„Die Kunden werden von E-Mobilität begeistert sein“

Interview mit Christian Kleinhans, Senior Vice President, Group Business Development der Valmet Automotive Gruppe

Wirtschaftsforum: Herr Kleinhans, was hat Sie zu Valmet Automotive geführt?

Christian Kleinhans: Bevor ich zum Unternehmen kam, war ich viele Jahre Top-Management-Berater in der Automobilindustrie. Mit Elektromobilität beschäftige ich mich schon seit etwa 2007, als der erste Hype losging. Vor gut drei Jahren habe ich mich dann entschieden zu Valmet Automotive, einem meiner Kunden, zu wechseln. Damals war unübersehbar, dass die gesamte Branche vor einer gewaltigen Transformation steht und es hat mich sehr gereizt, diese Transformation nicht nur als Beifahrer zu erleben, sondern aktiv am Steuer mitzugestalten. Innerhalb des Managementteams der Valmet Automotive Gruppe bin ich verantwortlich für Strategie, Mergers and Acquisitions, Geschäftsentwicklung, Marketing und Unternehmenskommunikation. Strategisch sind wir inzwischen stark auf die Elektromobilität ausgerichtet, daher ist meine Aufgabe unter anderem, Kunden in diesem Bereich zu gewinnen.

Wirtschaftsforum: Wie genau sieht diese Beschäftigung mit Elektromobilität aus?

Christian Kleinhans: Dazu möchte ich etwas ausholen. Unser Unternehmen wurde 1968 in Finnland als Joint Venture der Firmen Saab-Scania und Valmet gegründet, um im Auftrag von Saab Autos zu bauen. Später haben wir 13 Jahre lang Fahrzeuge für Porsche gebaut, Boxster und Cayman. Nach der ersten Generation des Boxster, der in Zuffenhausen wie auch bei uns gefertigt wurde, lief dann die zweite Generation des Porsche Boxster nur noch in unserem Produktionsstandort in Uusikaupunki in Finnland vom Band, so wie auch parallel der erste Cayman. Bereits 2009/2010 haben wir dann Elektrofahrzeuge gebaut, den Think City und den Fisker Karma. Seitdem beschäftigen wir uns mit elektrischen Antriebssträngen und Hochvolt-Technologie. 2017 haben wir dann den Schalter umgelegt in Richtung Batteriesysteme für Elektrofahrzeug, und gleichzeitig stieg der führende chinesische Hersteller von EV Batteriezellen CATL als Minderheitsgesellschafter ein. Unsere strategische Weiterentwicklung ist seitdem stark auf die Entwicklung und Fertigung kompletter Batteriesysteme gerichtet, als zweites großes Standbein neben dem Fahrzeugbau. Seit dem Herbst letzten Jahres assemblieren wir in Salo in Finnland in einem ehemaligen Werk von Nokia für einen deutschen Kunden 48-Volt-Batteriesysteme in großer Stückzahl, mehrere 100.000 pro Jahr. Und zukünftig werden das dann auch Hochvolt-Batterien sein. Und dann sollten wir nicht unseren dritten Geschäftsbereich vergessen, die Herstellung von Cabrioletdächern, die wir 2010 von Karmann übernommen haben. Auch dort spielt Elektromobilität inzwischen eine Rolle, wenn etwa Elektrofahrzeuge aktive Spoilersysteme bekommen, die wir liefern.

Wirtschaftsforum: Sind Sie ausschließlich im Bereich der Batteriesysteme für Pkw tätig?

Christian Kleinhans: Nein, wir fertigen auch Batteriesysteme für Busse, Lkw sowie Land- und Baumaschinen, nicht aber für die stationäre Energieversorgung. Als größerer Zulieferer mit einem Umsatz von 652 Millionen EUR – inklusive der verbauten Teile liegen wir bei fast drei Milliarden EUR – schauen wir sehr genau darauf, was wir uns zutrauen wollen und können. Die Entwicklung und Fertigung von Batteriesystemen ist ein hochanspruchsvolles und stark wachsendes Feld, gerade bei Pkw. Wir verbauen die Batteriezellen, die uns üblicherweise der Automobilhersteller vorgibt. Unsere Kernkompetenz ist die Entwicklung und Fertigung der Batteriemodule und der Komplettsysteme.

Wirtschaftsforum: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Elektromobilität ein?

Christian Kleinhans: Die deutschen Automobilhersteller sind relativ spät auf den Zug Elektromobilität aufgesprungen, aber in den letzten Jahren hat die Entwicklung rasant an Fahrt aufgenommen. Einen großen Einfluss darauf hat die Politik, insbesondere durch die Vorgaben zu CO2-Flottenemissionen. Dadurch sind die Automobilhersteller gezwungen, sich dem Thema zu stellen. Zudem ist durch die Klimadebatte auch bei den Endkunden etwas ins Rollen gekommen, das nicht mehr zu stoppen ist. Und es gibt einen weiteren Einflussfaktor: Die COVID-19-Krise. Jedem war schon lange bewusst, dass eine massive Transformation im Automobilbereich stattfindet und stattfinden muss und diese auch Auswirkungen auf die Beschäftigung haben wird. Doch erst die Krise hat Hersteller wie Zulieferer dazu gebracht, die ohnehin notwendigen Strukturanpassungen konsequenter anzupacken.

