Altes wahren, Neues wagen
Interview mit Marco Laurini, Geschäftsführer der Laurini Officine Meccaniche Srl
Wirtschaftsforum: Herr Laurini, Sie produzieren seit vielen Jahren Maschinen, vor allem Erdbewegungsmaschinen und Pipeline-Equipment, die unter anderem in Tunneln in Saudi-Arabien eingesetzt werden. Wie hat ein Familienunternehmen aus Busseto es geschafft, zu einem Global Player zu werden, dessen Auftragsbücher selbst in Zeiten einer Pandemie voll sind?
Marco Laurini: Das war ein langer Weg, der mit der Unternehmensgründung 1955 durch meinen Vater Ludovico Laurini begann. Neben der Qualität der Maschinen, die für uns immer oberste Priorität hat, verdanken wir unseren internationalen Erfolg vor allem der Tatsache, dass wir unseren Kunden zuhören und alles daransetzen, ihre Probleme zu lösen. 50% unseres Umsatzes erzielen wir mit Spezialmaschinen, mit Maschinen, die ganz bestimmte Problematiken lösen. Jeder Kunde und jede Baustelle hat andere Anforderungen; darauf stellen wir uns ein. Auf der anderen Seite gibt es bewährte Bestseller wie Vulcano; seit 2000 haben wir 51 Maschinen dieses Modells verkauft.
Wirtschaftsforum: Sie selbst sind seit 40 Jahren im Unternehmen, haben das Metier von der Pike auf gelernt. Wie haben Sie die Entwicklung des Unternehmens erlebt?
Marco Laurini: Ich hatte immer den Wunsch, eine eigene Marke zu kreieren. 1995 haben wir tatsächlich unsere erste Maschine der Marke Laurini entwickelt, eine Crushing-Padding-Maschine für die Pipeline-Industrie mit Namen ʻGrubʼ. ʻGrubʼ hat sich schnell bei der Verlegung von Pipelines bewährt und uns die Türen für den internationalen Markt geöffnet. Unser erster Kunde setzte die Maschine international ein, sodass wir viele Anfragen bekamen, auch von Mitbewerbern, die für uns als Händler fungieren wollten. Bis heute ist ʻGrubʼ ein Klassiker; nur der Motor hat sich verändert, um aktuellen Normen zu entsprechen.
Wirtschaftsforum: Welche weiteren Produkt-Highlights sind im Laufe der Zeit hinzugekommen?
Marco Laurini: Wir haben immer wieder neue Maschinen auf den Markt gebracht, gleichzeitig unser Ingenieurbüro ausgebaut, um effizienter arbeiten und zum Beispiel auch 3-D-Animationen machen zu können. Die Diversifizierung war ein wichtiger Boost. Neben dem traditionellen Schwerpunkt der Padding-Maschinen für den Pipeline-Sektor haben wir in neuen Segmenten Fuß gefasst. Wir bauen zum Beispiel Bagger zu Abrissmaschinen um; es war eine riskante Entscheidung, die sich aber gelohnt hat.
Wirtschaftsforum: Wie sieht das genau aus?
Marco Laurini: Kunden bringen uns neue Bagger, wir verändern sie gemäß ihren Vorstellungen; bringen zum Beispiel einen langen Arm an oder eine kippbare Fahrerkabine. Dieser Bereich wächst sehr dynamisch. Momentan haben wir den Auftrag, den größten Abrissbagger, der je in Europa gefertigt wurde, zu realisieren; einen Caterpillar-Bagger, der kundenspezifisch modifiziert wird. Für uns ist der Auftrag von besonderer Bedeutung, weil er zeigt, dass wir das Vertrauen des Marktes in kurzer Zeit gewonnen haben.
Wirtschaftsforum: Laurini ist bereits unter den Top 5-Konstrukteuren Europas. Wie ist das Unternehmen personell aufgestellt, um dieses schnelle Wachstum zu begleiten? Und drückt sich der Erfolg im Umsatz aus?
Marco Laurini: Wir haben momentan 60 Mitarbeiter, davon sind zehn in der Entwicklungsabteilung tätig. Trotz Pandemie konnten wir einen Umsatzzuwachs von 25% verzeichnen und die 20-Millionen-EUR-Grenze überschreiten. Mit den neuen Abrissmaschinen haben sich die Produktgewichtungen verschoben. Letztes Jahr trugen Maschinen für den Pipeline-Markt 90% zum Umsatz bei, Abrissmaschinen 10%, heute ist das Verhältnis 70 zu 30%.
Wirtschaftsforum: Werden Sie diesen Bereich in Zukunft weiter ausbauen? Wie sehen generell Zukunftspläne aus?
Marco Laurini: Wir haben verschiedene Projekte in der Pipeline und sehen optimistisch nach vorn. Anfang des Jahres haben wir eine neue Traktoren-Produktlinie unter dem Namen ʻSansOneʼ auf den Markt gebracht, die sich durch verschiedene Features abhebt. Den Traktor mit Seitenarm gibt es in drei Varianten, für 100, 70 und 45 t. Alle Modelle sind so konstruiert, dass der Fahrer ein 360-Grad-Sichtfeld hat; die Sitze sind flexibel drehbar, sodass der Fahrer nicht länger seinen Kopf drehen muss, um einen Überblick zu bekommen, sondern sich bequem mit dem ganzen Sitz dreht. In einem anderen Projekt geht es um Elektroantriebe; wir entwickeln momentan eine Maschine für einen Kunden aus Saudi-Arabien – die ʻTunnel Goatʼ muss in einem sehr begrenzten Raum schwere Rohre transportieren. Aus dieser Arbeit heraus haben wir in einem weiteren Schritt elektrische Raupenschlepper entwickelt, deren Markteinführung für August geplant ist. Wir sind in dem Bereich die Nummer 1 im Pipeline-Markt. Um unsere Marktposition zu konsolidieren und weiter zu wachsen, investieren wir fünf Millionen EUR in neue Produktionsanlagen und stellen gleichzeitig 20 neue Mitarbeiter ein. Gewinne zu reinvestieren, hat bei Laurini Tradition; daran wird sich nichts ändern.