Bauen für das beste Klima

Interview mit Anja Knoll, Geschäftsführerin der Tinglev Elementfabrik GmbH

Geschäftsführerin Anja Knoll weiß genau, wie es im Baugeschäft so läuft. Zwölf Jahre lang hat die Bauingenieurin für ein großes Bauunternehmen gearbeitet, danach hat sie gewechselt und für sieben Jahre noch mehr Erfahrung bei einem klassischen Betrieb in Berlin mit dem Fokus auf Wohnen gesammelt.

Dabei ist ihr aufgefallen, dass die Abläufe in der Branche nicht ideal sind. Auch als sie 2017 auf Tinglev aufmerksam wurde, hatte sich keine allzu hohen Erwartungen. „Ich habe mich eher amüsiert beworben“, gibt sie zu. „Aber dann stellte sich Tinglev als ein modern denkendes Unternehmen heraus. Ich habe erkannt, dass es für die elementierte Bauweise einen Markt in der Zukunft gibt.“

Ein anderes Raumklima

Tinglev verfügt über eine eigene Produktion vor den Toren von Berlin. Dort werden Wandelemente samt Fenstern und Elektrik hergestellt. Die eigenen Monteure erstellen dann draußen den Rohbau. „Das Besondere an unseren Wänden ist, dass sie trocken geschüttelt werden“, erklärt Anja Knoll. „Wir mischen verschiedene Tone mit hinein, die lange Feuchtigkeit aufnehmen und sie dann langsam wieder abgeben. Die Oberfläche bleibt offen und porös und damit atmungsaktiv. Damit schaffen wir ein ganz anderes Raumklima.“

Auch in anderer Hinsicht ist diese Bauweise gut für das Klima, denn in der Produktion wird keine Wärme, also auch keine zusätzliche Energie, benötigt. Leichtbeton ist bislang noch nicht sehr bekannt, verrät die Geschäftsführerin: „Nur Menschen, die sich damit auskennen und mehr mit Nachhaltigkeit beschäftigen, verwenden diesen Rohstoff.“

Anja Knoll
„Diese Bauweise ist die Zukunft.“ Anja KnollGeschäftsführerin

Bauen nach Wunsch

Bei einem Jahresumsatz von 15 Millionen EUR ist die Firma bundesweit aktiv, besonders im Hamburger Raum, in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Sachsen. „In Norddeutschland ist dieses Produkt bekannter“, erläutert Anja Knoll. „Dort schwören die Kunden auf das Raumklima. Die Wände sind länger kühl, halten Wärme und der Ton verhindert den Schimmelpilz.“

Gebaut werden alle Arten von Wohnungen und Produktlinien wie kleinere Hotels. Gerade für Mikroappartements und Seniorenwohnungen ist der Leichtbeton eine gute Alternative. „Wir können komplette individuelle Häuser bauen“, verspricht Anja Knoll. „Wir brauchen nur einen Planungsvorlauf. Dann elementieren wir so, wie es für das Projekt des Kunden am wirtschaftlichsten ist.“

Ein gutes Betriebsklima

Auch für die 100 Mitarbeiter hat diese Bauweise Vorteile. „Sie können ihren Jobs bis ins Rentenalter nachgehen“, erklärt Anja Knoll. „Statt wochenlang auf irgendwelchen Baustellen zu sein, haben sie feste Zeiten am Standort.“

Zudem hat das 20 Jahre alte Unternehmen die Firmenkultur seiner dänischen Mutter übernommen. Tinglev wurde zwar Anfang 2019 an HeidelbergCement verkauft, gehört aber zum skandinavischen Contiga-Konzern. Aufgrund dieses Einflusses sind viele Frauen in der Produktion tätig, es gibt angenehme Betriebszeiten, sogar Rückengymnastik wird angeboten. „Unsere Mitarbeiter empfehlen uns weiter“, betont Anja Knoll. „Wie bieten eine Perspektive und sie verdienen gutes Geld. So kann man die Leute auch wieder für das Handwerk begeistern.“

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