Das Beste aus zwei Welten
Interview mit Jörg Ulrich, CEO und CFO der Linde Hydraulics GmbH & Co. KG

Linde Hydraulics ist ein deutsches Traditionsunternehmen mit langer Geschichte. Die nahm ihren Anfang, als Carl von Linde, Hugo Güldner und Georg von Krauß in München 1904 die Güldner Motoren-Werke gründeten. Drei Jahre später zog die Firma nach Aschaffenburg, wo sich noch heute der Unternehmenssitz befindet.
Linde Hydraulics, 1958 ins Leben gerufen, agierte zunächst als spezialisierter Unternehmensbereich der aus den Motorenwerken hervorgegangenen Linde Material Handling. Diese wurde 2006 Teil der Kion-Gruppe. 2012 wurde Weichai Power, eines der führenden Unternehmen in der Nutzfahrzeug-Zulieferbranche in China, Hauptgesellschafter. Gleichzeitig wurde Linde Hydraulics zum eigenständigen Unternehmen. Damit begann eine neue Ära.
„Mit Weichai Power und der ebenfalls nach wie vor beteiligten Kion-Gruppe haben wir zwei wichtige Partner“, sagt der CEO und CFO, Dr. Jörg Ulrich. 25% ihres Jahresumsatzes von rund 300 Millionen EUR macht die Firma heute in den USA und in China. „Dank Weichai Power konnten wir den Markt in China deutlich ausweiten. Oft hört man kritische Stimmen gegenüber chinesischen Partnern. Wir können diese Skepsis nicht bestätigen. Finanziell wie wirtschaftlich arbeiten wir hervorragend zusammen und bedienen uns der Stärken beider Welten.“
Er erläutert, wie das aussieht: „Wir lernen viel voneinander. Da steht auf der einen Seite die Schnelligkeit und Flexibilität unserer chinesischen Kollegen – dem gegenüber das Erfahrungspotenzial unserer deutschen Mitarbeiter. Ein Entwicklungsprozess muss jetzt nicht mehr drei oder vier Jahre dauern, sondern lässt sich durchaus unter Wahrung unserer hohen Qualitätsmaßstäbe auf zwei Jahre reduzieren“, berichtet der CEO und betont: „Wir führen das Beste aus zwei Welten und Kulturen zusammen.“ 1.600 Mitarbeiter sind heute weltweit für Linde Hydraulics im Einsatz, 1.200 davon in Deutschland.

„Es ist eine echte Herausforderung, sowohl aus der deutschen als auch aus der chinesischen Geschäftskultur eine neue, Linde Hydraulics eigene, internationale und weltoffene Firmenkultur zu entwickeln. Dieser Prozess braucht Zeit, viel Kommunikation und ist häufig auch ein sensibler Balanceakt.“ Jörg UlrichCEO und CFO
Neue Wege erschließen
Das Portfolio wurde mit Beginn der Eigenständigkeit deutlich ausgeweitet. Mit Schrägachsenmotoren haben die Hydraulikspezialisten ein neues Feld betreten. Ihr Hauptgeschäft liegt mit 80% im Bereich der Hochdruckpumpen und -motoren. Die Ventiltechnik macht circa 20% des Geschäfts aus.
Jörg Ulrich kam 2010 zum Unternehmen, nachdem er zuvor in der Kion-Gruppe beschäftigt gewesen war. Nach der rechtlichen Verselbstständigung und einer notwendigen Restrukturierung der Firma in den Jahren 2014/2015 sieht Jörg Ulrich die größte Herausforderung nun im Angang notwendiger Innovationsschritte, der fortlaufenden Effizienzsteigerung bei gleichzeitig hohem Neuprojekt- und Wachstumsdruck.
„Es gilt, trotz Schnelllebigkeit und Volatilität der Märkte fortlaufend für Planungssicherheit zu sorgen. Drei bis fünf Jahre Produktentwicklung können wir uns heute nicht mehr leisten. Die Bedarfe unserer Kunden sind deutlich kurzfristiger, gleichzeitig erleben wir einen erheblichen technologischen Wandel in der mobilen Hochdruckhydraulik. Darauf werden wir uns mit noch mehr Fokus auf Elektrifizierung und smarte hydraulische Lösungen einstellen müssen“, führt er aus. Auch Bedarf und Risiken abzuwägen, sei nicht immer einfach.
Seine Aufgaben als CEO sind auch noch anderer Natur: „Es ist eine echte Herausforderung, sowohl aus der deutschen als auch der chinesischen Geschäftskultur eine neue, Linde Hydraulics eigene, internationale und weltoffene Firmenkultur zu entwickeln. Dieser Prozess braucht Zeit, viel Kommunikation und ist häufig auch ein sensibler Balanceakt. Trotz Traditionsindustrie fühlt man sich in einer Pionierrolle, was deutsch-chinesische Zusammenarbeit angeht.“
Sein Ziel ist, die Wachstumsphase des Unternehmens solide fortzusetzen und die Agilität im Unternehmen zu steigern. „Dazu wollen wir Bewerber mit ähnlichem Spirit und Mindset gewinnen im Interesse unserer Kunden und der sich permanent verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der Linde Hydraulics“, so Jörg Ulrich.