Biotechnologische Produktion ist unsere DNA
Interview mit Dr. Kai Pohlmeyer, Managing Director der Richter-Helm Biologics GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Pohlmeyer, Sie investieren in neue Anlagen. Sind Ihre Kapazitäten ausgeschöpft?
Dr. Kai Pohlmeyer: 2019 und 2020 waren alle unsere Kapazitäten, natürlich auch Pandemie-bedingt, so weit ausgelastet, dass wir beschlossen haben, zu investieren. Seit 2020 expandieren wir bei Kiel am Standort Bovenau und investieren hier insgesamt rund 95 Millionen EUR. Wir hatten gerade mit dem Bau der Anlagen begonnen, als der Angriffskrieg in der Ukraine ausbrach. Die Stahl-, Holz- und Betonpreise sind explodiert und wir mussten uns mit dem Thema Gasmangel beschäftigen. Diese Probleme konnten aber erfolgreich gelöst werden und haben nur zu geringfügigen Verzögerungen im Projekt geführt.
Wirtschaftsforum: Welche Phasen der Wertschöpfungskette decken Sie als Lohnhersteller für Ihre Kunden ab?
Dr. Kai Pohlmeyer: Wir sind in der Lage, ganz am Anfang der Prozessentwicklung einzusteigen. Wir können mit der Entwicklung von Produktionsstämmen bei uns im Haus beginnen und darauf den gesamten Prozess aufbauen. Falls es bereits einen Prozess gibt, optimieren und entwickeln wir die Qualität weiter. Wir bieten also Technologie und Know-how aus einer Hand an. An unseren beiden cGMP-konformen Produktionsstätten in Hannover und Bovenau produzieren wir klinische Prüfware für die Phasen eins bis drei sowie kommerzielle Ware.
Wirtschaftsforum: Was sind zurzeit Produktions- und Innovationsthemen bei Ihnen im Haus?
Dr. Kai Pohlmeyer: Wir sind technologiegetrieben, deshalb ist auch Innovation unser Antrieb. Innovation ist aber immer auch eine Frage von Investitionen, in Technologie und Maschinen und in unsere Expertise. Ein großes Thema ist Plasmid DNA, kleine zirkuläre DNA Moleküle. Hier haben wir bereits etliche Projekte zum Erfolg geführt. Aktuell gibt es einen Hype um mRNA-Impfstoffe und um die Gentherapie: Wir produzieren für beide Ansätze die DNA als Vorstufe des Wirkstoffes. Für die Herstellung von Viren, die in der Gentherapie eine Rolle spie¬len, als auch für die mRNA-Impf-stoffe wird Plasmid DNA als Startmaterial benötigt. Wir versorgen inzwischen viele namhafte Entwickler von mRNA-Impfstoffen. Unser Service konzentriert sich auf verschiedene biotechnologische Produkte, wie zum Beispiel rekombinante Proteine. Wichtig für uns sind hierbei auch kleine Antikörper, auch Nano-Bodies genannt, die nicht in einer Zellkultur, sondern in mikrobiellen Systemen hergestellt werden. Sie stammen ursprünglich aus Alpakas, und sind ob ihrer Größe für viele Indikationen besser einsetzbar. Dieses Marktprodukt ist ein Nischenprodukt. Hier können wir mit unserem gezielten Wissen punkten, da die großen Unternehmen diese Lösungen nicht von der Stange anbieten können. Wir sind hier eines der Unternehmen mit der meisten Expertise und investieren intensiv in die Entwicklung und Produktion. Aber auch Impfstoffe sind Teil unseres Servicespektrums und spielen eine große Rolle.
Wirtschaftsforum: Warum entscheiden sich Ihre Kunden für Richter-Helm Biologics als Partner?
Dr. Kai Pohlmeyer: Wir haben ein besonderes Verhältnis zu unseren Kunden. Wir betreuen unsere Kunden intensiv, transparent und auf Augenhöhe. In unserem Geschäft geht es auch immer um Vertrauen. Etliche Kunden sind seit fast 20 Jahren bei uns. Die Prozesse, um die es geht, sind komplex und man benötigt fundiertes Fachwissen. Wir verfügen über dieses Fachwissen und über viele Jahre Erfahrung und sind dadurch für unsere Kunden sozusagen die verlängerte Laborbank.
Wirtschaftsforum: Wo sehen Sie Ihr Unternehmen im internationalen Wettbewerb am Markt?
Dr. Kai Pohlmeyer: Von der Größe her zählen wir sicherlich zu den mittelgroßen Herstellern. Wir haben rund 330 Mitarbeiter an drei Standorten, entwickeln und produzieren klinische Prüfware und kommerzielle Ware. Als mittelgroßer Hersteller produzieren wir keine Blockbuster, sondern Produkte, deren Bedarf mit unseren Kapazitäten auch abgedeckt werden können.
Wirtschaftsforum: Worauf richten Sie Ihren Fokus in den kommenden Monaten?
Dr. Kai Pohlmeyer: Unser großes Thema im Jahr 2024 wird zunächst einmal die Inbetriebnahme unserer neuen Anlagen sein. Wir werden für unseren Standort in Bovenau dadurch rund 60 neue Mitarbeiter brauchen. Das ist vor dem Hintergrund des aktuellen Arbeitsmarktes eine große Herausforderung. Alle Anlagen müssen in Betreib genommen und qualifiziert werden. Wir haben bereits ab 2025 erste Kunden für diese Anlagen. Bis dahin muss alles stehen.
Wirtschaftsforum: Welches langfristige Ziel verfolgen Sie mit Richter-Helm Biologics?
Dr. Kai Pohlmeyer: Wir möchten, trotz der herausfordernden Weltwirtschaftslage, weiter nachhaltig wachsen und eine feste Größe im biotechnologischen Herstellungsmarkt werden.