„Menschen, die viel arbeiten, sind Leistungssportler unserer Gesellschaft“
Interview mit Marcell Jansen, Gründer und Geschäftsführer der MJ Beteiligungs GmbH

Wirtschaftsforum: Vor drei Jahren haben Sie Ihre Profikarriere als Fußballer beendet und hatten direkt einen Plan B parat. Sie wurden Teil der Geschäftsführung einer Beteiligungsgesellschaft. Inwiefern fiel Ihnen der Einstieg in diese Branche besonders leicht, obwohl Ihr Leben bis dato vom Profifußball geprägt wurde?
Marcell Jansen: Es ist jetzt genau drei Jahre her, dass ich als Profi aufgehört habe. Der Plan B hat sich bereits in meiner aktiven Zeit parallel entwickelt. Schon damals habe ich nach Dingen geschaut, die mich motivieren, die mir Spaß machen und überlegt, was eine Aufgabe, unabhängig vom Fußball, für mich wäre. Ich hatte früh mit den Themen Leistungssport, Prävention, Gesundheit und Ernährung zu tun.
Als Profi hatte ich das Glück, in diesen Bereichen immer bestens versorgt zu sein. Trotzdem war es mit Ende 20 noch immer ein Riesensprung, mit dem Fußball aufzuhören, aber das war für mich der richtige Weg. Ich wollte nicht im Ausland spielen und noch mal für zwei, drei Jahre das Geld mitnehmen. Meine Motivation war eher, Aufklärung im Gesundheitswesen zu leisten. Ich habe erkannt, dass ich den geliebten Fußball als Beruf zwar aufgeben muss, ihn aber weiterhin als Amateur ausleben kann.
Wirtschaftsforum: Inzwischen haben Sie in vier ganz unterschiedliche Unternehmen investiert. Wonach entscheiden Sie bei der MJ Beteiligung, ob ein Start-up förderungswürdig ist?
Marcell Jansen: Wir sind keine klassische Beteiligungsgesellschaft. Wir haben nicht das Budget X, das wir in unterschiedliche Firmen investieren, die uns gefallen. Insgesamt muss es einfach thematisch passen. Die wichtigsten Themen für uns sind Sport, Lifestyle und Gesundheit, wobei Digitalisierung heutzutage automatisch immer mit dabei ist.
Wir sind eine kleine Beteiligungsgesellschaft, die mitgründet. Wir von der MJ Beteiligungs GmbH packen selbst mit an, haben eine eigene Idee oder entwickeln die Idee zusammen mit Gründern. Unser Fitnessmodelabel Gymjunky zum Beispiel, ist nicht unsere Idee, die kommt von einem meiner engsten Freunde. Da haben wir in Menschen investiert, die es verstanden haben, was es bedeutet, zu investieren. Nämlich sich von morgens bis abends den Hintern aufzureißen und viele Jahre durchhalten zu können.

„Wer ein Unternehmen gründet, der muss Merkmale und Eigenschaften mitbringen, die auch im Sport wichtig sind.“ Marcell Jansen
Wirtschaftsforum: Start-up bedeutet, dass ein Unternehmen mit einer innovativen Geschäftsidee, die hohes Wachstumspotenzial hat, den Markt erobern möchte. Gibt es eine Formel für Start-ups, die Erfolge garantiert?
Marcell Jansen: Wer ein Unternehmen gründet, der muss Merkmale und Eigenschaften mitbringen, die auch im Sport wichtig sind. Es gibt Spiele, die man gewinnt und andere, die man verliert. Mal liegt man am Boden, mal steht man wieder auf. Man muss ein Teamplayer sein, man muss Mannschaftskandidat sein, also gut mit anderen klarkommen. Das bringt der Sport mit sich: Kämpfen und Durchhalten, also ein Projekt auch durchziehen zu können.
Wirtschaftsforum: Die VOX-Show „Die Höhle der Löwen“ läuft seit 2014 erfolgreich im TV, Sat.1 scheiterte im Frühjahr mit „Start up!“. Was halten Sie von solchen Gründershows im Fernsehen, sehen Sie darin Potenzial für die Bewerber?
Marcell Jansen: Prinzipiell finde ich solche Shows gut, denn Gründen hat mit Visionen, Kreativität, Mut, Inspiration und auch einer gewissen Leidenschaft zu tun. Und meine Leidenschaft war zum Beispiel Gesundheit und Lifestyle. Nicht nur, weil das ein extrem wachsender Markt ist. Der steckt aber noch in den Kinderschuhen und da wird in Zukunft noch einiges passieren.
„Der Hauptgrund, warum ich gründe und investiere: Ich möchte Probleme der Gesellschaft lösen, ihr etwas zurückgeben und Arbeitsplätze schaffen.“ Marcell Jansen

