„Automatisierung ist eine Investition in Zeit“
Interview mit André Strebel, CEO und Daniel Girod, COO Sea der Schneider & Cie. AG
Wirtschaftsforum: Herr Strebel, Herr Girod, welche Meilensteine waren für die Schneider Gruppe besonders prägend?
André Strebel: Die Firma wurde 1865 in Basel gegründet. Wir haben also eine große Tradition und sind bis heute unabhängig, was in unserer Branche selten ist. 1986 wird die bisherige Handelsdelegation in New York in eine eigenständige Gesellschaft umgewandelt. 1989 eröffnet Schneider Niederlassungen in Paris, Lyon und Saint-Louis. Im gleichen Jahr entsteht eine eigene Gesellschaft in den Niederlanden. 1990 haben wir in Saint Louis unser erstes Logistikzentrum eröffnet. Heute ist der Logistikbereich bei uns ein wachsender Sektor. Allein in der Schweiz verfügen wir über 50.000 bis 60.000 m² Lagerfläche. 2009 begann dann eine neue Ära.
Wirtschaftsforum: Was hat diese eingeläutet?
André Strebel: Der damalige Inhaber Jörg Gerster hat die Firma mit einem Management-Buyout an drei langjährige Mitarbeiter verkauft. Die folgenden Jahre waren von einem vernetzten Profitcenter-Denken und starkem Wachstum geprägt. 2015 hatten wir gemeinsam mit Martin Isler und einem Investor die Gelegenheit, uns bei Schneider zu beteiligen. 2018 werden unsere langjährigen CEO und CFO ersetzt. Gleichzeitig werden die Geschäftsleitung und Investorenstruktur ausgebaut. Seitdem haben wir viel in die IT und Digitalisation investiert, unsere Präsenz am Markt erhöht und sind in neuen Märkten, unter anderem den deutschen, eingetreten.
Wirtschaftsforum: In welche Märkte ist Schneider noch vorgedrungen?
Daniel Girod: 2019 haben wir in Hongkong und China mit insgesamt 8 Filialen auf der grünen Wiese begonnen und weitere Büros in Indien, Dubai, Thailand, Singapur und Indonesien eröffnet. Wir wollen ein mittelständischer globaler Spediteur sein, der über eigene Setups die Geschäfte kontrollieren kann. In den für uns wichtigen Märkten wollen wir daher mit eigenen Standorten präsent sein. Auch in den USA, wo wir schon lange vertreten sind, haben wir weitere Zukäufe getätigt. Dabei achten wir immer darauf, unseren Spirit zu erhalten: Wir verstehen uns als Familie und bauen auf Menschen und den persönlichen Kontakt. Zukäufe erfolgen deshalb nur, wenn es menschlich passt. Wir lassen den Unternehmen auch ihren Namen und ihre Identität.
André Strebel: Uns ist es wichtig, dass die Inhaber so denken wie wir und für sie ebenfalls die Menschen im Vordergrund stehen. Wenn sie es wünschen, bleiben sie oder andere mit der Firma verbundene Mitarbeiter zu einem gewissen Prozentsatz beteiligt. Das ist für sie ein Ansporn. Wir sind damit immer gut gefahren. Ein Zukauf ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Wir wollen Synergien nutzen und können oft auch von den Firmen lernen.
Wirtschaftsforum: Haben Sie im Rahmen Ihrer Aufgaben so etwas wie ein persönliches Steckenpferd?
Daniel Girod: Mein Steckenpferd ist die Seefracht. Ich hatte die Gelegenheit diesen Bereich in der Schneider Gruppe verstärkt miteinzubringen. Seitdem hat er sich in der Schweiz und international stark entwickelt.
Wirtschaftsforum: Welche Entwicklungen sehen Sie aktuell in der Branche?
Daniel Girod: Die großen Carrier werden immer größer. Aber je größer die anderen werden, desto wichtiger werden wir als noch persönlich ansprechbare Dienstleister. Unsere Herausforderung ist, die Automatisierung und Digitalisierung voranzutreiben. Der Aufwand, Sendungen abzuwickeln, war in den letzten beiden Jahren riesig. Und Personal zu finden, wird immer schwieriger. Die Automatisierung kann hier Entlastung bringen.
André Strebel: Automatisierung bedeutet aber nicht Stellenabbau, sondern eine Investition in Zeit: Die Mitarbeitenden gewinnen Zeit, die sie für andere Aufgaben, etwa für den Kunden, nutzen können.