Wie man die Zukunft der Metallbearbeitung gestaltet
Interview mit Jürgen Dommer, Geschäftsführer der Schuster Maschinenbau GmbH


Wirtschaftsforum: Herr Dommer, der Claim von Schuster lautet ‘Move the Standard’. Was verstehen Sie darunter?
Jürgen Dommer: Wir sind nie zufrieden mit dem, was wir erreicht haben, sondern wollen immer besser werden, um unsere Kunden noch weiter nach vorne zu bringen. Das bedeutet, dass wir nicht einfach nur Drehmaschinen liefern. In enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden entwickeln wir Lösungen, die optimal auf deren individuelle Anforderungen abgestimmt sind. Dabei verschieben wir immer wieder die Grenzen des Möglichen und Machbaren. Gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln wir die Standards in der Metallverarbeitung permanent weiter und arbeiten so an der Zukunft der Metallbearbeitung.
Wirtschaftsforum: Der Maschinenbau ist ja eine eher konservative Branche. Sie gehen einen anderen Weg.
Jürgen Dommer: Ja, der jeweilige Kunde steht bei uns konsequent im Mittelpunkt. Bevor es um technische Details und Lösungen geht, reden wir über Werte und Zusammenarbeit. 100% Kundenzufriedenheit steht für uns ganz oben, bei jedem Projekt.
Wirtschaftsforum: Auf Ihrer Website steht auch die Abbildung eines Menschen im Mittelpunkt, und nicht die einer Maschine.
Jürgen Dommer: Der Mensch dort steht für Bewegung, für stetige Weiterentwicklung. Wir werden von vielen darauf angesprochen und kommen so ins Gespräch mit potenziellen Kunden. Auf der Messe in Stuttgart waren wir der einzige Hersteller, der keine Maschinen hatte. Dadurch hatten wir deutlich mehr Qualität in den Kontakten.
Wirtschaftsforum: Vor über 40 Jahren haben Sie mit Maschinen für die Herstellung von Gesteins- und Hammerbohrern angefangen. Welche Lösungen bieten Sie heute?
Jürgen Dommer: Wir haben verschiedene Baureihen von Vertikaldrehmaschinen, die ein modulares System bilden. Diese lassen sich kundenspezifisch mit zahlreichen Ausstattungsoptionen ergänzen. Darüber hinaus entwickeln wir für jede Anforderung Sondermaschinen und passgenaue Automatisierungslösungen. Vertikaldrehmaschinen machen rund 75% unseres Gesamtgeschäfts aus. Die vertikal angeordnete Drehachse bietet zwei wesentliche Vorteile: Die Späne fallen direkt nach unten und die Maschinen sind ultrakompakt und haben so extrem wenig Platzbedarf. Dadurch ist auch eine automatische Be- und Entladung möglich. Wir nutzen zwar zu 85% Standardkomponenten, aber im Grunde ist keine Anlage wie die andere, jede Maschine ist eine kundenspezifische Lösung. Unsere Maschinen können auch gespiegelt werden, das können nicht viele Mitbewerber. Darüber hinaus nehmen wir Retrofits vor, also Modifizierungen oder Modernisierungen bestehender Anlagen. Die restlichen 25% teilen sich auf 10% Sondermaschinen und 15% Service wie Wartung und Beratung.
Wirtschaftsforum: Welches sind Ihre wichtigsten Märkte?
Jürgen Dommer: Unser Hauptabsatzmarkt ist die Automobilindustrie. Weitere wichtige Märkte sind die Antriebstechnik, die Medizintechnik und der Bereiche erneuerbare Energien. Vor allem die Nachfrage in der Medizintechnik steigt derzeit stark. In den letzten zwölf Jahren haben wir insgesamt ein stetiges Wachstum gehabt. Vertikaldrehmaschinen sind ein geniales Produkt, es gibt aber nur sehr wenige Anbieter in Deutschland. Dafür umso mehr potenzielle Anwender. Dabei nehmen die Anforderungen stetig zu. Die Drehprozess werden immer feiner und präziser, die Maschinen werden immer wartungsärmer und lassen sich immer schneller umrüsten, sodass auch kleinere Losgrößen wirtschaftlich hergestellt werden können, und neue Materialien wie Keramik lassen sich verarbeiten.
Wirtschaftsforum: Inwieweit macht sich bei Ihnen der Fachkräftemangel bemerkbar?
Jürgen Dommer: Man muss sich heute viel aktiver um geeignete Bewerber kümmern als früher. Wir versuchen, durch ein gezieltes Employer Branding dem Mangel entgegenzuwirken. Unser Betriebsklima ist sehr familiär und von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Ich kenne alle Mitarbeiter beim Namen und höre, wie es der Familie geht, was sie umtreibt. Am Ende sind es die Mitarbeiter, die Schuster ausmachen und gemeinsam etwas bewegen.
Wirtschaftsforum: Was wollen Sie in Zukunft noch bewegen?
Jürgen Dommer: Unsere Vision ist, in Mitteleuropa zum bevorzugten Partner für alle Firmen mit hohen Qualitätsansprüchen zu werden. Dafür wollen wir noch enger mit technischen Universitäten zusammenarbeiten. Schuster soll noch mehr als Spezialist, als ganzheitlicher Problemlöser wahrgenommen werden. In den nächsten zehn Jahren wollen wir 50% organisches Wachstum erreichen, ohne fremde Hilfe. Mich freut jeder Auftrag, jedes Produkt, das wir erfolgreich umsetzen. Und dabei von den Kollegen mit einem Lächeln begrüßt werden, das treibt mich an – und die Freiheit, auch mal um die Ecke zu denken.