Logistik mit Vollgas in die Zukunft
Interview mit Harald Seifert, Geschäftsführer der Seifert Logistics Group


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Wirtschaftsforum: Herr Seifert, die Seifert Logistics Group verkörpert Logistiklösungen aus Leidenschaft. Was genau steht hinter dieser Maxime?
Harald Seifert: Unser größter Erfolgsfaktor ist der Seifert-Spirit des gesamten Teams. Jeder hier inhaliert diesen Spirit – ist begeistert und begeistert Kunden. So schaffen wir es, mit unserer Leidenschaft einen Millimeter besser als andere zu sein.
Wirtschaftsforum: Seifert Logistics verbindet erfolgreich Erfahrung und Innovationsgeist, Tradition und Moderne. Die Ursprünge gehen bis 1947 zurück, als Ihr Vater das Unternehmen gründete. Sie sind 1976 in die Firma eingetreten, setzen heute auf innovative Technologien und versuchen, Trends nicht zu folgen, sondern zu antizipieren. Stimmt das so?
Harald Seifert: Das Unternehmen ist Schritt für Schritt gewachsen, hat sich dabei immer an Werten wie Qualität, Effizienz, Pünktlichkeit, Partnerschaft, Vertrauen und nicht zuletzt persönliche Kundenbeziehungen orientiert. Wir sehen uns als ‘Mitdenker auf Augenhöhe’, das heißt, wir suchen den direkten Kontakt mit den Kunden und erarbeiten gemeinsam schnell und flexibel Lösungen. Wir haben nie zurückgeschaut, sondern immer nach vorne. Weil uns klar ist, dass man heute die Weichen für morgen stellen muss, wenn man sich am Markt durchsetzen will.
Wirtschaftsforum: Seifert Logistics ist ein gefragter Logistikpartner in Deutschland, einer der Top 100-Player. Lässt sich der Erfolg in Zahlen ausdrücken?
Harald Seifert: Ich bin 1976 mit fünf Mitarbeitern in die Firma gekommen, heute sind es 2.400. Wir haben 47 Standorte in Deutschland, Polen und Frankreich, bewirtschaften 750.000 m2 Warehouse-Logistikfläche und wickeln die gesamte Supply Chain ab. Der Umsatz von 200 Millionen EUR wird zu etwa 60% mit Kontraktlogistik, zu 40% mit klassischen Speditionsleistungen generiert. Tag für Tag werden mehr als 1.400 Ladungen disponiert und Kunden aus unterschiedlichsten Industrien, darunter die Automobil-, Pharma- und Papierindustrie, europaweit mit Papier, Konsum- und Industriegütern oder Baustoffen versorgt. Wir sind dann zufrieden, wenn die Kunden es sind.
Wirtschaftsforum: Immer einen Schritt voraus zu sein, hat sich als Wachstumsmotor erwiesen. Gibt es dafür Beispiele?
Harald Seifert: Wir denken tatsächlich die Supply Chain voraus. Seit Langem setzen wir LNG-Lkw ein, kooperieren mit innovativen Start-ups, gucken nach unternehmerischen Trends, neuen Branchen und Ideen. Wir sind einfach neugierig auf neue Dinge, hungrig und visionär.
Wirtschaftsforum: Weil Sie neugierig sind und offen für Neues ist die Digitalisierung nicht erst seit Corona im Unternehmen angekommen. Wie ist Seifert in dieser Hinsicht aufgestellt?
Harald Seifert: Viele unterschiedliche Prozesse sind bei uns digitalisiert, beispielsweise das Transportmanagementsystem. 95% der Aufträge kommen online, die Verarbeitung erfolgt online, unsere Fahrer sind mit Tablets ausgestattet, selbst die Unterschriften der Kunden sind digital. Im Prinzip integrieren wir alles, was Robotik und fahrerlose Transportsysteme hergeben, in die Supply Chain-Logistik. Wir setzen Drohnen für die Inventur und in Außenlägern ein. Mein Sohn Julian, der inzwischen auch im Unternehmen tätig ist, hat zudem den 3-D-Druck eingeführt, mit dem wir individuelle Kundenideen schnell und flexibel realisieren können. Gerade in der Ersatzteillogistik bietet der 3-D-Druck großes Potenzial, zum Beispiel in Hinblick auf die dezentrale Fertigung.
