Die Königin der Instrumente

Interview mit Hans-Peter Keller, Geschäftsführer der Orgelbau Kuhn AG

Orgelbau Kuhn baut Orgeln schon seit über 150 Jahren. Das Unternehmen verfügt über ein ausgewiesenes Team an Spezialisten in verschiedenen Bereichen, um die perfekte Verbindung von Handwerk und Virtuosität zu erreichen.

„Ich arbeite in diesem Bereich schon länger als 30 Jahre, aber ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, was mich in erster Linie an einer Tätigkeit hier anzog“, eröffnet Hans-Peter Keller. „Damals war ich fasziniert von der Kombination aus handwerklichem Können und musikalischem Wissen. Diese Faszination hat bis heute bestand.“

Kuhn baut klassische Orgeln für Kirchen und Konzertsäle. Nur selten findet sich unter den Kunden eine Privatperson. „Eine definierende Eigenschaft der Orgel ist ihre Größe“, sagt Hans-Peter Keller. „Man braucht schon einen ausreichend großen Raum mit der entsprechenden Akustik für die Musik. Deswegen ist es immer die höchste Priorität, die Orgel dem verfügbaren Platz anzupassen.“

Um dies zu erreichen, führen Kuhns Experten intensive Beratungen bei den Kunden vor Ort durch und verschaffen sich einen Überblick in dem Gebäude, in welchem die Orgel installiert werden soll.

„Zuerst müssen wir wissen, welches musikalische Leistungsspektrum für die Orgel vorgesehen ist“, sagt Hans-Peter Keller. „Dann ist es unsere Aufgabe, die Vorstellungen des Kunden mit den gegebenen Möglichkeiten zusammenzuführen. Die Schwierigkeit ist, dass die Organisten das größtmögliche Instrument haben wollen. Eines, das alles kann und zugleich vielseitig ist. Trotzdem können wir nur dasjenige bauen, was auch in den Raum passt.“ Das bedeutet, dass jede Orgel von Kuhn absolut einzigartig mit ihren besonderen Anforderungen ist.

„Wir bauen durchschnittlich eine große sowie vier kleinere Orgeln im Jahr“, gibt Hans-Peter Keller zu Protokoll. „Die Herstellung der einzelnen Komponenten dauert nur einige Monate, aber die Meetings und Gespräche vor und nach der Installation benötigen viel mehr Zeit. Die dabei getroffenen Absprachen müssen zu 100% stimmig sein, denn Fehler danach zu korrigieren ist ungemein kostspielig.“

Die Orgel ist gewöhnlich das Herzstück des Raumes und besonders bei neu errichteten Gebäuden möchte auch der Architekt bei dem Aussehen des fertigen Instruments ein Wort mitreden. Es sind viele Optionen verfügbar, die das Aussehen einer Orgel beeinflussen. Dies beginnt bei der Auswahl des Materials für die Abdeckung. Oft spielt auch die Umgebung bei der Gestaltung einer Orgel eine Rolle. „Wir arbeiten mit einer Auswahl an Materialien, die verschiedene Auswirkungen auf den Klang des Instruments haben“, erklärt Hans-Peter Keller. „Häufig verwenden wir Holz, das zum Rest des Innenraums passt.

Da jede Orgel einzigartig ist, birgt jedes Projekt eigene Herausforderungen. Ein Abschluss in Musikwissenschaft ist keine zwingende Voraussetzung für die Mitarbeiter von Kuhn, aber ein Interesse an klassischer Musik sollte vorhanden sein. Es spiegelt vielleicht das Ausmaß der Leidenschaft in der Branche wider, dass die meisten Angestellten selbst ein Instrument spielen. Menschen zu finden, die diese Tradition weitertragen, ist eine ständige Herausforderung.

„Hier in der Schweiz ist Orgelbauer ein regulärer Handwerksberuf mit einer anerkannten Ausbildung“, führt Hans-Peter Keller aus. „Wir bilden selbst im Betrieb aus, um ausreichend mit Talenten für die Zukunft versorgt zu sein.“

Etwa ein Fünftel der von Kuhn gebauten Orgeln ist für den Export bestimmt, während die Fähigkeiten als Restaurator weltweit Anklang finden. Eines der ambitioniertesten Projekte war die Restauration einer Orgel mit 127 Reihen in einer Kathedrale in Norwegen.

