Wir züchten das Getreide für morgen

Interview mit Alexis von Rhade, Geschäftsführer der Nordsaat Saatzucht GmbH

Wirtschaftsforum: Herr von Rhade, Nordsaat ist eines der führenden Pflanzenzuchtunternehmen im Getreidebereich. Welchen Herausforderungen müssen Sie sich stellen?

Alexis von Rhade: Die Herausforderungen der letzten Jahre haben zu deutlichen Kostensteigerungen geführt, gleichzeitig müssen wir unsere Kernaufgabe als Züchter – die Züchtung neuer Getreidearten – im Auge behalten. Und da sind wir nach wie vor stark. Wir sind ein mittelständisches Pflanzenzuchtunternehmen, aber einige unserer Züchtungen sind führend in Europa. Unsere Braugerste ‘AMIDALAʼ ist die größte Braugerste in Deutschland und in jedem dritten Bier enthalten.

Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihre Marktposition aus?

Alexis von Rhade: Der Getreidebereich ist unsere Kernkompetenz. Unser Geschäft ist sehr investitionsintensiv, denn die Entwicklungszeit unserer Produkte liegt bei 10 bis 13 Jahren. Wir müssen das komplett vorfinanzieren. Wir sind deshalb auch auf die Grundlagenforschung von Instituten des Bundes angewiesen. Wir haben die Internationalisierung stark vorangetrieben. So haben wir ein Forschungsdreieck zwischen Großbritannien, Frankreich und Deutschland mit Partnern und Zuchtprogrammen vor Ort. Sicherlich ist der Brexit dabei hinderlich. Wichtig sind aber auch andere Forschungen wie zum Beispiel eine Sonnenblumenzüchtung in Rumänien. Wir sind ein starker Partner, der durch Kooperationen die Internationalisierung die Märkte bedienen kann.

Wirtschaftsforum: Wie stellt sich Ihr Unternehmen heute dar?

Alexis von Rhade: Wir beschäftigen derzeit 120 Mitarbeiter im Bereich Pflanzenzüchtung und Landwirtschaft. Unser Unternehmen existiert seit den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Heute gibt es sieben Gesellschafter, darunter auch meinen Onkel und mich als Geschäftsführer. Im letzten Jahr konnten wir einen Umsatz von 25 Millionen EUR realisieren.

Wirtschaftsforum: Was steht bei Ihren Produkten im Vordergrund?

Alexis von Rhade: Winterweizen als weltweit größte Getreideart aber auch Braugerste und Hafer als Hochtechnologieprodukte. Die Braugerste wird für die Bierherstellung verwendet, während Hafer sich in Haferdrinks und Haferflocken findet. Hier gelten höhere Qualitätsanforderungen als beim Weizen, der ein echtes Massenprodukt mit geringeren Anforderungen aus der Lebensmittelindustrie ist. Züchterisch herausfordernd sind alle Getreidearten. Dann folgen Triticale und Wintergerste, beides wird fast nur für Futter verwendet.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielen Wetter und Klima?

Alexis von Rhade: Das sind die beiden Unbekannten. Ich kann als Beispiel unseren Standort in Sachsen-Anhalt nennen, der im Regenschatten des Harzes liegt. Hinter uns liegen drei Jahre mit maximaler Trockenheit, was ein starkes Regendefizit bedeutete. In diesem Jahr ist mehr als genug Regen gefallen, sodass die Proteinwerte in den Keller gehen, was wiederum für Probleme bei den Mehlmühlen sorgt. Insgesamt lässt sich zu Wetter und Klimawandel sagen: Es wird unbeständiger und trockener, aber wir wollen hier zukünftig weiter an Züchtungen arbeiten, die mit den sich verändernden Konditionen umgehen können.

Wirtschaftsforum: Das Thema Gentechnik ist für Sie also durchaus von Interesse?

Alexis von Rhade: Heute basiert die europäische Züchtung auf den Mendelschen Regeln. Wir dürfen so tief wie möglich mit jeder technologischen Entwicklung in die Pflanze schauen, um sie zu verstehen und beispielsweise gute Eltern für Kreuzungen zu finden. Wir als Züchter sind offen für neue Technologien, aber sie dürfen, wie derzeit von der EU geplant, nicht dazu führen, dass biologisches Material, welches auch natürlich vorkommen kann, patentiert und mit Lizenzen belegt wird. Man spricht hier von „patentblockierter Genetik“. Alle Züchter dürfen die Genetik im Sinne von „open source“ nehmen, um damit ihre Weiterentwicklung zu befeuern. Alles andere würde die Diversität und Innovationskraft sinken lassen und die Abhängigkeit von Konzernen fördern. Die Pflanzenzüchtung muss offen bleiben, um Innovationen zu gewährleisten. Die Patentierbarkeit von natürlichem Material ist ein No-Go. Neue Zuchttechnologien wie CrisprCas muss man nutzen, ohne Multis eine Plattform für Monopolisierung zu geben.

