Gemüse ohne Chemie: Mit Nützlingen schützen

Interview mit Stefan Scherzer, Geschäftsführender Gesellschafter der SCHERZER GEMÜSE GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Scherzer, wie hat sich SCHERZER GEMÜSE bis heute entwickelt?

Stefan Scherzer: Das Unternehmen wurde vor über 40 Jahren von meinem Großvater gegründet und später von meinem Vater weiterentwickelt zum Gemüseanbaubetrieb im Knoblauchland. 1960 wurden die ersten Gewächshäuser gebaut, in den 1980er-Jahren die ersten großen. Ab 2000 haben wir uns immer mehr auf den Gewächshausanbau konzentriert. 2013 wurde in Dinkelsbühl ein zweiter Betrieb eröffnet. 2017 folgte ein weiterer in Feulersdorf. Im vergangenen Jahr haben wir in Dinkelsbühl auf fünf ha ein Gewächshaus für die Salatproduktion errichtet und sind damit der modernste Salatbaubetrieb. Seit 2013 produzieren wir ausschließlich im Gewächshaus. An den drei Standorten beschäftigen wir jeweils rund 100 Mitarbeiter.

Wirtschaftsforum: Wird das Unternehmen weiter so kontinuierlich wachsen?

Stefan Scherzer: Nicht in der Geschwindigkeit wie bisher, das gibt die aktuelle Situation nicht her. Der Markt ist inzwischen gut besetzt und wir haben hohe Investitionskosten durch neue Bauten. Die Energiekosten spielen bei uns eine große Rolle, und sie sind langfristig nicht kalkulierbar.

Wirtschaftsforum: Wann sind Sie ins Familienunternehmen eingestiegen, und welche Themen sind Ihnen als Geschäftsführer besonders wichtig?

Stefan Scherzer: Als 2013 die GmbH gegründet wurde, wurde ich Geschäftsführer. Gemeinsam mit meinem Vater und meinem Bruder Andreas bin ich auch Gesellschafter. Wir sind ein sehr nachhaltiges Unternehmen; diese Philosophie leben wir auch. Schon 2007 haben wir unser erstes Biomasseheizwerk gebaut und beheizen unsere Gewächshäuser hier in Nürnberg seitdem CO2-neutral. Die Entscheidung dazu fiel, weil Holz ein nachwachsender Rohstoff ist und die Hackschnitzel in der Region produziert werden. Die Nachhaltigkeitsbemühungen werden allerdings bisher vom Handel nicht besonders honoriert. Dennoch wächst der Druck auf die Unternehmen, nachhaltiger zu wirtschaften. Am Ende muss die Bilanz aber ökologisch wie ökonomisch stimmen. Letztendlich entscheidet der Verbraucher. ob er billiges Gemüse kauft, das nicht nachhaltig produziert wurde und lange Transportwege hat, oder ob er auf nachhaltig angebautes Gemüse aus der Region zurückgreift.

Wirtschaftsforum: Welches sind Ihre wichtigsten Produkte?

Stefan Scherzer: Unser stärkstes Produkt ist die Tomate, dann kommen Paprika, Aubergine, Gurke und seit diesem Jahr auch Salat mit Wurzelballen. Insgesamt vermarkten wir etwa 20.000 t Gemüse pro Jahr. Der größte Anteil geht an die großen Lebensmitteleinzelhändler. Wir beliefern aber auch kleine Läden.

Wirtschaftsforum: Was macht Ihr Gemüse besonders aus?

Stefan Scherzer: Wir legen einen sehr hohen Wert auf die Qualität, das heißt, die nachhaltige Produktion, den Geschmack und die Frische, auch durch kurze Transportwege. Ein Biobetrieb sind wir nicht, da wir erdlos produzieren. Wir versuchen aber, keinen chemischen Pflanzenschutz einzusetzen, sondern bekämpfen Schädlinge mit Nützlingen. Jede Woche bringen wir deshalb neue Nützlinge in die Gewächshäuser ein. Das funktioniert gut, wenn man schnell genug ist und frühzeitig kontrolliert. Das ist natürlich mit mehr Arbeit und mehr Kosten verbunden. Unser Anspruch ist aber, qualitativ besser zu sein als das Ausland. Von unserer Produktion können sich Endverbraucher ab Mai wieder regelmäßig bei einem Tag der offenen Tür ein Bild machen.

Wirtschaftsforum: Wie entwickelt sich die Branche derzeit?

Stefan Scherzer: Der Trend geht zur regionalen Produktion. Sie könnte vom Endverbraucher aber noch besser angenommen werden. Wir müssen darauf achten, die Unternehmen in Deutschland zu halten, anstatt auf günstiger produzierte Lebensmittel aus dem Ausland zu setzen. Aktuell sehen wir die Folgen solcher Abhängigkeiten. Das gilt auch für andere Branchen. Den heimischen Unternehmen muss mehr Wertschätzung entgegengebracht werden. Ich würde mir daher mehr Unterstützung des Mittelstands wünschen. Dazu gehören auch schnellere Entscheidungen von Behörden. Dafür müssten mehr Unternehmer in die Politik.

Wirtschaftsforum: Sie haben kürzlich ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Steht das für ihre Unternehmensphilosophie?

Stefan Scherzer: Ja, wir sehen uns auch in einer sozialen Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern, aber auch darüber hinaus. Schon vorher haben ukrainische Studenten bei uns Praktika absolviert. Dank unserer Kontakte konnten wir nun schnell helfen. Umso mehr frustriert uns, dass der anschließende bürokratische Aufwand so groß und kompliziert ist.

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