„Jedes Schieferdach ist ein Kunstwerk!“
Interview mit Benedikt Egert, Geschäftsführer der Prange GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Egert, die Prange GmbH verlegt bundesweit Schieferdächer. Handwerk und Denkmalpflege gehen dabei in Ihrem Unternehmen Hand in Hand – wie viel Tradition steckt im gelebten Alltag tatsächlich in Ihrem Gewerk?
Benedikt Egert: Das von uns verarbeitete Material, das wir von der Industrie beziehen, wird inzwischen stellenweise maschinell und nicht mehr in Handarbeit hergestellt – doch darin liegt auch schon eine der größten Veränderungen der letzten Jahrzehnte. Ansonsten funktioniert unsere Arbeit ziemlich genau wie vor 100 Jahren, wobei sich daran auch im nächsten Jahrhundert wenig ändern dürfte. Sobald das Material auf das Dach verbracht wurde, folgt der Verlegungsprozess, der allein von Hand ausgeführt wird.
Dabei ist das gesamte Know-how unserer Mitarbeiter gefragt, deren unverkennbare Handschrift das Dach am Ende trägt und die der geschulte Blick sofort erkennen kann. Das macht unser Handwerk zweifellos einzigartig und faszinierend.
Wirtschaftsforum: Bei welchen Objekten engagieren Sie sich genau?
Benedikt Egert: Der Großteil unserer Tätigkeit erstreckt sich auf Sakralbauten und andere besonders exponierte historische Objekte, die sich vornehmlich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden – so haben wir kürzlich beispielsweise das Dach der Universitätsbibliothek Heidelberg neu eingedeckt. Auch an den aufwendigen Sanierungsarbeiten der Wewelsburg im Großraum Paderborn, dem architektonischen Aushängeschild des ganzen Landkreises, durften wir mitwirken – allein, weil dieses Objekt mit besonders bedeutsamen historischen Ereignissen aufgeladen ist, war dies auch für uns ein ausgenommen spannendes Projekt. Wenn wir von privaten Bauherren beauftragt werden, handelt es sich dabei schier ausnahmslos um hochwertige Objekte mit besonders weitgehenden Anforderungen an ein ansprechendes, ästhetisches Erscheinungsbild.
Wirtschaftsforum: Nur relativ wenige Dächer werden mit Schiefer eingedeckt, während nicht viele Bauunternehmen diese Arbeiten überhaupt ausführen können. Bedeutet das in der Praxis eher Auftragsmangel oder -überhang?
Benedikt Egert: Wir können bei Weitem nicht alle Aufträge annehmen, die an uns herangetragen werden – teilweise leider zum Unmut der Bauherren, mit denen wir in der Tat gerne zusammenarbeiten würden. Unsere Absagen sind im Zweifel nicht unserem Desinteresse geschuldet, sondern einzig dem Umstand, dass wir nicht über die Mitarbeiterkapazitäten verfügen, um sämtliche möglichen Projekte zielführend umzusetzen.
Wirtschaftsforum: Worauf führen Sie diesen besonders tiefgreifenden Fachkräftemangel in Ihrem Gewerk zurück?
Benedikt Egert: Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig – angefangen damit, dass es sich beim Schieferdecker um keinen gesonderten Ausbildungsberuf handelt. Die entsprechenden Kompetenzen können wir den jungen Kollegen erst in nennenswertem Umfang vermitteln, wenn sie ihre Ausbildung zum Dachdecker abgeschlossen haben, was natürlich einen entsprechend hohen Aufwand für unser Unternehmen bedeutet. Noch deutlich gewichtiger sind die gesamtgesellschaftlichen Ursachen – angefangen bei der fehlenden Wertschätzung für Handwerksberufe im Allgemeinen. Das Handwerk gilt als schmutzig, und wer mit einer schwarzen Dachdeckerhose durch die Stadt läuft, wird bisweilen sogar schief angeschaut. Das ist eine ungemein entmutigende Erfahrung – insbesondere, weil das Handwerk gerade in Deutschland das Rückgrat unserer gesamten Volkswirtschaft bildet. Hinzu treten gewisse falsche Vorstellungen in den Elternhäusern, wo oftmals gilt, dass allein der Weg aus Gymnasium, Abitur und Studium zu einem erfüllten Leben und beruflichem Erfolg führt. Die Realität sieht hingegen ganz anders aus – denn das Handwerk hat weiterhin goldenen Boden, und entsprechende Fachkräfte werden händeringend gesucht. Zudem könnte das Potenzial vieler Asylbewerber und geduldeter Ausländer viel weitreichender genutzt werden – hier wäre die Politik gefragt, entsprechend lebensnahe Regelungen einzuführen, um dies konsequent zu ermöglichen.
Wirtschaftsforum: Sie selbst haben die Prange GmbH im letzten Jahr übernommen. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Benedikt Egert: Ich bin noch den Weg des klassischen Handwerkers gegangen und habe mich nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung zum Vorarbeiter und Meister weiterqualifiziert. Dadurch habe ich mir eine entsprechende Erfahrung angeeignet, die ich nun auch in meiner Funktion als Geschäftsführer von Prange einbringen möchte. Neben der traditionellen und fachlich besonders fordernden Handwerkskunst, für die wir stehen, erlebe ich dabei insbesondere auch die tolle Zusammenarbeit in unserem Team als sehr erfüllend. Natürlich würde ich mich freuen, es noch um zusätzliche engagierte Kollegen zu erweitern.