Knet-Technologie ʻMade in Switzerland’
Interview mit Karsten Güdemann (CEO), Eberhard Kühlbrey (Managing Director Sales) und Roland Kunkel (Manager Polymers) der LIST Technology AG
Wirtschaftsforum: Herr Güdemann, Herr Kühlbrey, Herr Kunkel, was ist heute das Kerngeschäft von LIST Technology und wo sehen Sie sich damit am Markt?
Karsten Güdemann: Bei uns dreht sich alles um Produkte und Lösungen für industrielles Kneten, Mixen und Trocknen. Im Bereich der Industriekneter sind wir unangefochten die Nummer 1. Wir sind in der Lage, von der Reagenzglasgröße bis zu industrialisierten World-Scale-Anlagen alle Größenordnungen zu liefern und unsere Kunden über Jahre zu begleiten. Dabei zeichnet uns aus, dass wir Ansprechpartner zu allen fachspezifischen Bereichen haben.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt dabei das Thema Nachhaltigkeit für LIST Technology?
Roland Kunkel: Die Circular Economy, also die Kreislaufwirtschaft, ist ein neues Schwerpunktthema für uns. Die Chemieindustrie arbeitet an der Rücknahme von Polymeren und will diese zurück in den Kreislauf bringen. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze, wie zum Beispiel physikalisches oder chemisches Recycling. Dafür liefern wir die technologischen Lösungen. Die Recyclate sind dann Ausgangsstoffe für Polymere mit den identischen Eigenschaften des ursprünglichen Produkts. Die Chemieunternehmen wollen alle CO2-neutral werden. Im Zuge des EU Green Deals müssen sie ihre Rohstoffkreisläufe schließen.
Wirtschaftsforum: Was sind die Vorteile Ihrer Technologie im Vergleich zu anderen?
Roland Kunkel: Wir haben extrem hohe Rückgewinnungsraten, mit Ausbeuten zwischen 90 und 95%. Zudem können wir industrielle Anlagen auslegen, die bis zu 10 t/h in einer Linie recyceln. Recycelte Rohstoffe haben keine gleichbleibende Qualität. Das Rohmaterial hat Schwankungen. Unsere Kneter können diese Schwankungen abfangen und gleichmäßige Qualität des Wertstoffs generieren, zum Beispiel im Vergleich zu Rührkesseln und Extrudern. Kreislaufwirtschaft wird für dieses Jahrzehnt sehr wichtig werden.
Wirtschaftsforum: Mit welchen weiteren Innovationsthemen beschäftigen Sie sich noch?
Roland Kunkel: Wir beschäftigen uns mit Regeneratfasern, also mit cellulosebasierten Fasern. Für die Textilindustrie bieten wir eine Technologie an, mit der Spinnlösung aus verschiedensten Zellulosen (Holz, Hanf, Bambus, recyclierte Baumwolle, usw. ) hergestellt werden kann. Auch hier sind ökologisch vertretbare Ansätze gefragt. Baumwolle ist am Limit und man braucht andere nachwachsende oder recycelte Rohstoffe.
Eberhard Kühlbrey: Immer mehr Textilunternehmen nehmen alte Kleidung zurück und bereiten diese wieder auf. Die Baumwolle wird dabei vom Kunststoff vorgetrennt und es werden neue spinnbare Fasern gewonnen. In diese Wiederverwertungskette bringen wir uns ein.
Wirtschaftsforum: Was sind aktuell Ihre wichtigsten Branchen und Märkte?
Eberhard Kühlbrey: Chemie und Polymere sind unsere Hauptmärkte. Darüber hinaus sind wir in den Bereichen Pharmazie, Food und Energie sowie Farben und Beschichtungen aktiv. Regional gesprochen sind wir in Asien sehr stark. Der Markt dort wird getrieben von Korea, China und auch Indien. Aktuell konzentrieren wir uns vor allem auf den koreanischen Markt. Die USA holen verschiedene Industrien wieder zurück. Hier scheinen sich deshalb auch neue Möglichkeiten zu bieten. Auch in Russland tun sich attraktive Perspektiven auf.
Wirtschaftsforum: Was unterscheidet LIST Technology und Ihre Lösungen von anderen Anbietern? Warum entscheiden sich die Kunden für Sie?
Karsten Güdemann: Wir liefern echte Qualität. Unsere Maschinen haben nur geringe Stand- und Ausfallzeiten. Sie sind robust und werden alt. Sie laufen mit einem geringen Maß an Wartung fast das ganze Jahr durch. Zudem können wir, wie bereits beschrieben, unterschiedlichste Größenordnungen bedienen und mit unseren Kunden auf Augenhöhe sprechen - zum Beispiel über die Chemie der Polymerketten ebenso wie über das Engineering der Industrieanlage oder die Optimierung der industriellen Produktion.
Wirtschaftsforum: Was sind Ihre großen Themen für das Jahr 2022?
Karsten Güdemann: Aktuell ist Korea für uns wichtig. Hier etablieren wir gerade ein Testzentrum, in dem die Kunden ihre Produkte und Verfahren testen und entwickeln können. In der Schweiz haben wir bereits ein solches Zentrum. Darüber hinaus werden wir unsere Entwicklungsthemen weiter vorantreiben. Der Recycling-Bereich wird auf jeden Fall wachsen. Wir denken auch an weiteres Wachstum und eruieren zurzeit unterschiedliche Firmen für mögliche Zukäufe. Dies können Unternehmen mit einem komplementären Angebot oder im weitesten Sinne auch Marktbegleiter sein. Wir möchten wachsen, aber nicht um jeden Preis. Ein limitierender Faktor für unser Wachstum ist natürlich der Mangel an Talenten am Arbeitsmarkt, der sich durch die gesamte Fertigung zieht. Zudem brauchen wir auch Nachwuchs im technologischen Bereich, gute Ingenieure zum Beispiel. Der Fachkräftemangel wird eine zentrale Herausforderung für die nächsten Jahre.