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Interview mit Jan-Hendrik Wilming, Geschäftsführer und Gesellschafter der Lohner Kunststoffrecycling GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Wilming, wann und wie begann die Geschichte von LKR?

Jan-Hendrik Wilming: Das Unternehmen wurde 1992 in Lohne gegründet, um Kunststoffabfälle der örtlichen Industrie aufzubereiten. 1999 waren die Kapazitätsgrenzen am Standort erreicht, sodass ein Neubau in Vechta geplant und 2001 bezogen wurde. Von ursprünglich 24.000 m² haben wir uns dadurch auf 70.000 m² vergrößert. Ein wichtiger Schritt war 2018 der Einstieg der REMONDIS-Gruppe als Mehrheitsgesellschafter. Das war für mich keine finanzielle, sondern eine strategische Entscheidung.

Wirtschaftsforum: Warum war diese Entscheidung so wichtig?

Jan-Hendrik Wilming: Wir wachsen so stark, dass es für uns mit einem international agierenden Unternehmen im Rücken einfacher ist. REMONDIS lebt den mittelständischen Gedanken. Die Entscheidung war goldrichtig. Wir vergrößern uns in Vechta wieder und möchten uns auch in Richtung Süden erweitern.

Wirtschaftsforum: Wie ist die aktuelle Situation des Unternehmens, auch in Anbetracht der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie?

Jan-Hendrik Wilming: 2020 war nicht gerade eines unserer schönsten Jahre. Preise und Absatzmengen sind deutlich gesunken, viele Betriebe hatten Kurzarbeit. Das Jahr hatte aber positive Auswirkungen: Die Wirtschaft ist in dieser Zeit resistenter geworden. Der geringen Nachfrage folgt eine Materialknappheit, die Preise verdoppeln sich. Die Wirtschaft fährt wieder hoch.

Wirtschaftsforum: Wo steht LKR auf dem Markt?

Jan-Hendrik Wilming: Unser Jahresumsatz liegt bei 16 Millionen EUR. Mit unseren rund 100 Mitarbeitern, dem Maschinenpark und der Fähigkeit, über 150 verschiedene Sorten Polymere zu verarbeiten, sind wir in Deutschland einer der ganz wenigen.

Wirtschaftsforum: Woher stammen diese Polymere?

Jan-Hendrik Wilming: Es handelt sich um den Ausschuss, der bei Verarbeitern und Herstellern anfällt. Früher wurde er verbrannt. Wir machen zu 70% Lohnarbeit, übernehmen also den Ausschuss, bereiten ihn auf und liefern die fertigen Rohstoffe wieder an die Unternehmen zurück. Denn die beste Wertschöpfung erreicht man, wenn der recycelte Kunststoff wieder im selben Bereich eingesetzt wird, aus dem er kommt. Das Material muss dann nicht umgebaut werden. Der Recyclingkunststoff erfüllt die gleichen Ansprüche wie Neukunststoff. Neben der Lohnarbeit übernehmen wir von denselben Lieferanten auch Kunststoffe, die aus Qualitäts- oder Sicherheitsgründen nicht wieder in die Produktion zurückgeführt werden dürfen. Wir kaufen sie auf, bereiten sie auf und verkaufen sie weltweit. Wegen Corona machen wir aber im Moment mehr Lohnarbeit.

Wirtschaftsforum: Mit welchen Eigenschaften überzeugen Sie Ihre Kunden?

Jan-Hendrik Wilming: Einer unserer USPs ist unsere unkomplizierte Zuverlässigkeit. Wir sind sehr handlungsfähig, da wir schnell Entscheidungen treffen. Jedes neue Kundenprojekt bedarf einer neuen Anlagentechnik, und die können wir schnell gewährleisten.

„Die Wirtschaft ist im Laufe der Pandemie resistenter geworden.“ Jan-Hendrik WilmingGeschäftsführer und Gesellschafter
Jan-Hendrik Wilming, Geschäftsführer und Gesellschafter der Lohner Kunststoffrecycling GmbH

Wirtschaftsforum: Nachhaltigkeit ist ein großes Thema. Ihre Branche müsste also eine goldene Zukunft haben?

Jan-Hendrik Wilming: Wir bewegen uns definitiv auf einem Zukunftsmarkt mit Steigerungspotenzial. Die Wirtschaft erkennt gerade, wie wichtig der nachhaltige Umgang mit Ressourcen und das hochwertige Recycling sind. Der Verbraucher will Produkte aus Recyclingkunststoffen und die Industrie setzt verstärkt darauf. Wir werden auch in Zukunft geschlossene Materialkreisläufe mit und für unsere Kunden ausbauen. Die Politik muss allerdings derartige auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Vorhaben ermöglichen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Investitionssicherheit schaffen.

Wirtschaftsforum: Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach ausschlaggebend für den Erfolg des Unternehmens?

Jan-Hendrik Wilming: Vor allem harte Arbeit, unsere breite Aufstellung und unser extrem motiviertes Team. Die Leute machen ihren Job gern, was sich sehr positiv in der Qualität ihrer Arbeit widerspiegelt. Nur dadurch war eine so erfolgreiche Entwicklung möglich. Ich bin seit 1995 im Unternehmen und seit 1996 Geschäftsführer und Gesellschafter. Zu dieser Zeit hatte der Betrieb vier Mitarbeiter und hat Verluste gemacht.

Wirtschaftsforum: Was erwarten Sie für die Zukunft?

Jan-Hendrik Wilming: 2021 wird wahrscheinlich unser Jahr mit dem höchsten Investitionsvolumen ever. Ein Meilenstein wird der Aufbau eines zweiten Standortes sein. Für die nächsten fünf Jahre sehe ich die Lage sehr positiv angesichts der Gesetzgebung und eines Umdenkens beim Verbraucher. Wir sind eine Industrie, die Anerkennung genießt und die benötigt wird, um nachhaltig leben zu können.

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