Nah am Wasser gebaut

Interview mit Dick van Aalsburg, Geschäftsführer der Van Aalsburg B.V.

Wirtschaftsforum: Herr van Aalsburg, die Van Aalsburg B.V. ist ein bereits in 3. Generation geführtes Familienunternehmen. Wann wurde es gegründet und wie ist es heute aufgestellt?

Dick van Aalsburg: Unser Unternehmen wurde 1964 von meinem Vater gegründet. Von Anfang an haben wir auf das Naturmaterial Weidenholz gesetzt, wenn auch der Wasserbau, wie wir ihn heute betreiben, erst später hinzukam. Meine sechs Brüder und ich sind alle ins Unternehmen eingestiegen. Heute sind wir noch zu sechst und arbeiten mit 80 Mitarbeitern und betreiben Wasserbau in ganz Europa, vor allem aber in Holland, Deutschland und Belgien mit Schwerpunkt Uferbefestigung. Wir arbeiten von Hellouw aus auf einem Areal von ungefähr 25 ha, wo wir auch einen Teil unseres Baumaterials anbauen. Darüber hinaus haben wir weitere Anbauflächen, die insgesamt 150 ha umfassen. Das Weidenholz schneiden wir übrigens mit einer selbst konstruierten und gebauten Maschine und haben so die gesamte Produktionskette vom Pflanzen über die Aufzucht, das Schneiden und die Verarbeitung in einer Hand. Jährlich verarbeiten wir 750.000 m² an Material und setzen zwischen 10 und 20 Millionen EUR um.

Wirtschaftsforum: Was genau umfasst Ihr Portfolio und welche Produkte sind für Sie besonders wichtig?

Dick van Aalsburg: Ein Schwerpunkt liegt für uns auf natürlichen Uferbefestigungen: Der Raum zwischen zwei parallel gesetzten Pfahlreihen wird mit Weidenholz aufgefüllt. Kunststoffe oder andere nicht natürliche Materialien braucht es dann nicht mehr. Weiterhin stellen wir Matten aus Weidenruten, sogenannte Sinkstücke, für verschiedenen Anwendungsbereiche her, etwa zum Schutz von Ufern oder Gewässerböden vor Erosion. Ein Patent haben wir für eine spezielle Konstruktion aus Weidenholz, mit der sich auf ganz natürliche Weise künstliche Inseln schaffen lassen. In Holland bauen wir viele solcher Inseln, die eine echte Alternative für sogenannte Geotubes sind – mit Schlick gefüllte längliche Säcke aus einem Kunststoffgewebe, die zur Entwässerung eingesetzt werden. Das Kunststoffgewebe zerfällt im Laufe der Jahre zu Mikroplastik – unsere Naturmaterialien hingegen fügen im Zersetzungsprozess der Natur keinen Schaden zu. Weitere bei unseren Kunden beliebte Produkte sind Flechtzäune aus Weidenholz. Sie fügen sich nicht nur natürlich in die Landschaft ein, sondern sind auch optisch ein Hingucker.

Wirtschaftsforum: Das natürliche Material Weidenholz steht bei Ihrem Unternehmen im Mittelpunkt. Ist Nachhaltigkeit generell Ihr Anspruch und wenn ja, wie setzen Sie das im Unternehmen um?

Dick van Aalsburg: Wir setzen in mehr als nur einem Aspekt auf Nachhaltigkeit. So versuchen wir, so viel wie möglich natürliche Materialien zu verwenden, neben Weidenholz auch Kokos- und Jutefasern und so wenig wie möglich Kunststoff. Darüber hinaus verwenden wir für die eingesetzten Fahrzeuge und Maschinen einen speziellen HPO-Diesel, der aus Pflanzenresten gewonnen wird, wie etwa aus denen des von uns verarbeiteten Weidenholzes. Ebenso nutzen wir zum Heizen der Firmengebäude kein Gas mehr, sondern verwenden auch dafür einen Teil der bei der Verarbeitung anfallenden Weidenholzreste. Vom allgemeinen Stromnetz sind wir unabhängig, weil wir den Strom, den wir benötigen, über Solarpaneele und Windräder selbst erzeugen – sogar mobil auf speziellen Containern, die wir direkt an unseren jeweiligen Arbeitsplatz mitnehmen können. Auch die Boote, die wir verwenden, werden ausschließlich mit Elektromotoren betrieben. So natürlich wie irgend möglich – das ist unser Anspruch für die Gegenwart wie auch für die Zukunft.

Wirtschaftsforum: Wie führen Sie das Unternehmen? Haben Sie und jeder ihrer Brüder eigene Aufgabenbereiche und welche Aufgabe haben Sie selbst?

Dick van Aalsburg: Tatsächlich gehört jedem von uns jeweils ein Sechstel der Firma und wir arbeiten auch alle zusammen. In der Geschäftsführung bilden einer meiner Brüder und ich ein Duo, wobei mein Bruder eher das Operative managt und ich für den administrativen Bereich verantwortlich bin – aber eben im Sinne von uns allen gemeinsam. Bei uns arbeitet niemand nur für sich allein.

Wirtschaftsforum: Dieses ʻalle gemeinsamʼ ist das entscheidende Element Ihrer Firmenkultur?

