ParkYourTruck: Der Online Check-In für den LKW
Interview mit Denise Schuster, Gründerin und Geschäftsführerin von ParkYourTruck
Wirtschaftsforum: Frau Schuster, LKW und Rastplatz sind für die meisten Reisenden notwendige Übel während der Fahrt. Bei Ihnen lösten sie hingegen unternehmerisches Interesse aus. Wie kam es dazu?
Denise Schuster: Ich habe an der TU München und der UC Berkeley mein MBA mit Schwerpunkt Entrepreneurship gemacht. In diesem Studium musste quasi eine Unternehmensidee entwickelt und bis zur Gründung verfolgt werden. Meine Gruppe hat sich für die Lösung des PKW-Parkplatzproblems über den Share-Economy Ansatz entschieden, der zu dieser Zeit (2012 bis 2013) als Megatrend tituliert wurde. Diese Idee entwickelte sich bereits während des Studiums zum Erfolg und so habe ich mich entschieden, tatsächlich zu gründen und einen Investor für dieses Geschäftsmodell gefunden.
Nach einem Jahr und einer programmierten Betaversion am Start, waren wir jedoch nicht mehr allein auf dem Markt und sahen uns 4 bis 5 Konkurrenten gegenüber, die viel coolere Apps hatten und höher finanziert waren. Gemeinsam mit dem Investor entschieden wir uns, den PKW-Markt zu verlassen und in den viel stärker reglementierten und damit spannenderen LKW-Parkmarkt einzusteigen.
„Die Arbeits- beziehungsweise Freizeitbedingungen der LKW-Fahrer werden massiv verbessert dadurch, dass der Fahrer einen reservierten und meist gesicherten Stellplatz für die Nacht hat.“ Denise SchusterGründerin und Geschäftsführerin
Wirtschaftsforum: Wenn Sie einem Logistikunternehmer den entscheidenden Vorteil Ihrer Buchungsplattform nennen sollten, welchen würden Sie anführen?
Denise Schuster: Die Arbeits- beziehungsweise Freizeitbedingungen der LKW-Fahrer werden massiv verbessert dadurch, dass der Fahrer einen reservierten und meist gesicherten Stellplatz für die Nacht hat mit guter Infrastruktur wie Toilette, Dusche, Einkaufsmöglichkeiten. Das ist das Einzige, was aus meiner Sicht dem Fahrermangel entgegenwirkt und als Argument gilt, neue Fahrer an das Unternehmen zu binden.
Wirtschaftsforum: Digitale Lösungen scheitern in vielen Fällen an mangelnder Nutzerfreundlichkeit. Wie sind Sie an diese Hürde herangegangen?
Denise Schuster: Die Software ist auf jeden Fall lebendig. Wir nehmen das Feedback unserer Kunden in die telefonischen und persönlichen Einweisungen der Speditionen auf und sehr ernst und verwenden das Feedback, um die Plattform zu erweitern und auszubauen. Das bedeutet auch einen immensen – eigentlich den größten – Kostenapparat im Bereich der Programmierung einzuplanen. In der Praxis sieht das so aus: wir haben uns zunächst in der ersten Version der Plattform auf den Fahrer konzentriert, der ja das Problem hat, und haben ihm die Buchungsmöglichkeit angeboten. Nach unserer Umfrage mit 400 Fahrern und 120 Speditionen haben wir aber gemerkt, dass der Disponent die Lösung des Parkplatzproblems für den Fahrer ermöglichen soll. Unsere Plattform bietet daher die beste Nutzerfreundlichkeit für den Disponenten. Nun haben wir auch mit den beiden Branchenführern KRAVAG Versicherung und Truck Parking Europe kooperiert, damit die Speditionen unsere Parkplätze auch über deren Plattformen buchen können, wenn sie dort bereits Kunde sind. Dafür mussten wir ein Stück weit über unseren Schatten springen, aber letztlich bringt diese Allianz den Speditionskunden den größten Nutzen. Nun programmieren wir für Speditionen mit eigenen Fahrer-Apps In-App-Integrationen unserer Parkplätze und kehren damit wieder ein Stück weit zurück zum Fahrer. Das ist also alles ein stetiger Weiterentwicklungsprozess.
„Nachdem wir uns im ersten Jahr auf den Megatrend Share-Economy verlassen haben, habe ich bei der Neuorientierung auf den LKW-Parkmarkt ganz vorn angefangen.“ Denise SchusterGründerin und Geschäftsführerin
Wirtschaftsforum: Bei der Präsentation Ihres Unternehmens greifen Sie auf wissenschaftlich fundierte Zahlen zurück. Ist diese Zusammenarbeit reine Notwendigkeit oder Teil Ihrer Unternehmenskultur?
Denise Schuster: Das ist auf jeden Fall Teil unserer Unternehmenskultur. Nachdem wir uns im ersten Jahr auf den Megatrend Share-Economy verlassen haben, habe ich bei der Neuorientierung auf den LKW-Parkmarkt ganz vorn angefangen. Wir haben alle bisher auf den Markt gescheiterten Unternehmen befragt, warum sie gescheitert sind, haben dann eine erste Lösung entwickelt, diese dann einem Markttest unterzogen und mit dem sind wir dann beim Horizon 2020 EU-Wettbewerb gestartet.
Mit dem erfolgreichen Gewinn des Wettbewerbs haben wir eine Machbarkeitsstudie und die größte Primärforschung zum Thema LKW-Parkplätze, dem Parkverhalten, den Kosten des Parkens, den Herausforderungen für Speditionen, Fahrer und Parkplatzbetreibern mit dem bekannten Prof. Dr. Baier vom Steinbeiß-Institut gemacht. Mit diesen fundierten Daten haben wir dann erst die Plattform park-your-truck.com entwickelt. Natürlich war das ein Prozess, der ziemlich lang gedauert hat, aber er war enorm wichtig. Bei unserem neuen Standbein, dem kommunalen LKW-Parken, wo wir Vorstauflächen für Anliefer-LKW in Gewerbegebieten schaffen, haben wir das ähnlich gemacht und uns 1 Jahr Zeit genommen, um mit über 30 Gemeinden die Wildparkprobleme in ihren Industriegebieten zu diskutieren. Dann haben wir eine technische Lösung entwickelt, am Markt getestet und nun bieten wir diese erfolgreich im Markt an.
Wirtschaftsforum: ParkYourTruck ist nicht Ihre erste Unternehmensgründung. Was macht für Sie den besonderen Reiz aus, eine neue Firma auf den Weg zu bringen?
Denise Schuster: Ich bin Verkäuferin durch und durch und empfinde eine große persönliche Befriedigung, wenn ich einen Sache, an die ich glaube, am Markt verkaufen kann. Dabei bin ich sehr schnell begeisterungsfähig und gebe gern gute Ideen weiter an Kunden, Partner, Kollegen, Freunde. Ich freue mich dann, wenn daraus etwas Sinnvolles entsteht. Mein besonderes Augenmerk gilt dabei weniger Trendthemen, als wirklichen Lösungen für Probleme dieser Zeit.
Interview: Markus Büssecker | Fotos: ParkYourTruck