Wirtschaftsforum: Was sind für Nordsaat Innovationsthemen?

Alexis von Rhade: Wir forschen breit. Die Digitalisierung wird zum Beispiel zur Zählung von Ähren eingesetzt. In diesem Jahr haben wir das zum ersten Mal per Handy machen können. Wir etablieren gerade eine Züchtungssoftware, die alle Daten kumuliert und auswerten kann. Das Datenmanagement ist extrem wichtig und minimiert Risiken. Wir wollen Pflanzen mit Blick auf Nachhaltigkeit weiterentwickeln und gute Produkte liefern, die die Wertschöpfung für Landwirte sichern. Gute persönliche Beratung ist uns wichtig, denn den rein digitalen Einkauf wird es nie geben.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Land- & Forstwirtschaft

Die Saat geht auf

Interview mit Matthias Kühlmann, Vorstand der farmsaat AG

Die Saat geht auf

Mais, soweit das Auge reicht. Rund 2,5 Millionen Hektar Mais werden heute in Deutschland angebaut. Und das aus gutem Grund. Mais ist vielseitig nutzbar, liefert überdurchschnittliche Erträge und viel Energie…

Zertifizierung – Brücke zwischen Politik und Praxis

Interview mit Andreas Kerßens, Geschäftsführer der ACG Agrar-Control GmbH

Zertifizierung – Brücke zwischen Politik und Praxis

Die Landwirtschaft bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen immer mehr regulatorischen Vorgaben und steigenden praktischen Herausforderungen im Anbau, beziehungsweise der Zucht. Als Auditor landwirtschaftlicher Betriebe setzt die ACG Agrar-Control GmbH…

Gemüsezüchtung im Wandel der Zeit

Interview mit Kerstin Sobottka, Geschäftsführerin der Rijk Zwaan Welver GmbH

Gemüsezüchtung im Wandel der Zeit

In Zeiten von Klimawandel, Schädlingen und Krankheiten steht die Saatgutbranche vor großen Herausforderungen. Die Rijk Zwaan Welver GmbH, die deutsche Niederlassung der weltweit tätigen Rijk Zwaan Zaadteelt en Zaadhandel B.V.…

Spannendes aus der Region Landkreis Harz

Tradition und Innovation

Interview mit Christoph Canibol, Geschäftsführer der Flechtorfer Mühle Walter Thönebe GmbH

Tradition und Innovation

Als Wassermühle an der Schunter gelegen, wird die Flechtorfer Mühle urkundlich bereits im 13. Jahrhundert erwähnt. Heute zählt die Flechtorfer Mühle Walter Thönebe GmbH zu den acht größten Mühlen in…

Verlässlicher Partner in schwierigen Zeiten

Interview mit Tobias Schulze, Geschäftsführender Gesellschafter der Ingenieurbüro Zammit GmbH

Verlässlicher Partner in schwierigen Zeiten

Qualität. Qualität. Qualität. Für Tobias Schulze, Geschäftsführender Gesellschafter der Ingenieurbüro Zammit GmbH aus Salzgitter, ist vor allem Qualität der Grund, warum sich das Ingenieurbüro seit über 30 Jahren erfolgreich am…

Groß mit Süßem

Interview mit Dipl.-Ing. Volker Günnel, Direktor Vertrieb und Marketing der CHOCOTECH GmbH

Groß mit Süßem

Gummibärchen, Kaubonbons, Müsliriegel, Schaumküsse: Viele Verbraucher können dem Reiz des Süßen nur schwer widerstehen – und geben ihm regelmäßig nach. Laut Statistik sogar mehrmals in der Woche. Eine anhaltend positive…

Das könnte Sie auch interessieren

Die Zukunft der Elektromobilität gestalten

Interview mit Matthias Nett, Geschäftsführer der Allego GmbH

Die Zukunft der Elektromobilität gestalten

Die Allego GmbH mit Sitz in Berlin hat sich zum Ziel gesetzt, den Markt der Elektromobilität zu revolutionieren. Mit einem der größten Netzwerke von Ladestationen in Europa möchte das Unternehmen…

Starke Technik für schwere Aufgaben

Interview mit Alexander Kraus, Geschäftsführer der J.A. Becker & Söhne GmbH & Co.KG

Starke Technik für schwere Aufgaben

Wenn tonnenschwere Straßenbahnen oder komplexe Industrieanlagen in Bewegung gesetzt werden müssen, sind Präzision, Zuverlässigkeit und Ingenieurskunst gefragt. Genau hier setzt J.A. Becker & Söhne aus Erlenbach an. Seit über 125…

Technologie, die Lebensqualität verbessert

Interview mit Larry Jasinski, Geschäftsführer der Lifeward GmbH

Technologie, die Lebensqualität verbessert

Mobilität steht für Selbstständigkeit – für viele selbstverständlich, für andere ein verlorenes Privileg. Nach einem Unfall oder einer neurologischen Erkrankung wird der Alltag oft zur Herausforderung, physisch wie psychisch. Die…

TOP