Dick van Aalsburg: Auf jeden Fall. Wir machen eben alles zusammen, und wir müssen auch alles teilen. Ich selber habe faktisch eine Führungsposition, aber ich mache meine Arbeit wie jeder andere auch, ohne dass ich dadurch besonders hervorgehoben würde. Jeder ist bei uns mit dem was er tut gleichberechtigt. Typisch für uns ist aber auch, dass wir sehr viel arbeiten – mit einer 40-Stunden-Woche kommen wir kaum hin. Normal sind bei uns 50 bis 60 Stunden und eine Sechs-Tage-Woche.

Wirtschaftsforum: Spüren Sie vor diesem Hintergrund den Fachkräftemangel, oder ist es kein Problem für Sie, neue Mitarbeiter zu finden?

Dick van Aalsburg: Na ja (lacht), wir sind auch in dieser Hinsicht ein absolutes Familienunternehmen... meine Mutter hat 50 Enkelkinder. Wir haben also viel Potenzial in der Familie! Andererseits investieren wir viel in die Menschen und auch in die Maschinen, sodass wir mit 80 Leuten sehr viel schaffen.

Wirtschaftsforum: Warum, meinen Sie, ist Ihr Unternehmen so erfolgreich?

Dick van Aalsburg: Ein wichtiger Grund, denke ich, ist, dass es uns in erster Linie darum geht, ein Projekt gemeinsam mit unserem Kunden erfolgreich umzusetzen. Das Finanzielle ist wichtig, aber wirklich ausschlaggebend sind eine gute Zusammenarbeit und die Tatsache, dass wir unsere Arbeit mit Herzblut tun. Das spüren auch die Kunden.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Bau

Asphalt mit Augenmaß

Interview mit Mathias Glemser, Technischer Leiter der Gerst & Juchem Asphaltbau GmbH & Co.KG

Asphalt mit Augenmaß

In der Südpfalz ist Gerst & Juchem Asphaltbau der letzte Kleine in einem von Konzernen dominierten Markt. Das Unternehmen aus Edenkoben vereint Asphaltproduktion und -verarbeitung unter einem Dach und bedient…

„Draht ist unser roter Faden“

„Draht ist unser roter Faden“

Drähte, egal in welcher Form oder in welcher Ausführung, begegnen uns in der Mikrowelle, im Gartenzaun oder beim Reisekoffer, den wir auf Rollen durch den Flughafen ziehen. Es ist diese…

Bodenständig stark: Erfolg zwischen Kies und Klima

Interview mit Jörg-Peter Kölling, Geschäftsführer der WRM-REESE Unternehmensgruppe

Bodenständig stark: Erfolg zwischen Kies und Klima

Ob Hochhaus, Brücke oder Straße – ohne Sand, Kies und Splitt geht in der Bauwirtschaft nichts. Diese natürlichen Rohstoffe bilden die Basis nahezu aller Bauvorhaben und sind damit ein stiller,…

Spannendes aus der Region Hellouw

Ein neues Rohr im alten

Interview mit Ton van Geest, Director Technical Services der Insituform Rioolrenovatietechnieken BV

Ein neues Rohr im alten

Die Kanalrohrsysteme in Deutschland, den Niederlanden und weiten Teilen Europas nähern sich dem Ende ihrer Lebensdauer. Das holländische Unternehmen Insituform, heute als Teil der azuria-Gruppe im Eigentum der US-Investmentgesellschaft Blue…

Passion für Mobilität

Interview mit Eugène Krabbenborg, CEO der Fleet Support Group B.V

Passion für Mobilität

Wer sich als Unternehmer wirklich auf sein Kerngeschäft fokussieren möchte, ist froh, wenn er zuverlässige Partner hat, die ihn entlasten. Ein solcher Partner ist die niederländische Fleet Support Group. B.V.…

Puffreis als Snack der Zukunft: Natürlich, nachhaltig

Interview mit Jasper Aansorgh, Chief Commercial Officer der SanoRice Holding B.V.

Puffreis als Snack der Zukunft: Natürlich, nachhaltig

Vom gesunden Snack bis zur Schokowaffel: Gepuffte Waffeln erleben einen Boom. Die niederländische SanoRice Holding B.V. beliefert als europäischer Marktführer fast alle großen Retailer mit individuellen Private Label-Produkten. Chief Commercial…

Das könnte Sie auch interessieren

Mehr als Metall

Interview mit Joep Boonen, Geschäftsführer und Thomas Bauer, Vertriebsleiter und Prokurist der MCB Deutschland GmbH

Mehr als Metall

Nicht nur der Handel mit Metallwerkstoffen steht bei der MCB im Fokus, auch der Mensch dahinter. Das Unternehmen mit Haupsitz in Valkenswaard in den Niederlanden und Niederlassungen in Deutschland, Belgien…

Zukunft aus Holz bauen

Interview mit Georg Nef, Geschäftsführer der Vögeli Holzbau AG

Zukunft aus Holz bauen

Holz ist einer der ältesten Baustoffe – und aktueller denn je. Als nachwachsender Rohstoff verbindet er Nachhaltigkeit mit moderner Technik und präziser Vorfertigung. Ob historische Sanierung oder mehrgeschossiger Wohnungsbau: Holzbau…

Wo Tradition klingt und  Innovation mitschwingt

Interview mit Berthold Mollenhauer, Geschäftsführer der Conrad Mollenhauer GmbH

Wo Tradition klingt und Innovation mitschwingt

Ob Geige, Klavier oder Flöte – Musikinstrumente sind weit mehr als bloße Werkzeuge des Klangs. Sie sind Ausdruck von Kultur, Emotion und handwerklicher Präzision. Gerade in Deutschland hat der Instrumentenbau…

TOP