Wer offen über Dinge redet, macht sich weniger angreifbar

Interview mit Vanessa Weber, Unternehmerin und Keynote Speaker

Wirtschaftsforum: Frau Weber, unternehmerische Tabuthemen scheinen bei Ihnen eine konträre Reaktion auszulösen: Statt zu schweigen, reden Sie einfach. Wie haben Sie es geschafft, den Respekt vor solchen Themen zu verlieren?

Vanessa Weber: Grundsätzlich ist meine Einstellung: Keine Kommunikation ist immer schlecht. Wer nicht kommuniziert, egal zu welchem Thema, schafft automatisch Interpretationsräume, die für alle Beteiligten nachteilig sein können. Bei mir ging es zunächst sehr viel um persönliche K.O.-Themen wie Motivationsloch beziehungsweise Burn-out, aber eben auch unternehmerische Belange wie Abiturabschlüsse, Zeiterfassung bei Mitarbeitern oder zuletzt die DSGVO. Ich würde nicht sagen, dass ich vor all diesen Themen keinen Respekt habe, sondern dass sich für mich der Umgang mit offenem Visier bewährt hat. Ich teile einfach gern meine Gedanken und die entsprechende Meinung mit. Wer offen über Dinge redet, macht sich in meinen Augen weniger angreifbar, als wenn man etwas unter den Teppich kehrt. Klar ist aber auch: Den Anspruch auf ein Allheilmittel habe ich damit nicht.

Vanessa Weber, Unternehmerin und Keynote Speaker
„Grundsätzlich ist meine Einstellung: Keine Kommunikation ist immer schlecht.“ Vanessa Weber

Wirtschaftsforum: Sie nannten als Stichwort den offenen Umgang miteinander. Tatsächlich können Ihre Mitarbeiter Sie per Fragebogen bewerten. Wie kamen Sie darauf?

Vanessa Weber: Für mich hatte das den maßgeblichen Grund, dass ich als Geschäftsführerin selbst überhaupt kein Feedback bekam. Wenn ich aber als Führungskraft null Rückmeldung bekomme, kann ich mich, genauso wie die Mitarbeiter, nicht verbessern oder weiterentwickeln. Außerdem bewerte ich selbst meine Mitarbeiter über diesen Bogen. Insofern finde ich es nur fair, dass sie umgekehrt ebenfalls die Gelegenheit bekommen, eine Bewertung abzugeben. Natürlich sind die an mich gerichteten Inhalte mit Fragen zur Führungskompetenz angepasst. Der ausgefüllte Bogen wird anschließend im Gespräch Punkt für Punkt gemeinsam durchgegangen. Da steht inhaltlich nicht nur Lob drin, sondern auch Verbesserungsvorschläge. Daraus ergeben sich selbstverständlich von beiden Seiten kritische Anmerkungen. Gelegentlich muss man dann schlucken, aber gut, daran lässt sich wiederum arbeiten und eine Optimierung erzielen.

„Wenn ich als Führungskraft null Rückmeldung bekomme, kann ich mich, genauso wie die Mitarbeiter, nicht verbessern oder weiterentwickeln.“ Vanessa Weber
Vanessa Weber, Unternehmerin und Keynote Speaker

Zum Beispiel gab es bei mir die Frage: ‚Erkennen Sie, wie die Führungskraft gelaunt ist?‘ Das hat tatsächlich jeder Mitarbeiter als Kritikpunkt zu Papier gebracht. Also weniger, dass ich schlechte Laune habe, sondern dass ich gestresst oder angespannt bin aufgrund von Termindruck et cetera. Da bin ich oft kurz angebunden und grüße nicht ausdrücklich genug. Das war mir vorher nicht klar. Jetzt mache ich morgens bewusst einen Rundgang und wünsche ‚Guten Morgen‘. Dazu gehört außerdem ein kleiner Plausch, wenn sich die Situation anbietet. Das waren zwei Erkenntnisse aus der letzten Gesprächsrunde und ich bin gespannt, wie die Rückmeldung dazu in der nächsten im Februar ausfällt.

Wirtschaftsforum: Sie führten über einen gewissen Zeitraum ein „Erfolgsbuch“. Wie kann so etwas tatsächlich zum Erfolg beitragen?