Wirtschaftsforum: Was begeistert Sie persönlich an diesem noch sehr jungen Markt?

Christian Kleinhans: Mich begeistern die technologische Dynamik und die Veränderung der Produkte, und ich bin fest davon überzeugt, dass auch die Kunden vom Elektroauto sehr begeistert sein werden. Elektrisches Fahren bietet ein ganz neues Fahrgefühl, leise, komfortabel, entspannt. Über die Elektrifizierung des Antriebsstrangs eröffnen sich entlang der Wertschöpfungskette auch ganz neue Möglichkeiten, gerade auch für Zulieferer. Und neue Fahrzeugarchitekturen und -konzepte entstehen, Autos können anders gedacht werden. Es werden neue Anbieter hinzukommen und damit auch neue Designs, sowohl im Exterieur als auch im Interieur. Diese Entwicklung finde ich faszinierend.

Interview:

Manfred Brinkmann

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Automobil & Fahrzeugbau

Wenn Innovation Gewicht spart

Interview mit Marnie Tietje, Leiterin Vertrieb der SOMMER GmbH

Wenn Innovation Gewicht spart

Der Fahrzeugbau verändert sich rasant: Leichtbau, Nachhaltigkeit und flexible Lösungen sind heute gefragter denn je. Ein Unternehmen, das diese Entwicklung seit Jahren prägt, ist die SOMMER GmbH aus Laucha an…

„Innovation ist unser Tagesgeschäft“

Interview mit Federica Sartor, Geschäftsführerin der Marcolin Covering s.r.l.

„Innovation ist unser Tagesgeschäft“

Was auf den ersten Blick nach einer sehr speziellen Nische klingt, ist in Wahrheit ein hochdynamischer und technisch anspruchsvoller Markt: Verdecksysteme für Nutzfahrzeuge. Die Marcolin Covering s.r.l. aus dem norditalienischen…

TECHART:Zurück auf der Überholspur

Interview mit Benedict von Canal, Geschäftsführer der TECHART Automobildesign GmbH

TECHART:Zurück auf der Überholspur

Als Benedict von Canal Ende 2023 die operative Führung von TECHART übernahm, stand der renommierte Porsche-Veredler vor dem Aus. Heute ist das Unternehmen wieder stabil – digitaler, fokussierter und mutiger…

Spannendes aus der Region Heilbronn

Die deutsche Antwort auf US Tech

Interview mit Sebastian Schwarz, Geschäftsführer der //CRASH Unternehmensgruppe

Die deutsche Antwort auf US Tech

Was 1999 mit Endanwender Software begann, ist heute eine diversifizierte IT-Unternehmensgruppe mit 160 Mitarbeitenden und drei starken Geschäftsfeldern. Sebastian Schwarz, einer der drei Geschäftsführer der //CRASH Unternehmensgruppe in Rastede, spricht…

Die Zukunft des Handwerks ist smart

Interview mit Sascha Schalk, Geschäftsführer der COOL & SMART GmbH

Die Zukunft des Handwerks ist smart

Ob Klimaanlage, Wärmepumpe oder smarte Gebäudeautomatisierung – die Themen Heizen und Kühlen sind in Bewegung wie nie zuvor. Steigende Energiekosten, Klimawandel und der politische Fokus auf erneuerbare Energien haben die…

Einfach ankommen

Interview mit Michaela Tiefenbacher, Geschäftsführerin der Naturel Hotels & Resorts GmbH

Einfach ankommen

In einer Zeit, in der Hektik und Stress den Alltag vieler Menschen bestimmen, wächst der Wunsch nach einer Auszeit, nach Entschleunigung inmitten der Natur. Latschach in Kärnten, dem südlichsten Bundesland…

Das könnte Sie auch interessieren

Elektrisch. Engagiert. Endenburg.

Interview mit Rik Kant, Geschäftsführer der Endenburg Elektrotechniek B.V.

Elektrisch. Engagiert. Endenburg.

Vom Lampengeschäft zum Elektrotechnik-Spezialisten: Die Geschichte der Endenburg Elektrotechniek B.V. reicht fast 100 Jahre zurück. Im Gespräch mit Wirtschaftsforum gibt Geschäftsführer Rik Kant Einblicke in die Unternehmensstruktur, das besondere Führungsmodell…

Elektrotechnik in guten Händen

Interview mit Willy Hentschel, Niederlassungsleiter Cloppenburg, Abteilungsleiter Engineering der Dipl.-Ing. H. Sitte GmbH & Co. KG

Elektrotechnik in guten Händen

Rund 1.000 Mitarbeiter und 30 Standorte im Norden Deutschlands – die Dipl.-Ing. H. Sitte GmbH & Co. KG ist ein Elektrofachunternehmen, das Präsenz zeigt und sich längst als Marke etablieren…

Ladelösungen mit System: Elektromobilität zuverlässig gestalten

Interview mit Konrad Benze, Geschäftsführer der ChargeHere GmbH

Ladelösungen mit System: Elektromobilität zuverlässig gestalten

Elektroautos boomen – doch ohne eine zuverlässige Ladeinfrastruktur bleibt der Fortschritt auf halber Strecke stehen. Vor allem Unternehmen brauchen Lösungen, die nicht nur technisch funktionieren, sondern auch wirtschaftlich und betrieblich…

TOP