Wirtschaftsforum: An welche Branchen und Märkte richten Sie sich mit den zukunftsorientierten Logistikleistungen?
Harald Seifert: Unsere Wurzeln liegen in der Papierindustrie, der Baustoffbranche und dem Handel. Im Automobilsektor arbeiten wir für Top-Player, darunter sind viele namhafte OEMs und Zulieferer. Auch die Pharmaindustrie und verstärkt der E-Commerce sind strategische Wachstumsmärkte. Was die Märkte betrifft, sind wir vor allem in der DACH-Region unterwegs, in der wir weiterhin Wachstumspotenzial sehen. Daneben spielen Polen, Frankreich und auch Osteuropa eine große Rolle.
Wirtschaftsforum: Die Coronakrise hat die Logistikbranche besonders hart getroffen. Wie hat Seifert Logistics diese Zeit erlebt?
Harald Seifert: Die ersten drei Monate in 2020 waren schlimm. Uns wurde der Boden unter den Füßen weggezogen, 1.500 Mitarbeiter waren in Kurzarbeit. Wir haben für jeden Standort strenge Hygienekonzepte aufgestellt, mit Kunden jeden Stein umgedreht und nach Lösungen gesucht. Lieferengpässe im Halbleiterbereich gibt es bereits seit zwei Jahren. Wir gehen dennoch unseren strategischen Weg weiter und hoffen vor allem, dass unsere Mitarbeiter und Kunden gesund bleiben.
Wirtschaftsforum: Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Zukunftsaussichten?
Harald Seifert: Zunächst einmal bin ich froh, dass die Firma für die Zukunft gut aufgestellt ist. Dazu zählt ein tolles Führungsteam, das von unseren beiden Geschäftsführern, Axel Frey (COO) und Marcel Vogelmann (CFO), geführt wird. Zusätzlich ist mit meinem Sohn Julian die nächste Generation am Start und führt den Transformationsprozess weiter. Ich persönlich habe mich aus dem operativen Geschäft weitestgehend zurückgezogen und arbeite als Vorsitzender des Beirats an Sonderprojekten (zum Beispiel Immobilien) sowie Beteiligungen und Akquisitionen. Für uns stehen die Zeichen ganz klar auf Wachstum, das Thema Nachhaltigkeit wird dabei eine zentrale Bedeutung haben. Wir haben Wasserstoff- und Hybridfahrzeuge, Photovoltaikanlagen und bauen eine Lagerhalle mit Elektroladerampen. Damit setzen wir von der Energieerzeugung bis zum Fuhrpark auf nachhaltige Konzepte. Ausdruck unserer Wachstumsstrategie ist nicht zuletzt unser neues Logistikzentrum in Ulm, in dem unsere Mitarbeiter ab September 2022 ein neues, modernes Zuhause mit schlanken, digitalen Prozessen finden werden.
Wir haben die Vision, weiterhin mit dem Seifert-Spirit zu begeistern und gemeinsam mit den Kunden zu wachsen. Unsere solide wirtschaftliche Aufstellung gibt uns Sicherheit für eine weitere Expansion, die auch Zukäufe nicht ausschließt. Mir persönlich liegt am Herzen, den Mitarbeitern ein familiäres Umfeld zu bieten. Probleme bereitet auch uns der Fachkräftemangel. Zwar versuchen wir, über die eigene Aus- und Weiterbildung Nachwuchs aus den eigenen Reihen zu rekrutieren, dennoch suchen wir Mitarbeiter für unterschiedlichste Positionen vom Staplerfahrer bis zur Führungskraft. Mitarbeiter, die weiterkommen wollen, sind bei uns genau richtig, komplett unabhängig vom Alter. Ich kann ihnen nur dringend raten, zu kommen und den Seifert-Spirit kennenzulernen.