Wie man erfolgreich eine Nische in der Autoindustrie bedient

Interview mit Christian Kümmel, Geschäftsführer der Kümmel Fahrzeugteile GmbH & Co. KG

Die Kümmel Fahrzeugteile GmbH & Co. KG ist ein inhabergeführtes, mittelständisches Unternehmen, das sich auf die Produktion von Innenausstattung für Fahrzeuge spezialisiert hat. Der Familienbetrieb in 4. Generation ist Zulieferer von namhaften Tier-1- und Tier-2-Lieferanten für die Automobilindustrie.

Die Kernkompetenzen von Kümmel Fahrzeugteile sind Stanzen, Nähen, Polstern, Kaschieren, Perforieren, Front- und Hinterschäumen sowie die Herstellung von PUR-Formteilen.

„Wir produzieren Anbauteile für Türverkleidungen, Mittelkonsolen, Kopfstützen, Spaltabdeckungen, kaschierte Anbauteile für Instrumententafeln, Säulenverkleidungen und vieles mehr“, beschreibt Geschäftsführer Christian Kümmel das große Leistungsspektrum.

Für die verschiedenen Produkte werden zahlreiche unterschiedliche Materialien verarbeitet, wie Abstandsgewirke, Alcantara, Carbon, Folien, Leder und Kunstleder, Metallteile und Schweißgruppen, Naturfaserwerkstoffe, PUR-Schaum, Spritzgussteile, Teppich und andere Textilien.

Gefragt nach den Gründen für den Erfolg, antwortet Christian Kümmel: „Es ist ein schnelllebiges Geschäft, in dem wir stets äußerst flexibel auf individuelle Kundenwünsche eingehen. Außerdem bieten wir unseren Kunden ein Rundum-sorglos-Paket. Unser Interesse ist immer, dass sich der Kunde keine Sorgen machen muss und ein perfektes Produkt erhält.“

Neu gegründet nach der Wende

Kümmel Fahrzeugteile blickt auf nahezu ein volles Jahrhundert erfolgreicher Firmengeschichte zurück. Gegründet wurde das Unternehmen von Bruno Gräfendorf, dem Urgroßvater des aktuellen Geschäftsführers, und seinem Bruder Paul im Jahr 1925. Der Fokus lag damals auf der Herstellung von Seilerwaren und Netzen; später kamen Taschen und Beutel hinzu.

Durch den technischen Fortschritt hätten sich Ende der 1950er-Jahre erste Verbindungen zum Automobilbau ergeben, so Christian Kümmel. „1960 haben wir die ersten Projekte für verschiedene Automarken entwickelt: Türtaschen, Sonnenblenden und Armauflagen.“

In den 1970er- Jahren kam die Verarbeitung von Polyurethanschaum mit eigenen Patenten dazu. Im Jahr 1972 wurde die Firma als Volkseigener Betrieb komplett verstaatlicht und an ein Kombinat angegliedert. „Nach der Wende haben meine Eltern das Unternehmen reprivatisiert“, erklärt Christian Kümmel. In der Folge wurde der Betrieb 1991 in den alten Räumen neu gegründet als Kümmel Fahrzeugteile.

Neben der Übernahme von Aufträgen für die Fahrzeugmarken Wartburg und Trabant wurden im Anschluss erste Kontakte zu VW aufgebaut. Zugleich erfolgte der Einstieg in die Echtlederkaschierung und die Orientierung auf gehobene Innenausstattung. „Wir haben damals für erste Kunden hinter der hessischen Grenze Echtlederverkleidungen für den Golf III gefertigt“, erläutert Christian Kümmel.

Neben VW und Volvo habe man in der Zeit auch für die MÖVE Fahrzeugsitze GmbH in Mühlhausen produziert. Heute beschäftigt Kümmel Fahrzeugteile 80 Mitarbeiter an mehreren Standorten im thüringischen Nottertal-Heilinger Höhen. Von hier werden heute Systemlieferanten der Automobilindustrie in ganz Deutschland sowie in Österreich, Polen, der Slowakei und Tschechien beliefert.

Alles im Autoinnenraum

Schwerpunkt der Firma Kümmel Fahrzeugteile ist die Kaschierung von Oberflächen in Fahrzeuginnenräumen. „Im Autoinnenraum können wir alles an Oberflächen veredeln, kaschieren und polstern, frontschäumen und hinterschäumen“, so Christian Kümmel. „Wir bilden alle notwendigen Prozesse komplett ab und können alles liefern, außer Holz und Metall.“

Das Teilespektrum reicht von Anbauteilen für Autotüren über Armlehnen, Ablagen und Kopfstützen bis zu Säulenverkleidungen. Verarbeitet werden auch neue Materialien wie veganes Leder. „Bei den Materialien gibt es oft Vorgaben der Kunden, wir schlagen aber auch selbst nachhaltige Materialien vor“, erklärt Christian Kümmel.

Den Prozess für die positionsgenaue Perforation von Lederzuschnitten mit rückseitiger Kaschierung, ohne dass Klebstoff in den Löchern zu sehen ist, hat man im Unternehmen selbst entwickelt. „Wir lieben es, Herausforderungen anzunehmen“, sagt Christian Kümmel. Der Vertrieb erfolgt über Key-Account-Manager; darüber hinaus erhalte man viele Direktanfragen, so Christian Kümmel.

Kümmel Fahrzeugteile genießt in der Branche einen ausgezeichneten Ruf, Social Media-Kampagnen werden hauptsächlich durchgeführt, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. „Wir sind wie eine Familie, jeder kennt jeden, jeder weiß Bescheid, was bei den anderen los ist“, beschreibt Christian Kümmel das familiäre Betriebsklima. Es gibt sogar eine eigene Mitarbeiter-App. „Wir sind offen für alle Mitarbeiter, egal wo sie herkommen. Nur die Qualifikation muss stimmen.“ Man sei eine stabile Familienfirma, die immer gut durch alle Krisen gekommen sei. „Ich kenne die Firma, seitdem ich laufen kann“, sagt Christian Kümmel.

Auf Wachstumskurs

In fünf Jahren wolle man den Mitarbeiterstamm von derzeit 80 auf 100 bis 120 ausgeweitet haben, um die stetig wachsende Nachfrage befriedigen zu können. Gleichzeitig wolle man verschiedene Prozessschritte stärker automatisieren. „Derzeit arbeiten wir noch viel manuell, da wir viele anspruchsvolle Projekte haben“, erläutert Christian Kümmel. „Wir konstruieren nicht selbst, können aber selbstverständlich Daten von unseren Kunden übernehmen.“

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