„Das war ein besonders spannendes Projekt, weil es eine der größten Orgeln war, an der wir jemals gearbeitet haben“, sagt Hans-Peter Keller. „Seit 1980 sind wir im Export tätig und legen dabei den Fokus auf Europa. Allerdings haben wir auch schon Orgeln zu Kunden bis nach Japan geliefert.“ Obwohl die Wachstumsraten in einem solchen Nischenmarkt eher gering sind, ist man bei dem Unternehmen zuversichtlich, was die Zukunft betrifft. „Wir sind auf dem heimischen Markt sehr bekannt und genießen auch international hohes Ansehen“, schließt der Geschäftsführer. „Wir werden so weitermachen wie bisher und dafür Sorge tragen, dass dieses besondere Handwerk weiterlebt.“

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

„Menschen abholen und mitnehmen“

Interview mit Alexander Schulze Forsthövel, Business Unit Manager der ME Engineering GmbH

„Menschen abholen und mitnehmen“

Voraussetzung für eine erfolgreiche Fertigung ist, dass Prozesse optimal laufen. Dafür sorgt die ME Engineering GmbH. In ganz Nordrhein-Westfalen bringt sie ihr Know-how in den Bereichen Prozess- und Fertigungsautomation sowie…

Einsatz für eine zukunfts-fähige Landwirtschaft

Interview mit Stephan Paulke, Geschäftsführer der EgeSun GmbH

Einsatz für eine zukunfts-fähige Landwirtschaft

Nachhaltige Biolebensmittel spielen eine immer wichtigere Rolle in unserer Gesellschaft. Im Zeitalter, in dem Umweltbewusstsein und Gesundheit einen zentralen Stellenwert einnehmen, gewinnen biologisch angebaute Lebensmittel zunehmend an Bedeutung. Die EgeSun…

Business Charter – individuell, effizient, nachhaltig

Interview mit Antonia Gilbert CCO und Darko Cvijetinovic CEO der MJet GmbH

Business Charter – individuell, effizient, nachhaltig

Die Digitalisierung ermöglicht Business-Meetings unabhängig von Raum und Zeit. Aber nicht immer kann ein Bildschirm ein persönliches Treffen ersetzen, zum Beispiel, wenn wichtige Verhandlungen oder Abschlüsse anstehen oder persönliche Beziehungen…

Spannendes aus der Region Männedorf

Smart schlafen – mit Schweizer Präzision

Interview mit Dr. Stefan Brungs, Geschäftsführer der Hilding Anders Switzerland AG

Smart schlafen – mit Schweizer Präzision

Guter Schlaf ist nicht nur für die Schönheit wichtig, sondern vor allem für Gesundheit und Wohlbefinden. Die Bico Schweiz mit Sitz im schweizerischen Schänis bietet Menschen seit 1861 mit ihren…

Zum Dahinschmelzen: Das Beste aus der Bohne

Interview mit Johannes Läderach, Geschäftsführer der Läderach (Schweiz) AG

Zum Dahinschmelzen: Das Beste aus der Bohne

Schokolade macht glücklich, heißt es. Auf die Läderach (Schweiz) AG aus Ennenda und ihre Kunden trifft das in jedem Fall zu. Seit drei Generationen macht das Schweizer Familienunternehmen aus der…

Ein Tuch zum Träumen – in Schweizer Qualität

Interview mit Maximilian Gugelot, CEO und Anita Borschberg, Chief People and Communication Officer der Weseta Textil AG

Ein Tuch zum Träumen – in Schweizer Qualität

2024 feiert die Weseta Textil AG ihr 160-jähriges Jubiläum. Gestartet als Stoffweberei, wandelte sich das Traditionsunternehmen in den 1960er-Jahren zum Hersteller von Frottierstoffen und fand so seine eigentliche Berufung. Im…

Das könnte Sie auch interessieren

Glas mit ganz eigener Note

Interview mit Prof. Dr. Andreas Buske, Inhaber und Geschäftsführer der Zwiesel Kristallglas AG

Glas mit ganz eigener Note

Das leise Klingen dünnwandiger, langstieliger Gläser ist für viele sicher das Schönste am Anstoßen. Einen besonderen Klang bringen die Kristallgläser der Zwiesel Kristallglas AG hervor – nicht umsonst ziert das…

Edle Ketten seit mehr als 111 Jahren

Interview mit Nick Binder, Marketing Director der Friedrich Binder GmbH & Co. KG

Edle Ketten seit mehr als 111 Jahren

Ist es das Vermächtnis des gelernten Kettenmachers Friedrich Binder, der das Unternehmen bis heute inspiriert? Oder ist es die Innovationskraft der mittlerweile fünften Generation, die den besonderen Reiz der Friedrich…

„Unser Fertigungswissen schafft Mehrwert“

Interview mit Nicola Vella, CEO der PWB AG

„Unser Fertigungswissen schafft Mehrwert“

Hervorgegangen aus dem Präzisions-Werkzeugbau, hat die Schweizer PWB AG in den letzten 40 Jahren ihre Kompetenzen konsequent erweitert und sich zu einem Systempartner für Kunden aus unterschiedlichen Industrien entwickelt. „Unsere…

TOP