Vanessa Weber: Das Konzept ist mir bei einem meiner ersten Hörbücher von Bodo Schäfer und Alexander Christiani begegnet. Damals hatte ich sehr viele Termine und mir mangels Lesezeit angewöhnt, im Auto Hörbücher zu hören. Darin gab es eben den Tipp, ein Erfolgsbuch zu schreiben und zwar zu jedem Tag fünf Dinge, die gut gelaufen sind. Dies führt zu einer Schärfung des Bewusstseins für die eigenen Stärken. Das fand ich gut und nach einem Jahr hatte sich der manuelle Eintrag in das Erfolgsbuch in einen automatischen Prozess gewandelt, den ich gedanklich vollzogen habe.

Vanessa Weber, Unternehmerin und Keynote Speaker
„Bei einem beruflichen Erfolgstagebuch geht es darum, eigene Stärken zu erkennen und zum Beispiel mangelndes Selbstbewusstsein oder Dankbarkeit aufzubauen.“ Vanessa Weber

Das grundlegende Prinzip ist ‚Für jeden etwas‘. Bei einem beruflichen Erfolgstagebuch geht es darum, eigene Stärken zu erkennen und zum Beispiel mangelndes Selbstbewusstsein oder Dankbarkeit aufzubauen. Ein Eintrag darin könnte lauten: ‚Heute ist es mir gelungen, ein schwieriges Telefonat mit einem positiven Ergebnis abzuschließen‘. Liegt mein persönliches Defizit dagegen im Bereich Dankbarkeit, dann kann ich schreiben: ‚Ich freue mich, dass ich heute gesund aufgewacht bin‘. Den Schwerpunkt kann jeder für sich wählen. Letztendlich ist das wie ein Tagebuch, nur eben fokussierter.

Wirtschaftsforum: Im letzten Jahr waren Sie vielfältig aktiv, weit über Ihre Rolle als Geschäftsführerin hinaus. Gehört dieses Mitteilen von Erfahrungen und Vermitteln zu den positiven Seiten Ihrer Position?

Vanessa Weber: Man muss dafür schon ein entsprechendes Naturell haben. Bei mir ist tatsächlich ein starker Antrieb vorhanden, Wissen zu vermitteln. Das liegt daran, dass es mir damals als junge Frau unglaublich geholfen hat, mich an anderen Menschen als Vorbildern zu orientieren. Ich möchte ebenfalls solch ein Mensch für andere sein. Ich merke ja über das Feedback auf meine Vorträge oder die Artikel, die ich schreibe, dass ich Zuhörer und Leser erreiche. Ich motiviere Menschen gern, ihren Weg im Leben zu gehen. Außerdem möchte ich das Thema Unternehmertum nach vorn bringen. Das ist mir ein ganz brennendes Bedürfnis. Sicherlich spielt dabei meine eigene Biographie eine Rolle, da ich sehr früh schon selbst unternehmerische Verantwortung übernehmen musste. Ungeachtet all dieser unterschiedlichen Herausforderungen an mich als Geschäftsführer- beziehungsweise Unternehmerin bleibt ein Element für mich grundlegend von Bedeutung: offene Kommunikation. Wer sich dem verschließt, verschließt sich auch vor einem absoluten Erfolgsfaktor – privat wie beruflich.

Interview: Markus Büssecker, Fotos: @Katrin Limes

Lesen Sie von Vanessa Weber auch: Menschen schätzen es, wenn man keine Maske trägt

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

Hotellerie, die den Wandel meistert

Interview mit David Etmenan, Chief Executive Officer & Owner NOVUM Hospitality

Hotellerie, die den Wandel meistert

Vom Familienbetrieb in Hamburg zu einer der größten Hotelgruppen Europas: Die Novum Hospitality GmbH betreibt, entwickelt und managt Hotels in verschiedenen Segmenten – vom Midscale- bis zum Premiumbereich. Das Unternehmen…

Außerhalb der Komfortzone beginnt die Magie

Interview mit Jasmin Walser, Inhaberin und Geschäftsführerin der Hotel Vier Jahreszeiten GmbH

