akkumulatoren an, die schließlich in Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommen. Unter dem Schlagwort ‘Advanced Materials’ treten wir ferner als weltweit führender Trockencoating-Anbieter auf, während wir im Bereich ‘Construction’ vornehmlich mit unseren Lösungen für den Korrosionsschutz bei vorgespannten Betonsystemen unterstützen können.
In diesem Zuge haben wir nicht nur ein entsprechendes Produkt entwickelt, sondern auch die aktuellen Industriestandards mitgeprägt, und arbeiten derzeit an bedeutenden Weiterentwicklungen auf nativer Basis, damit diese Lösungen auch in kritischen Landschaftsbereichen wie Wasserschutzgebieten noch einfacher eingesetzt werden können. Im Life Science-Segment sind wir derweil unserer Tradition als Händler treu geblieben: Hier vertreiben wir Zusatzstoffe für die lebensmittelverarbeitende sowie die Pharmaindustrie und stellen etwa Vitaminvormischungen für Nahrungsergänzungsmittel her; zudem gewinnt der Bereich Biokosmetik immer stärker an Bedeutung. Ferner engagieren wir uns inzwischen auch im Energiebereich, wo wir als Vollsortimenter für Biogasanlagen und im Geothermie-Segment auftreten.
Wirtschaftsforum: Diese Tätigkeitsfelder verbindet eine Gemeinsamkeit: Ihre Märkte unterliegen allesamt einem sehr raschen Wandel – ist das angesichts der Positionierung von Werba-Chem eher Fluch oder Segen?
Martin Frühauf: Als mittelständisches Unternehmen haben wir uns gerade wegen dieser starken und schnellen Veränderungen für diese Bereiche entschieden, weil wir so die Möglichkeit haben, diesen Wandel aktiv mitzugestalten. 2018 stießen wir mit unserer umfassenden Nachhaltigkeitsambition bei vielen Unternehmen zwar auf eine positive Resonanz, aber nicht alle haben damals schon die absolute Dringlichkeit dieses Themas verstanden. Heute ist dieser Druck im Wirtschaftsleben jedoch allgegenwärtig – und dank unserer umfassenden Expertise auf diesem Gebiet werden wir mittlerweile sehr oft für Projekte angefragt, bei denen wir dank unseres gewachsenen Know-how zu echten Nachhaltigkeitsgewinnen beitragen können. Vor unserem Strategiewechsel hat die Werba-Chem GmbH noch deutlich mehr Bereiche mit ihren Produkten bedient, aber nicht überall gab es für uns entsprechende Möglichkeiten, an der Gestaltung der branchenspezifischen Strukturen in relevanter Weise mitzuwirken – von den entsprechenden Sparten haben wir uns dann getrennt und dort stärker spezialisierten Marktteilnehmern den Vortritt gelassen, um uns voll und ganz auf die Aspekte zu konzentrieren, bei denen wir zu einem wirklichen Impact beitragen können. Denn nachhaltiges Industriewesen besteht aus vielen oftmals diffizilen und kleinteiligen Themenfeldern, die jedoch in Summe echte Fortschritte bei der Ökobilanz ergeben – ein Umstand, dem die öffentliche Diskussion mit ihrer bisweilen zu starken Fokussierung auf einzelne Teilaspekte nicht immer Rechnung trägt.
Wirtschaftsforum: Dieser Druck wird sicherlich noch zunehmen – muss sich Werba-Chem deshalb schon heute für eine umfassende Skalierung bereit machen?
Martin Frühauf: Wir befinden uns immer noch in der Expansionsphase und beschäftigen uns derzeit mit Möglichkeiten, unsere Angebote entsprechend zu skalieren und auch in einem breiteren internationalen Kontext aufzutreten. Dabei wollen wir uns jedoch nicht noch weitere Themenbereiche erschließen, sondern vielmehr in den spezifischen Feldern weiterwachsen, in denen unser Unternehmen bereits über eine hohe Expertise verfügt. Dieser Fokus ist für Werba-Chem von besonderer Bedeutung, da wir, anders als etwa ein Consulting-Unternehmen, nicht nur ein Produkt entwickeln und den Kunden dann mit der jeweiligen Lösung alleine lassen, sondern uns darüber hinaus auch bei entsprechenden Serviceleistungen und der weitergehenden Implementierung engagieren. Für ein solches Servicelevel sind jedoch ein entsprechend umfassendes Know-how sowie eine enge Beziehung zum Kunden unabdingbar.