Speziallösungen für den Tiefbau – leise und präzise
Interview mit Rolf Disselhoff, Senior Sales Manager der Seika Sangyo GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Disselhoff, wie positioniert sich die Seika Sangyo GmbH innerhalb der internationalen Unternehmensgruppe, und welche Aufgaben übernehmen Sie persönlich?
Rolf Disselhoff: Die Seika Sangyo GmbH ist die europäische Vertriebsniederlassung der 1947 gegründeten japanischen Seika Corporation. Unser Standort in Düsseldorf, der seit 1974 besteht, ging aus einer bereits 1954 gegründeten Handelsvertretung hervor und ist bewusst in einer Region mit starkem japanischen Unternehmensnetzwerk angesiedelt. Wir fungieren als technischer Vertriebspartner für japanische Hersteller, vermitteln also zwischen innovativer Technik und europäischem Markt. Ich verantworte den Bereich Bauindustrie und arbeite vom Rhein-Main-Gebiet aus – eng vernetzt mit dem Team in Düsseldorf.
Wirtschaftsforum: Wie ist die internationale Struktur der Seika-Gruppe, und welche Branchenschwerpunkte betreuen Sie?
Rolf Disselhoff: Die Seika-Gruppe betreibt weltweit 137 Standorte mit rund 1.100 festen Mitarbeitern und 350 freien Partnern. In Europa decken wir vier Segmente ab: Energie, Automatisierung, Maschinenbau und Bauindustrie. Ich bin für den Tiefbau zuständig – mit dem hoch spezialisierten, vibrationsfreien Einpresssystem der Marke GIKEN.
Wirtschaftsforum: Was macht diese GIKEN-Technologie so besonders?
Rolf Disselhoff: Die Maschine arbeitet vollständig vibrationsfrei. Statt zu rammen, presst sie Spundwände hydraulisch in 800-mm-Schritten ein – leise, präzise und umweltschonend. Sie eignet sich ideal für sensible Bereiche wie Innenstädte, Bahntrassen oder Deichanlagen. Mit nur 2 m Arbeitsbreite wurde sie für enge Baustellen in Tokio entwickelt – und ist auch hierzulande oft die einzige praktikable Lösung, wenn herkömmliche Verfahren nicht greifen.
Wirtschaftsforum: Wie sieht der typische Einsatz aus – und wer sind Ihre Kunden?
Rolf Disselhoff: Meist handelt es sich um öffentliche Ausschreibungen, etwa im Hochwasserschutz oder zur Infrastrukturstabilisierung. Wenn herkömmliche Verfahren nicht ausreichen, kommt GIKEN ins Spiel. Wir vermieten die Maschinen mit zertifiziertem Operator oder verkaufen sie mit umfassender Schulung. In der Regel wird gemietet – bei Investitionskosten im siebenstelligen Bereich. Unsere Kunden sind Bauunternehmen, Behörden oder Betreiber wie die Deutsche Bahn. Die Seika-Gruppe erwirtschaftete 2024 weltweit rund 560 Millionen EUR Umsatz – ein wachsendes Geschäft, zu dem unser Bereich gezielt beiträgt.
Wirtschaftsforum: Wie reagieren Sie auf die aktuelle Lage im Bausektor?
Rolf Disselhoff: Die Branche steht unter Druck: steigende Kosten, hohe Zinsen, unsichere Budgets. Im Tiefbau wurden viele Projekte verschoben – zugleich steigt der Investitionsbedarf bei Infrastruktur und Klimaanpassung. Unsere Technologie ist gefragt, wenn herkömmliche Verfahren zu laut, zu ungenau oder ungeeignet sind – und damit auch in schwierigen Zeiten relevant. Zudem schätzen Kunden unsere technische Beratung bereits in der Planungsphase.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielen Digitalisierung und KI in Ihrem Segment?
Rolf Disselhoff: Unsere Maschinen sind vollständig vernetzt, erfassen live Daten wie Widerstand, Einpresstiefe oder Zeitverlauf. Diese Informationen sind dokumentierbar und helfen bei Projektanalysen, Nachweisen oder künftigen Planungen. Auf der bauma haben wir eine GIKEN-Maschine aus Japan per Joystick von München aus gesteuert – ein eindrucksvoller Beweis für das Potenzial digitaler Fernsteuerung. Künftig werden KI-gestützte Auswertungen und Predictive Maintenance noch stärker in den Fokus rücken.
Wirtschaftsforum: Wie ist das Thema Nachhaltigkeit bei Ihnen verankert?
Rolf Disselhoff: Nachhaltigkeit beginnt für uns mit emissionsarmer und leiser Technik – unsere Maschinen erfüllen hohe Umweltstandards und nutzen biologisch abbaubare Hydrauliköle. Das ist bei Einsätzen an Gewässern oder in geschützten Gebieten entscheidend. Außerdem ermöglicht unsere Technik Nachtarbeit in Wohngebieten ohne Lärmklagen. Wir vertreten ein vorausschauendes Bauverständnis, das nicht auf Reparatur, sondern auf Prävention ausgerichtet ist – ein Prinzip, das aus Japan kommt und zunehmend auch hier Anwendung findet.
Wirtschaftsforum: Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie – und was treibt Sie persönlich an?
Rolf Disselhoff: Unter dem Leitbild „Vision 2030“ möchten wir unsere Marktpräsenz in Europa weiter ausbauen und gemeinsam mit unseren japanischen Partnern neue Anwendungen entwickeln. Kundenfeedback fließt direkt in die Weiterentwicklung der Maschinen ein. Unsere Philosophie: Nicht Technik um der Technik willen, sondern konkrete Lösungen für reale Herausforderungen. Das gilt auch für unsere interne Kultur – geprägt von Eigenverantwortung, kollegialer Zusammenarbeit und engem Kundenkontakt. Besonders spannend: Unsere Technologie wird derzeit für den Einsatz bei Weltraummissionen der japanischen Raumfahrtagentur geprüft – ein Symbol dafür, wie weit tragfähige Lösungen reichen können. Mich motiviert genau diese Verbindung: Kundennähe, technische Exzellenz und ein klares Zukunftsbild.