Außerhalb der Komfortzone beginnt die Magie

Jasmin Walser hat eine Vision: ein alpinsportliches Kompetenzzentrum, das Gäste bewusst aus ihrer Komfortzone holt. ‘DAS VIER’ bietet auf 1.700 m Höhe am Pitztaler Gletscher mehr als klassische Wellness –…

Vom Reststoff zur Ressource – eine Erfolgsgeschichte im Kreislauf

Interview mit Dirk Kopplow, Geschäftsführer und Benjamin Fiekens, Vertrieb der GVÖ Gebinde-Verwertungsgesellschaft der Mineralölwirtschaft mbH

Vom Reststoff zur Ressource – eine Erfolgsgeschichte im Kreislauf

Die Kreislaufwirtschaft ist längst mehr als ein ökologisches Ideal – sie ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Steigende Rohstoffpreise, strengere Umweltgesetze und das wachsende Bewusstsein für nachhaltiges Handeln verändern die Industrie grundlegend.…

Spannendes aus der Region

Bauprojekte für Menschen und Medizin

Interview mit Karsten Felsner, Geschäftsführer der Felsner Consult GmbH

Bauprojekte für Menschen und Medizin

Kaum ein Bereich im Bauwesen ist so komplex und anspruchsvoll wie der Krankenhausbau. Hier treffen technische Höchstleistung, organisatorische Vielschichtigkeit und menschliche Verantwortung aufeinander. Die Felsner Consult GmbH aus Berlin hat…

Europas größer Fotoverbund – und noch viel mehr

Interview mit Thilo Röhrig, Geschäftsführer der Ringfoto GmbH & Co. KG

Europas größer Fotoverbund – und noch viel mehr

Seit über 60 Jahren bündelt Ringfoto die Schlagkraft von über 1.200 Fotofachhändlern in Deutschland und 26 weiteren europäischen Märkten und geht in seinem Selbstverständnis wie in seinem Leistungsspektrum weit über…

Hotellerie, die den Wandel meistert

Interview mit David Etmenan, Chief Executive Officer & Owner NOVUM Hospitality

Hotellerie, die den Wandel meistert

Vom Familienbetrieb in Hamburg zu einer der größten Hotelgruppen Europas: Die Novum Hospitality GmbH betreibt, entwickelt und managt Hotels in verschiedenen Segmenten – vom Midscale- bis zum Premiumbereich. Das Unternehmen…

Das könnte Sie auch interessieren

Menschsein war noch nie so anstrengend wie im 21. Jahrhundert

Interview mit Leon Windscheid, Wirtschaftspsychologe und Unternehmer

Menschsein war noch nie so anstrengend wie im 21. Jahrhundert

Dr. Leon Windscheid wurde deutschlandweit bekannt, als er 2015 die Millionenfrage bei Günther Jauch knackte. Seitdem ist viel passiert und Windscheid bringt während Keynotes oder auf seiner Tour die neusten…

Unternehmensnachfolgen im Mittelstand erfolgreich gestalten

Interview mit Benjamin Sygusch, Geschäftsführer und Nils Langgärtner, Geschäftsführer der DUV Deutsche Unternehmensverkauf GmbH

Unternehmensnachfolgen im Mittelstand erfolgreich gestalten

Oft sind es inhabergeführte, mittelständische Betriebe, bei denen bis zuletzt die Frage nach der Nachfolge ungeklärt ist, da unternehmensinterne Nachfolgen immer seltener gelingen. Kinder, sofern vorhanden, schlagen vermehrt einen eigenen…

Sicherheitstraining für Unternehmen: „Selten kommen die wirklich gefährlichen Angriffe ad hoc“

Interview mit Jörg Dreger, CEO der DREGER Group GmbH

Sicherheitstraining für Unternehmen: „Selten kommen die wirklich gefährlichen Angriffe ad hoc“

Die international komplexer werdende Sicherheitslage treibt eine neue Klientel auf professionelle Übungsplätze: Dort trainieren mittlerweile auch Syndikusanwälte, Manager und IT-Fachkräfte den Ernstfall, bevor sie ihre Tätigkeit in einem Krisengebiet aufnehmen.…

TOP