„Wirtschaftsförderung beginnt im Kleinen!“

Interview mit Evelyn Paschke, Geschäftsführerin der Technologie- und Gewerbezentren Potsdam GmbH

Wirtschaftsforum: Frau Paschke, vor rund eineinhalb Jahren haben Sie mit dem GO:IN 2 bereits das zweite Innovationszentrum in Golm eröffnet – wie fiel die bisherige Resonanz aus?

Evelyn Paschke: Zwar hatten wir schon im Vorfeld mit einer regen Nachfrage nach diesen eher kleinteiligen – und damit für Gründer idealen – Flächen im Potsdam Science Park gerechnet. Der tatsächliche Ansturm hat jedoch auch unsere Erwartungen noch einmal deutlich übertroffen. Mittlerweile haben wir eine Auslastung von 70% erreicht – ein Wert, den wir erst für 2024 antizipiert hatten. Das liegt natürlich auch an entsprechenden Verzögerungen der Bauaktivitäten privater Investoren, die vor dem Hintergrund des veränderten Zinsumfelds nun einer komplizierteren Finanzierungssituation gegenüberstehen.

Wir hoffen jedoch, dass die Anrainer nun in Bälde nachziehen werden, denn auch im GO:IN 2 wird so langsam wieder der Platz knapp, insbesondere nachdem im Juli eineinhalb Etagen des Objekts von der innovativen Signature Diagnostics GmbH, einem Tochterunternehmen von Roche, bezogen wurden – ein toller Meilenstein für das Know-how an diesem Standort und ein echter Gewinn für alle anderen Mieter im Potsdam Science Park.

Wirtschaftsforum: Wie werden sich die Technologie- und Gewerbezentren Potsdam dabei perspektivisch im Markt aufstellen?

Evelyn Paschke: Ich glaube, es ist uns in den letzten Jahren gelungen, auch bei privaten Investoren ein gewisses Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Finanzieren und Bauen nach Schema F im Kontext von Unternehmensneugründungen nicht gut funktioniert. Bei einem Labor- und Bürogebäude, wie wir es zielgerichtet für innovative Start-ups konzipieren und umsetzen, wäre die Annahme eines Ankermieters, der die Hälfte der dadurch geschaffenen Flächen beziehen soll, schlicht unrealistisch. Die meisten privaten Bauträger und Banken wünschen sich jedoch verständlicherweise zuerst verbindliche Mietzusagen in einer bedeutsamen Größenordnung, bevor sie ein solches Projekt umsetzen. Diese Lücke wollen wir mit unseren Technologie- und Gewerbezentren im Rahmen unserer Wirtschaftsförderungsaktivitäten schließen. Dieses Brutkastenprinzip hat sich auch im GO:IN 1 schon lange bewährt, wo kürzlich mehrere gewachsene Mieter, unter anderem auch die Ripac-Labor GmbH, das Objekt verlassen und neue Flächen auf dem freien Markt gefunden haben.

Wirtschaftsforum: Trotzdem verbringen viele Ihrer Mieter nicht nur die Frühphase der Unternehmensgründung, sondern oftmals viele Jahre in Ihren Objekten.

Evelyn Paschke: Was wiederum darauf zurückzuführen ist, dass schlicht keine geeigneten Erweiterungsflächen in angemessener Größe zur Verfügung stehen. Denn ein Sprung von einer 50 m² großen Bürofläche auf dann 200 m² auf dem freien Mietmarkt würde keinem organischen Wachstumsschub mehr entsprechen und viele Unternehmen schlicht überfordern. Weil entsprechende Anschlussflächen fehlen, können wir Mieter, die eigentlich für diesen Schritt bereit wären, jedoch nicht aus unseren Objekten entlassen und infolgedessen auch keine neuen Start-ups aufnehmen. Besonders groß wird dieses Problem, wenn die Förderbindung ausläuft und die Mieter demzufolge gezwungen sind, unser Objekt zu verlassen.

Wirtschaftsforum: Wie begegnen Sie diesem Problem?

Evelyn Paschke: Jenseits intensiver Gespräche mit Bauträgern und Investoren über die Möglichkeiten der Privatwirtschaft, auch kleinere Flächen zur Verfügung zu stellen, verfolgen wir an dieser Stelle mehrere Ansätze: So wollen wir etwa in unserer Medienstadt mithilfe eines Flächenpools einen transparenten Überblick über aktuell zur Verfügung stehende Räumlichkeiten für alle Stakeholder schaffen. Ebenso sind wir bereit, private Investoren beim Betreiben von kleinteiligen Flächen mit unserem Know-how zu unterstützen, beziehungsweise die damit verbundenen Aufgaben vollständig zu übernehmen, wenn dies für private Anbieter aufgrund der Fluktuation in einem solchen Objekt ansonsten wirtschaftlich nicht sinnvoll darstellbar ist.

Wirtschaftsforum: Ihr Tätigkeitsspektrum geht somit weit über die Vermietung von Labor- und Gewerbeflächen als Starthilfe für Unternehmen hinaus.

Evelyn Paschke: Ich bin überzeugt, dass dieser holistische Blick für ein erfolgreiches Standortmanagement unerlässlich ist. Denn Wirtschaftsförderung beginnt im Kleinen, indem man für die Mieter und Gründerinnen auch über die erste Phase hinausdenkt. Man darf es nicht dabei belassen, einfach nur Fördergelder zur Verfügung zu stellen und Networking-Veranstaltungen anzubieten.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle wird Potsdam als Wirtschaftsstandort für Unternehmensgründerinnen in der Zukunft spielen?

Evelyn Paschke: Einer der großen Standortvorteile von Golm oder der Medienstadt besteht darin, dass Wachstum hier überhaupt noch möglich ist, da immerhin Grundstücke verfügbar sind, um etwa unseren Science Park noch zu erweitern. Natürlich sehen wir uns in diesem Rahmen auch als Teil eines regionalen Ökosystems und strecken unsere Fühler dabei nicht nur nach Berlin, sondern auch in die andere Richtung weiter nach Brandenburg hinein aus. So wollen wir gerade auch für junge Gründer, die etwa kürzlich an der Hochschule oder Universität einen Abschluss erworben haben, hier in Potsdam attraktive Perspektiven eröffnen, um damit die gesamte Region nachhaltig zu stärken.

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