Wirtschaftsforum: Was bewegt Sie denn dazu, in Unternehmen zu investieren?
Marcell Jansen: Der Hauptgrund, warum ich gründe und investiere: Ich möchte Probleme der Gesellschaft lösen, ihr etwas zurückgeben und Arbeitsplätze schaffen. Viele, die jahrelang hart arbeiten, wissen zum Beispiel gar nicht, welche gesundheitlichen Folgen lauern. Denn eigentlich sind die Menschen, die viel arbeiten, die Leistungssportler unserer Gesellschaft. Und die arbeiten heute vor allem in der Gastronomie, Hotels, im gesamten Dienstleistungssektor.
Ich kenne das zu gut von meinen Eltern. Meine Mutter war bei Aldi im Lager tätig, mein Vater in der Warenannahme bei Kaisers Tengelmann, die haben 30 Jahre lang immer hart gearbeitet. Als ich mich dann als Profi mit 19 mit den Gesundheitsthemen beschäftigt habe, tat es mir im Herzen so weh, zu sehen, wie meine Eltern jeden Tag schuften und nicht den Service über gesundheitliche Aufklärung bekommen. Arbeitende Menschen werden von der Gesellschaft nicht so behandelt und versorgt wie Bundesligaspieler.
Ich möchte Menschen Anlaufstellen bieten, zum Beispiel mit dem Lifestyle-Sanitätshaus S´tatics. Dorthin kommen alle HSV-Spieler, einige Nationalspieler und eben ganz normale Menschen, die jeden Tag hart arbeiten. Alle Produkte sind bezahlbar. Und wer Healthy Fast Food möchte, bekommt bei Ben Green gesundes Essen. Ihr müsst euch danach nicht direkt hinlegen oder am Arbeitsplatz ein halbes Nickerchen halten, um das schwere Essen zu verdauen. (lacht)

„Jeder dritte Deutsche ist zu dick, Tendenz steigend. Das liegt aber nicht allein an den Menschen, das liegt am Essensangebot.“ Marcell Jansen
Wirtschaftsforum: Vier Unternehmen gehören schon zur MJ Beteiligungs GmbH. Welche Projekte stehen in naher Zukunft noch an?
Marcell Jansen: Wir planen, Ben Green nach Hamburg zu holen. Unsere Speisen dort sind gesund. Wir klären über Gesundheit oder das Thema Essen auf. Jeder dritte Deutsche ist zu dick, Tendenz steigend. Das liegt aber nicht allein an den Menschen, das liegt am Essensangebot. Das Angebot ist einfach nicht gut, gerade wenn man wenig Zeit hat. Es gibt zwar einzelne Läden mit gesundem Essen, meist aber mit wenig Plätzen, keiner großen Auswahl an Speisen und oft nur kalten Snacks.
Deshalb haben wir Ben Green gegründet, um Menschen zu helfen, gesünder zu essen. Die Pilotphase am Flughafen Köln-Bonn ist beendet. Wir wollten viel Feedback sammeln und herausfinden: Wie kommt das Essen an? Das Feedback ist sehr gut. Nun ist der nächste Schritt, eine Filiale in Hamburg zu eröffnen.
Wir wollen auch den Sanitätsdienst S´tatics weiter ausrollen und bauen derzeit unsere Produktion in Hamburg aus. Im Moment arbeiten wir viel mit Unternehmen zusammen oder treten an Sportvereine heran und stellen unser Konzept vor. Aber auch unsere Leistungssportler der Gesellschaft wollen wir erreichen.
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Interview: Vera Gaidies Portrait-Fotos: Jenn Werner, Action-Fotos: HSV III, Foto S´tatics: Marcell Jansen