Präzisionsbeschichtungen 4.0
Interview mit Claudia Hofmann, Geschäftsführerin der Rybak + Hofmann rhv-Technik GmbH + Co. KG
Wirtschaftsforum: Frau Hofmann, welche Innovationen und Neuerungen gibt es aus dem Hause Rybak + Hofmann?
Claudia Hofmann: 2018 feierten wir unser Firmenjubiläum und im Zuge dessen wurde eine neue Halle auf dem Nachbargelände eingeweiht, die inzwischen produktionsfähig ist. Jetzt haben wir 600 m2 mehr zur Verfügung. Dadurch konnten wir die Abteilung Drehen und Schleifen trennen, die Maschinen prozessoptimierter aufstellen und eine reinere Atmosphäre bei der mechanischen Bearbeitung der hochpräzisen Bauteile schaffen.
Es wurde darüber hinaus auch das komplette metallografische Labor umgestaltet, im neuen Gebäude großzügig eingerichtet und mit einer top-innovativen Prüfsoftware ausgestattet. Wir sind in der Lage, eine komplette kundenindividuelle Schichtentwicklung inklusive Schichtdokumentation mit Härte- und Porenmessung zu erstellen.
Zurzeit sind wir dabei ein eigenes Technikum aufzubauen mit dem wir neue Verfahren aus der Oberflächentechnologie kombinieren und testen können, um damit gemeinsam mit unseren Kunden innovative Funktionsoberflächen zu entwickeln. Neue Schichtsysteme, zum Beispiel das Suspensionsspritzen oder die Kombination von thermischen Spritzschichten mit dem 3-D-Druck, lassen unsere Möglichkeiten ins Unendliche wachsen, die wir in Kundenaufträge einfließen lassen.
Bauteile werden zunehmend aus leichten Kunststoffwerkstoffen im 3-D-Druck gefertigt, die aber an der entsprechenden Stelle, zum Beispiel der Dichtung, dem gleichen Verschleiß oder Korrosion standhalten müssen, wie zuvor ein Bauteil aus Stahl. Hier kann mit einer neuartigen thermischen Spritzschicht trotz veränderter Rahmenbedingungen die gleiche, oder sogar verbesserte Funktionalität erzeugt werden. Oberflächen von Verpackungsanlagen haben beispielsweise häufig den Anspruch, lebensmitteltauglich oder antimikrobiell zu sein. Hier entwickeln wir in einem Forschungsprojekt gemeinsam mit der Hochschule Aalen neue Schichtsysteme.
Wirtschaftsforum: In welchen Bereichen bei Ihnen im Unternehmen und in der Branche spüren Sie vor allem die zunehmende Digitalisierung?
Claudia Hofmann: Bislang vor allem im administrativen Bereich. Darüber hinaus legen die Kunden gesteigerten Wert auf Prozess-effizienz, da sie sich dadurch günstigere Preise erhoffen. Bei uns geht es allerdings viel um Einzelfertigung. Hier ist der Digitalisierungsaufwand extrem hoch. Allerdings haben wir aktuell ein Produktionsplanungssystem in der Entwicklung, dass wir einführen werden. Neu angeschafft haben wir eine Spritzbank, die mit einem Roboter kombiniert, komplexe Bauteilgeometrien abfahren kann, wie es in der thermischen Spritztechnologie bisher noch nicht möglich war. Die Offline-Programmierbarkeit ist ein weiterer Schritt in die Digitalisierung.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt in Ihrer Branche das Thema Nachhaltigkeit?
Claudia Hofmann: Das Thema wird wichtiger, zum Beispiel im Bereich der CO2 neutralen Produktion. Die Kunden fordern immer häufiger den Nachweis der CO2-neutralen Produktion entlang der gesamten Fertigungskette. Wir sind bereits seit 2005 Teilnehmer des ECOfit-Programms des Landes Baden-Württemberg und gestalten unsere Fertigung kontinuierlich ressourcenschonend. Das kommt uns bei den steigenden Anforderungen unserer Kunden zugute. Unsere Fertigung ist mit LED-Beleuchtung ausgestattet, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung wird bei uns großgeschrieben. Unsere Fertigung ist energieintensiv. Deshalb versuchen wir, so wenig Werkstoff wie möglich zu verbrauchen.
Da wir Bauteile abkleben müssen, entsteht bei uns durchaus Abfall. Hier bauen wir entsprechende Vorrichtungen, die wir mehrfach verwenden können. Wir haben zudem eine spezielle Konstruktionssoftware im Einsatz, dass wir uns auch hier weiter in Richtung 3-D-Druck entwickeln können. Aktuell sind wir in ein Forschungsprojekt mit dem Arbeitstitel ‘Spritzerei 4.0’ involviert. Um so wenig Spritzmaterial wie möglich zu verbrauchen, konturnah zu spritzen und Abdeckungsmaterialien zu vermeiden, werden hier 3-D-Scan-Methoden mit CAD-Systemen und Robotertechnologie kombiniert.
Wirtschaftsforum: Wer sind aktuell Ihre wichtigsten Zielgruppen?
Claudia Hofmann: Wir sind relativ breit aufgestellt. Zu unseren wichtigsten Kunden zählen aktuell Unternehmen aus der Verpackungsbranche, aus der Dichtungstechnik, Pumpenhersteller und Kraftwerke. Dabei kommt nach wie vor ein Großteil der Kunden aus Deutschland. Die meisten allerdings haben Dependancen weltweit und selbstverständlich begleiten wir sie auch international. Im vergangenen Jahr haben wir zum Beispiel mit einem Kunden und dessen Partner in China eine Schulung gemacht. In Kürze übernehmen wir für den Kunden weitere Schulungen für Niederlassungen in Brasilien und Indien.
Wirtschaftsforum: Frau Hofmann, was sind für das Jahr 2021 Ihre wichtigen Themen, Projekte und Ziele auf Ihrer Agenda?
Claudia Hofmann: Aktuell arbeiten wir mit Hochdruck an unserer neuen Homepage. Darüber hinaus werden wir unsere Forschungsprojekte vorantreiben. Die wichtigen Themen sind hier das Suspensionsspritzen, 3-D-Druck, die Kombination von thermisch gespritzten Beschichtungen sowie die lebensmitteltauglichen Beschichtungen. Mit unserem neuen Produktionsplanungssystem werden wir unsere Prozesse weiter straffen und uns immer mehr in Richtung Industrie 4.0 weiterentwickeln.
Wirtschaftsforum: Wo möchten Sie das Unternehmen langfristig am Markt sehen?
Claudia Hofmann: Wir werden durch Automatisierung und Effizienzsteigerung wachsen. Vor allem aber sehe ich uns verstärkt in der Beratung unserer Kunden, Forschungsprojekte mit ihnen durchzuführen.