Speedition mit Weitblick
Interview mit Michael Lukasser, Geschäftsführer der Tirolia Spedition Ges.m.b.H.
Wirtschaftsforum: Herr Lukasser, Tirolia ist ein klassisches Familienunternehmen. Wie lange ist es schon am Markt?
Michael Lukasser: Das Unternehmen wurde 1983 gegründet und ist organisch gewachsen, immer aus den eigenen Ressourcen. Im Jahr 2000 haben wir unser jetziges Firmengebäude bezogen und immer wieder erweitert. Wir beschäftigen über 80 Mitarbeiter. Eine Besonderheit an unserem Standort ist unser Freiluftbüro: Wir bieten unseren Mitarbeitern die Möglichkeit, im Freien zu arbeiten. Die Idee hat sich im Sinne der Unternehmensentwicklung bewährt. Ein Teil der Mitarbeiter nimmt das Angebot mit Freude an.
Wirtschaftsforum: Das spricht auch für eine offene Unternehmenskultur ...
Michael Lukasser: Absolut, wir pflegen einen offenen Umgang und eine transparente Kultur. Mein Büro hat keine Tür. Wir arbeiten gemeinsam und auf Augenhöhe, ohne Hierarchiedenken. Jeder im Team ist Teil unseres Ökosystems, jeder hat die gleichen Chancen – bei uns zählen Taten. Wir setzen auf Freiwilligkeit und gestehen jedem die Verantwortung für seinen Bereich zu. Das motiviert.
Wirtschaftsforum: Streben Sie weiteres Wachstum an?
Michael Lukasser: Ja, kontinuierlich zu wachsen ist unser Ziel. Vor Corona lag unser Jahresumsatz bei 80 Millionen EUR. Im Coronajahr waren es 75 Millionen EUR, 2021 werden wir über 90 Millionen EUR erreichen. Wir sind äußerst stabil aufgestellt und ein verlässlicher Partner, der absolute Sicherheit bietet. Und wir können flexibel, schnell, smart und aufgrund unserer Erfahrung mit viel Weitblick am Markt agieren. Unseren Standort in Ebbs werden wir in jedem Fall aufrechterhalten, schon aufgrund unserer Philosophie und Kultur sowie der Wirkung nach außen. Wir haben hier eine kleine, smarte Einheit, die eine schnelle Zusammenarbeit mit dem Kunden ermöglicht.
Wirtschaftsforum: Kommen wir zu Ihrem Portfolio. Was bieten Sie Ihren Kunden an?
Michael Lukasser: Wir übernehmen Komplettladungen innerhalb Europas; wir sind Spezialisten für Lade-Lkw. In der Durchdringung des Marktes sind wir immer stärker geworden. Zunächst waren wir zwischen Deutschland und Italien unterwegs. In den 1990er-Jahren kamen Transportrouten Richtung Osten hinzu, dann nach Spanien, Portugal und in den Norden, nach England. Heute fahren wir EU-weit.
Wirtschaftsforum: Was sind dabei die Stärken von Tirolia?
Michael Lukasser: Tirolia steht für Verlässlichkeit, Qualität und Stabilität. Wir investieren viel Zeit in Ausbildung und Training von Disponenten. Und wir sind ganzjährig verfügbar und mit gleichbleibenden Leistungen immer für unsere Kunden da. Unser Speedplace ist eine Besonderheit: Innerhalb einer Minute erhält der Kunde ein Angebot. Die Einführung 2016 war ein großer Schritt in Richtung Digitalisierung, der in der Branche noch lange nicht Standard ist.
Wirtschaftsforum: Wie lange sind Sie schon im Unternehmen und wie sehen Sie Ihre Aufgabe dort?
Michael Lukasser: 2007 bin ich aktiv eingestiegen. Aber da wir ein Familienunternehmen sind, war ich schon immer involviert. 2011 habe ich die Geschäftsführung übernommen. Ich bin in alle Bereiche eingebunden. Insbesondere bringe ich mich im Bereich Digitalisierung ein. Hier haben wir schon manche Dinge früher umgesetzt, als es im Markt üblich war, beispielsweise unser digitales Managementsystem, das wir 2009 eingeführt haben. Die Grundwerte unseres Unternehmens sind mir besonders wichtig. Dazu zählen der Wert des Mitarbeiters im Team und langfristige Geschäftsbeziehungen. Ich habe flexible Arbeitszeiten eingeführt und beschäftige mich mit der neuen Arbeitswelt, also damit, wie der Arbeitsplatz heute aussehen soll. Ich habe das Glück, ein stabil aufgebautes und gut funktionierendes Unternehmen weiterentwickeln zu können.
Wirtschaftsforum: Was macht Ihrer Meinung nach Tirolia so erfolgreich?
Michael Lukasser: Ein wesentlicher Aspekt ist sicher, dass wir immer nachhaltig agieren. Wir investieren zum Beispiel viel in die Ausbildung unserer Mitarbeiter. Auch bei der Auswahl neuer Partner ist uns eine langfristige Geschäftsbeziehung wichtig. Bei Investitionen überlegen wir, was uns langfristig nützt. Wir haben zum Beispiel in eine Photovoltaikanlage investiert. Denn Nachhaltigkeit bedeutet natürlich auch, der Umwelt Gutes zu tun. Sie ist für uns ein Grundwert, den wir in allen Bereichen beachten, zum Beispiel auch bei der Karenzzeit. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist unser Speedplace. Der Markt kannte vor fünf Jahren so etwas nicht. Heute weiß man, dass der Weg in diese Richtung geht.
Wirtschaftsforum: Welche Entwicklungen sehen Sie aktuell in der Speditionsbranche?
Michael Lukasser: Wir beobachten eine Überhitzung des Marktes, die Rohstoffpreise ziehen an. Passendes Fahrpersonal zu finden, wird immer schwieriger. Gleichzeitig, und das ist schon länger spürbar, zieht die Wirtschaft nach Corona jetzt sehr stark an.
Wirtschaftsforum: Eine persönliche Frage zum Schluss: Woher nehmen Sie Ihre Motivation?
Michael Lukasser: Etwas zu gestalten, zu entwickeln ist meine Leidenschaft. Im Unternehmen kann ich das steuern, Dinge verbessern und Entwicklungsarbeit leisten. Unser Freiluftbüro zum Beispiel war erst nur eine Idee, ohne Garantie, dass es funktioniert. Ich habe gesagt, wir machen es trotzdem.