Wie aus Pappe Polsterkissen werden

Interview mit Volker Kreiter, Geschäftsführender Gesellschafter der Kreiter GmbH

Wirtschaftsforum: Sie sind seit über 20 Jahren in der Verpackungsbranche und haben von Anfang an auf nachhaltige Lösungen gesetzt. Mittlerweile sind plastiksparende Verpackungen und alternative Materialien in aller Munde. Merken Sie diesen Trend auch bei der Nachfrage nach Ihren Produkten?

Volker Kreiter: Wir merken seit etwa drei Jahren einen deutlichen Trend in diese Richtung. Gesprochen wird von Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit bereits seit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes 1994. In der Praxis hat dies jedoch wenig Niederschlag gefunden. Gekauft wurde, was billig war. Vor etwa drei Jahren wurde vermehrt von Geschäftsleitungen in die Abteilungen hinein die Direktive ausgegeben: ‘Schaut euch nach ökologischen Alternativen um und setzt sie, sofern in vertretbarem Rahmen umsetzbar, auch ein.’ Geld war nicht mehr die einzige Währung, die zählte. Und im letzten halben Jahr haben wir erneut einen großen Anfrage- und Nachfrageschub durch die breite Thematisierung der Vermüllung unserer Meere erlebt. Anfragen kommen mit der klaren Ansage: Wir wollen, wo immer möglich, weg von Plastik.

Wirtschaftsforum: Sie bieten Kartonverwertungsanlagen an, die Kunden direkt bei sich vor Ort einsetzen können. Wie funktionieren diese und wie können Unternehmen davon profitieren?

Volker Kreiter: Die Kartonagenverwertungsanlagen KVA verarbeiten alle Arten von Karton und Papier, auch Kantenschutzecken und Hülsen aus Vollpappe, alte Kataloge und Prospekte et cetera zu Verpackungspolsterkissen. Auf der einen Seite wird das Altmaterial in einen Schredder aufgegeben und auf der anderen Seite fallen fertige Polsterkissen in einen bereitgestellten Behälter. Dazu wird das Altmaterial lediglich mechanisch zerkleinert. Eine gesonderte Behandlung des Altmaterials ist nicht erforderlich. Der Schredder zerkleinert das Material und fördert es in einen Zwischenbehälter, aus dem es über eine Dosierschnecke einer vertikalen Schlauchbeutelmaschine zugeführt wird.

Die Schlauchbeutelmaschine zieht Papier von der Rolle, formt es zu einem Schlauch, verschließt unten, füllt, verschließt oben und schneidet den dann fertigen Beutel ab. Der Beutel fällt auf ein Förderband und von dort in einen vom Kunden bereitgestellten Behälter. Der Kunde profitiert von eingesparten Entsorgungskosten für Altkarton/Altpapier sowie von unschlagbar günstigen Kosten für das benötigte Füll- und Polstermaterial und spürt eine deutliche Verringerung der Abfallmengen. Das ist vor allem im Hinblick auf das Umweltaudit ein großer Vorteil. Kunden, deren Bedarf an Füll-material zu klein ist, um eine KVA ökonomisch sinnvoll zu betreiben, bieten wir die Polsterkissenfertigung als Dienstleistung an. Dazu werden die Polsterkissen in Mehrwegboxen (Europalettenmaß) angeliefert, der Kunde verbraucht die Polsterkissen, hat dann eine leere Box und kann diese dann mit seinem Altmaterial füllen.

Bei Folgelieferung werden wieder Boxen mit Polsterkissen gebracht und die Boxen mit Altkarton gleich wieder mitgenommen. Das ist ein ganz einfaches Kreislaufsystem, das momentan an acht verschiedenen Standorten in Deutschland durch selbstständige Partner, quasi im Franchisesystem, angeboten wird.

Wirtschaftsforum: Ihr Unternehmen ist ein Musterbeispiel für nachhaltiges und ethisches Handeln. Sie produzieren CO2-neutral, recyceln intelligent und Teile Ihrer Produktion befinden sich in einer Behindertenwerkstatt. Warum sind Ihnen diese Dinge persönlich wichtig und wie schätzen Sie die Pflicht von Unternehmen generell ein, sich in die Gesellschaft und die Welt, in der wir alle leben, zu integrieren?

Volker Kreiter: Die Idee für dieses Konzept hat mich damals einfach nur begeistert. Nicht der Umweltgedanke stand damals besonders präsent im Vordergrund, sondern die banale Tatsache, dass es Sinn macht und auf einfache Art hochintelligent ist, Vorhandenes umzuarbeiten und wiederzuverwenden anstatt wegzuwerfen und dafür neues Material einzukaufen. Der Umweltgedanke war zu Beginn 1995 lediglich ein angenehmer Nebeneffekt, ist heute aber Grundlage unseres Erfolges und wichtiger denn je.

Fünf unserer acht Produktionspartner sind anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM). Mir sind christliche Werte sehr wichtig. Und vor diesem Hintergrund habe ich mir Partner gesucht, durch deren Zusammenarbeit ich auch meiner sozialen Verantwortung nachkommen konnte. Durch die mittlerweile langjährige Partnerschaft sind inzwischen sehr gute Erfahrungen mit der Seriosität, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der WfbM dazugekommen. Für unsere Kunden hat das außerdem den Vorteil, dass sie, da die WfbM auch fakturieren, einen nicht unerheblichen Teil des Rechnungsbetrages auf ihre eventuell zu zahlende Schwerbehindertenausgleichsabgabe anrechnen können.

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