Moderner Maschinenbauer mit Geschichte

Interview mit Falko Neubert, Geschäftsführer der Merz Aufbereitungstechnik GmbH

Mühlen und Brecher, Becherwerke, Schwingförderer, Walzenaufgeber, Dosierer, Sieb- und Klassiermaschinen – Merz bietet ein anspruchsvolles Produktportfolio. Hochwertige Aufbereitungstechnik stand immer im Fokus. „Merz wurde 1919 gegründet und ist damit einer der ältesten Maschinenbauer Baden-Württembergs“, sagt Geschäftsführer Falko Neubert. „Begonnen hat alles in einer Garage, klassisch als One-Man-Show. Gründer Karl Merz stellte schon damals innovative Maschinen für die Aufbereitungstechnik her, Siebmaschinen, Förderrinnen und -systeme, und konzentrierte sich zunächst auf die Region rund um den einstigen Standort Tiengen. Bereits zu dieser Zeit zeichneten sich die Maschinen durch eine außergewöhnliche Qualität aus.“

Von Umbrüchen und Kontinuität

Spitzenprodukte lieferte Merz auch in der Folgezeit. In den 1930er- und 1940er-Jahren besuchte das Unternehmen Messen, stellte sich international auf. 1949 kam mit Karl Heinrich Merz die zweite Generation an die Spitze des Unternehmens; unter seiner Federführung wurden neue Anwendungen im Bereich Schüttgut erschlossen, die Internationalisierung forciert, auch über die DACH-Region hinaus.

Durch Partnerschaften mit Großkonzernen wie BASF oder Krupp gingen Merz-Maschinen in das weltweite Ausland. Die dritte Generation trat 1990 mit Karlheinz Merz auf den Plan; dieser stellte die Weichen für weiteres Wachstum und eine Diversifizierung der Märkte, die nun Bausteine und Erden, Chemie, Recycling, Medizin und Food, und hier insbesondere Salz und Zucker, umfasste. Eine neue Ära begann 2019. Die Suche nach einem Nachfolger brachte Merz über die IHK in Kontakt mit der Familie Neubert.

„Wir waren auf der Suche nach einer Firma im Maschinenbau“, so Falko Neubert. „Ich selbst bin Ingenieur, meine Frau Betriebswirtschaftlerin; Merz brachte ideale Voraussetzungen mit. Karlheinz Merz verstarb leider kurz vor der Übergabe; um diese endgültig zu regeln, unterstützte uns deshalb ein Jahr lang Frau Marianne Kramer-Merz, die im Unternehmen involviert war. Dann kam Corona und stellt uns vor neue Herausforderungen. Sämtliche Messen fielen aus, persönliche Kundenbesuche waren schwierig. Trotz dieser komplizierten Rahmenbedingungen, trotz Pandemie und Übergabe, konnten wir 2020 ein hervorragendes Geschäftsjahr abschließen.“

Auch als Kunden 2021 ihr Geschäft pandemiebedingt herunterfuhren, wusste Merz die Zeit sinnvoll zu nutzen und baute die Bereiche Marketing, Vertrieb und Engineering neu auf. Mit Erfolg. Heute hat das Unternehmen 35 Mitarbeiter und setzt fünf Millionen EUR um. Ein modulares Portfolio rund um Walzenmühlen, Walzenbrecher, Backenbrecher, Siebmaschinen und Förderrinnen wird an Kundenwünsche angepasst, jede Maschine ist ein Unikat.

„Wenn es um Topqualität geht, sind wir ganz Förderrinnevorne“, betont Falko Neubert. „Unsere Produkte sind Synonym für Made in Germany, eine durchschnittliche Lebensdauer von 15 Jahren spiegelt diese Qualität wider. Sämtliche Zulieferkomponenten kommen aus Deutschland, die Fertigungstiefe liegt bei 80%. Wir können den gesamten Lifecycle einer Maschine begleiten und eine lebenslange Ersatzteilverfügbarkeit gewährleisten.“

Einzelprodukt oder Turnkey Solution

Merz setzt heute Maßstäbe. Je nach Kundenwunsch werden Einzelmaschinen oder Turnkey Solutions entwickelt. Engineering, Produktion und ein Technikum, über das 90% der Produkte verkauft werden, sind am Standort Lauchringen in Südbaden ansässig; verkauft werden die Maschinen in rund 30 Ländern auf der ganzen Welt. In Deutschland, in der Schweiz, in Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Österreich ist Merz einer der Topanbieter.

Auch in den USA, China und Russland zeigt das Maschinenbauunternehmen eine starke Präsenz. Trotz internationaler Aufstellung ist Merz für Kunden jederzeit ansprechbar – „unsere Erreichbarkeit ist hervorragend“, wie Falko Neubert unterstreicht. „Vor dem Hintergrund, dass wir sehr kundenspezifisch arbeiten, ist der enge Kontakt essenziell.“

Gutes tun und darüber sprechen

Die Kundenorientierung soll auch in Zukunft ein roter Faden der Unternehmensstrategie sein. Zum Beispiel, wenn es um Themen wie Industrie 4.0 oder innovative Antriebskonzepte geht. „Wir beschäftigen uns aktuell mit verschiedensten Themen“, sagt Falko Neubert. „Was die Maschinen in technologischer Hinsicht betrifft, arbeiten wir zum Beispiel an neuen Antriebskonzepten. Maschinen sollen in Zukunft kleiner, leichter und energieeffizienter, gleichzeitig robust und wartungsarm sein. Das Thema Nachhaltigkeit spielt für uns und für die Kunden eine immer größere Rolle. Offen sind wir auch für innovative Technologien und Trends wie die Digitalisierung. Predictive Maintenance ist in diesem Zusammenhang ein besonders interessantes Thema.“

Gleichzeitig fordern Themen wie Lieferengpässe und der Krieg in der Ukraine Merz heraus. Über Großkunden ist das Unternehmen indirekt in Russland und der Ukraine tätig und steuert Maschinen oder Komponenten bei. „Noch haben wir keine ganz großen Probleme und planen vorsichtig optimistisch“, sagt Falko Neubert. „Über eine Optimierung von Qualität, Wertschöpfung und Verfügbarkeit wollen wir solide wachsen. Das Technikum soll vergrößert werden, dafür konnten wir bereits ein Nachbargrundstück erwerben. Eventuell werden wir auch in Richtung Lohnarbeit in dem neuen und größeren Technikum gehen. Als Maschinenbauer konzentrieren wir uns auf die Verarbeitung von Metall; künftig wollen wir einen stärkeren Fokus auf den Bereich Elektrotechnik legen.“ Und noch etwas steht auf der Agenda – ein forciertes Marketing. Weil man realisiert hat, dass Merz schon immer viele gute Sachen gemacht, aber zu wenig darüber geredet hat.

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