Im Herzen des Herzschrittmachers
Interview mit Dr. Jens Werner, Geschäftsführer der Litronik Batterietechnologie GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Werner, Sie sind erst seit wenigen Wochen als Geschäftsführer an Bord der Litronik Batterietechnologie GmbH. Was hat Sie zu dem Wechsel bewogen?
Dr. Jens Werner: Vor meiner derzeitigen Tätigkeit war ich zuletzt zehn Jahre lang Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens für Kunststoffprodukte aus der Automobilbranche, wo bekanntermaßen ein hoher Kostendruck herrscht und dementsprechend starke Optimierungsbemühungen das Geschehen prägen.
Da aufgrund der umfassenden technologischen Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Medizintechnik ein ähnlich forderndes Marktumfeld zu erwarten ist, möchte ich die Dynamik, die ich aus dem Automotive-Sektor kenne, nun entsprechend bei Litronik einbringen, um unser Unternehmen fit für die Zukunft zu machen.
Wirtschaftsforum: Auf der inhaltlichen Ebene dürfte eine unbestreitbare Schnittmenge zur Automobilindustrie bestehen: Vieles dreht sich um die Weiterentwicklung der Batterietechnologie!
Dr. Jens Werner: In diesem Punkt sind sich Automotive und Medtech so nah und doch so fern. Schon seit mehr als 30 Jahren konzentriert sich Litronik auf die Herstellung von Batterien für implantierbare Herzschrittmacher, worauf auch heute noch der überwiegende Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit liegt. 1993 wurde das Produktportfolio um Batterien für implantierbare Defibrillatoren erweitert, 2014 folgten schließlich entsprechende Lösungen für Implantierbare Herzmonitore (ICM), die das Herz-Kreislauf-System im menschlichen Körper überwachen und die dabei gewonnenen Daten drahtlos zum Patienten und dem behandelnden Arzt ‘nach außen’ kommunizieren! Mit der Batterieentwicklung in der Automobilbranche haben diese spezifischen Technologien jedoch wenig gemein. Zum einen sind die Ansprüche um ein Vielfaches höher: So müssen unsere Produkte 15 Jahre lang in einem äußerst engen Korridor technischer Grenzwerte ohne jeglichen Ausfall ihren Dienst verrichten, da an dieser tadellosen Funktion letzten Endes das Leben der Patienten hängt. Schon in frühen Entwicklungsstadien müssen wir diese absolute Verlässlichkeit zusammen mit unseren Partnern entlang der Herstellkette bis zum fertigen Produkt herstellen. Dies geschieht durch Ermusterbatterien und weitere Versuchsteile auch zweifelsfrei nachweisen können. Diese besonders hohen Anforderungen und die damit einhergehenden umfassenden Zulassungsverfahren führen ferner zu wesentlich längeren Entwicklungszyklen als im Automotive-Bereich: In der Medtech-Industrie kann da bisweilen mehr als ein ganzes Jahrzehnt vergehen. Trotzdem sind Flexibilität und agile Prozesse gefragt, denn nicht zuletzt bringt die Zukunft neue technologische Möglichkeiten mit sich.
Wirtschaftsforum: Welche Impulse erwarten Sie an dieser Stelle?
Dr. Jens Werner: Als Litronik im Jahre 1990 in seiner heutigen Form gegründet wurde, hatten wir gerade einmal 28 Mitarbeiter – heute arbeiten über 350 Menschen für uns und noch einmal circa 600 weitere für die übrigen Unternehmen in der MST-Gruppe. Dieses starke kontinuierliche Wachstum zeigt, dass der Bedarf an unseren Produkten generell zunimmt; ein Trend, der sich auch in der Zukunft fortsetzen wird. Dabei können wir zahlreiche weitere Wachstumsfelder erkennen, etwa bei Neurostimulatoren, die zur Schmerzlinderung oder zur Unterstützung verschiedener Muskelfunktionen bei neurodegenerativen Erkrankungen beitragen können, sowie bei implantierbaren Insulinüberwachungsgeräten für Diabetiker und in einigen weiteren Anwendungsfeldern.
Wirtschaftsforum: Welche Themen treiben Sie dabei um?
Dr. Jens Werner: Aus meiner Sicht müssen wir in Deutschland mehr dafür tun, dass die Hochtechnologie in Europa perspektivisch gesichert bleibt. Dazu müssten unsere Exportkontrollvorschriften mitunter viel stringenter angewendet werden, und zwar nicht nur in Bezug auf die eigentlichen Produkte und Maschinen, sondern ebenso im Hinblick auf das dahinterliegende Wissen und die Technologie. Denn darin liegt letzten Endes die Keimzelle unserer Wettbewerbsfähigkeit.