„Wir arbeiten am größten Bauwerk Deutschlands“

Interview mit Jörg Brunecker, Geschäftsführer der Swietelsky-Faber GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Brunecker, die Swietelsky-Faber GmbH ist ein Joint Venture der zwei gleichnamigen internationalen Baukonzerne. Welche Rolle fällt Ihnen innerhalb der Unternehmensstruktur zu?

Jörg Brunecker: Unsere Gesellschafter bilden ein sehr breites Spektrum an Baumaßnahmen ab, von Hochbauaktivitäten bis hin zur Errichtung von Infrastrukturnetzen. Innerhalb dieses umfangreichen Betätigungsfeldes treten wir als klassisches Rohrleitungssanierungsunternehmen auf und konzentrieren uns dabei neben dem Trinkwasser- und Druckleitungsbau vornehmlich auf Sanierungs- und Reparaturarbeiten am Abwassernetz. Hierbei können wir eine enorme Klaviatur an verschiedensten Verfahrenstechniken bespielen und somit ein breites Spektrum an unterschiedlichsten Lösungsmöglichkeiten für die individuellen Probleme unserer Kunden anbieten.

Wirtschaftsforum: Wie umfangreich muss dieses Lösungsspektrum im Alltag tatsächlich ausfallen?

Jörg Brunecker: Für die Frage, mithilfe welcher Technologie sich das gewünschte Ergebnis am effizientesten erzielen lässt, sind tatsächlich sehr viele unterschiedliche Aspekte von Bedeutung: von den regionalen Gegebenheiten über die spezifischen Ansprüche der Betreiber bis hin zum allgemeinen Leistungsumfang. Dabei engagieren wir uns zum größten Teil im Rahmen von kommunalen Projekten mit Auftragsvolumina von bis zu 1,5 Millionen EUR, wobei in Einzelfällen wie bei unserer Tätigkeit auf den Flughäfen Frankfurt und Köln-Bonn auch deutlich höhere Beträge erreicht werden können. Eine der zentralen Technologien, die wir dabei einsetzen, ist das sogenannte Schlauchlining in unterschiedlichen Verfahrensweisen: Hierbei werden die bestehenden Rohrleitungen von innen heraus auf ganzer Strecke neu ausgekleidet, wobei ein kunstharzgetränkter Schlauchträger in die Leitung eingeführt und dort anschließend zur Aushärtung gebracht wird. Gerade bei der Variante des UV-härtenden Schlauchlinings, das wir mit elf täglich eingesetzten Anlagen anbieten können, sind wir weltweit vermutlich das stärkste Unternehmen. Gleichzeitig verfügen wir über eine hohe Expertise in Nischenanwendungen, die zwar eher selten eingesetzt werden, aber unter hochspeziellen Randkriterien bisweilen klar die effizienteste Lösung darstellen können, wozu etwa die grabenlose Rohrleitungserneuerung zählt. Hier kommt es natürlich nicht nur auf den Einsatz der Technologie an sich an, sondern auch auf ein besonderes Know-how, das nur wenige Marktteilnehmer in dieser Breite anbieten können.

Wirtschaftsforum: Was auch entsprechend kompetentes Personal voraussetzt – in Zeiten des Fachkräftemangels sicherlich kein leichtes Unterfangen?

Jörg Brunecker: Vom Fachkräftemangel will ich zumindest bei unserem Unternehmen nicht sprechen. Wir erleben weiterhin einen guten Personalzulauf, den ich insbesondere auf unseren Leumund als engagierten und wertschätzenden Arbeitgeber zurückführe; das hat sich im Umfeld unserer insgesamt 14 Niederlassungen auch herumgesprochen. Die Herausforderung besteht für uns eher darin, bei jungen Ingenieurinnen ein entsprechendes Interesse an unserem Tätigkeitsfeld zu wecken. Das Thema Rohrsanierung ist für viele Menschen, die mit der Branche bislang keine Berührungspunkte hatten, schlicht nicht sexy.

Wirtschaftsforum: Wie können Sie ambitionierte Fachkräfte vom Gegenteil überzeugen?

Jörg Brunecker: Wir sind auf vielen Messen und an zahlreichen Hochschulen präsent, wo wir auf den in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannten Markt der Abwasserwirtschaft konsequent hinweisen, der talentierten Ingenieuren nicht nur fachliche Herausforderungen zu bieten hat, sondern mit seinem großen Investitionsvolumen auch wirtschaftlich interessant ist. Denn unser Kanalnetz, das die gesamte Bundesrepublik durchzieht und somit gewissermaßen das größte Bauwerk in ganz Deutschland darstellt, weist aktuell einen geschätzten Instandsetzungsbedarf von über 600 Milliarden EUR auf – und auch die Kommunen wissen: Wenn wir dieses Bauwerk verrotten lassen, haben wir ein gewaltiges Problem.

Wirtschaftsforum: Besteht derzeit nicht genau diese Gefahr, wenn die kommunalen Träger im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Abkühlung entsprechende Investitionen aufschieben?

Jörg Brunecker: Davor kann ich nur warnen – denn wenn mit wichtigen Sanierungsmaßnahmen zu lange gewartet wird, fallen die nötigen Instandsetzungsarbeiten am Ende nur umfangreicher aus und werden entsprechend kostspieliger. Trotz einer gewissen Bedenkenhaltung, die ich als aktuelle Marktstimmung bisweilen wahrnehmen kann, erkenne ich aber weiterhin ein verantwortungsbewusstes Investitionsverhalten der kommunalen wie privatwirtschaftlichen Kunden. Im Allgemeinen ist in Krisenzeiten im gesamten Bausektor aber eine Verschiebung von der Neuerrichtung hin zur Sanierung zu beobachten, da sich hierbei mit einem niedrigeren Investitionsvolumen eine längere Lebensdauer des entsprechenden Objekts erreichen lässt.

Wirtschaftsforum: Zwei wichtige Zukunftstrends lassen sich mit den Schlagworten Ressourcenschonung und Digitalisierung umschreiben. Welchen Stellenwert nehmen diese beiden Themen in Ihrem Unternehmen ein?

Jörg Brunecker: Swietelsky-Faber hat sich von Anfang an in der Hochtechnologie engagiert, wo natürlich auch große Datenmengen transferiert und bearbeitet werden mussten. So haben wir uns schon immer zielführender Cloud- und BIM-Lösungen bedient. Genauso haben wir uns bereits vor vielen anderen Marktteilnehmern um eine möglichst hohe Energieeffizienz bemüht und nach unserem ersten Energieaudit 2016 sukzessive entsprechende Maßnahmen umgesetzt. Uns würde es freuen, wenn gewisse Nachhaltigkeitsstandards in Zukunft auch wichtige Ausschreibungskriterien werden würden.

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