Die Kunst des Sitzens wird am Bodensee perfektioniert
Interview mit Thomas Möller, Geschäftsführer der Klöber GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Möller, getreu ihrem Unternehmensmotto steht die Klöber GmbH für ‘the art of sitting’. Wie genau machen Sie Sitzen zur Kunst?
Thomas Möller: Eigentlich ist der Mensch ja nicht zum Sitzen geboren. Im Gegenteil: Wir brauchen körperliche Aktivität und Bewegung. Die Kunst besteht also darin, einen Stuhl so zu gestalten, dass der Anwender ergonomisch angenehm und so gesund wie möglich darauf sitzen kann, sich dabei wohlfühlt und sich ganz auf seine Arbeit konzentrieren kann, ohne sich ständig Gedanken über die bestmögliche Sitzposition machen zu müssen. Aufgrund der sich daraus ergebenden Ansprüche ist dann auch eine gewisse Technikkompetenz erforderlich – die Zeiten, in denen ein Stuhl nur aus einer Sitzfläche und einer Rückenlehne bestand, sind schon lange vorbei.
Wirtschaftsforum: Was macht einen guten Stuhl aus?
Thomas Möller: Neben einer ansprechenden, modernen, aber zugleich zeitlosen Ästhetik gehört auch sehr viel Hightech-Mechanik dazu, durch die sich der Stuhl an natürliche Bewegungsmuster anpassen kann, um so eine bestmögliche Ergonomik zu gewährleisten. Das bedeutet, dass es wichtig ist, die verschiedenen Anforderungen nicht nur einzeln zu betrachten, sondern sie zusammenzufügen und zu einem Gesamtbild zu verbinden, das zum übergeordneten Kontext von Klöber passt. In diesem Zuge setzen wir auf entsprechend spezialisierte Inhouse-Designer, -Konstrukteure und -Technikerinnen, die die Ziele unseres Unternehmens teilen und aktiv mitgestalten möchten: Die tiefer liegende Sinnfrage nimmt in unserem Tagesgeschäft eine zentrale Rolle ein.
Wirtschaftsforum: Welchen Anspruch stellt Klöber dabei an seine Produkte?
Thomas Möller: Es geht uns nicht nur um den Stuhl an sich. Wir fragen uns auch beständig, was wir eigentlich gesellschaftlich erreichen wollen. Hier kommt natürlich dem Thema Nachhaltigkeit eine besondere Bedeutung zu: Dabei verfolgen wir konsequent das Ziel, unsere Stühle mit einem möglichst hohen Recyclatanteil herzustellen, was natürlich im gelebten Geschäftsalltag mit einer gewissen Wachsamkeit einhergehen muss, wenn man es denn ernst meint: Schließlich wollen wir nicht in die falschen Kreisläufe eingreifen und wirklich nur Stoffe verwenden, die bereits aus einem anderen Verwendungszweck stammen und nicht eigens produziert wurden, um anschließend als Primärstoff geschreddert zu werden. Im Kontext dieser starken Betonung einer nachhaltigen Materialität steht Klöber außerdem für eine gelebte Regionalität: 90% unserer Bauteile stammen aus Europa, drei Viertel aus Deutschland. Zudem wollen wir die entsprechenden Mechaniken und Endprodukte auch wirklich voll und ganz an unserem Standort am Bodensee entwickeln und herstellen und stehen in diesem Zuge konsequent zu unserem Wort – davon können sich unsere Partner auch gerne unangekündigt vor Ort selbst ein Bild machen. Wir betreiben hier keine kleine Show-Produktion, um dann das Gros unserer Produkte von Lohnfertigungsunternehmen im Ausland herstellen zu lassen, sondern setzen auf eine lokale Erzeugung mit umfassender Fertigungstiefe direkt an unserem Unternehmenssitz.
Wirtschaftsforum: Als Tochtergesellschaft der Sedus Stoll AG steht auch ein starkes soziales Engagement im Fokus Ihrer Tätigkeit.
Thomas Möller: Sämtliche von Klöber erwirtschafteten Gewinne, die nicht in das Unternehmen reinvestiert werden, fließen an zwei Stiftungen, die unter anderem Kinder in sozial benachteiligten Lebenskontexten unterstützen und ihnen eine bessere Zukunft eröffnen wollen, etwa in Form von Selbstverteidigungskursen oder durch die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten für soziale Aktivitäten. An dieser Stelle sieht man vielleicht am deutlichsten, dass unsere Gesellschafter und wir als Unternehmen es mit unserem übergeordneten Ziel, den Menschen in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen, wirklich ernst meinen.
Wirtschaftsforum: Wie stark verändern sich dabei die Ansprüche, die die Endanwenderinnen an Stühle stellen?
Thomas Möller: Natürlich verfügen Drehstühle heute über viel mehr Funktionen als die ersten Exemplare, die unser Unternehmen 1935 auf den Markt gebracht hat. Lange Zeit ging das auch mit einem deutlichen Zuwachs an Einstellhebeln einher, was von den heutigen Kunden aber nicht mehr sonderlich geschätzt wird. Stattdessen legen viele Benutzer inzwischen großen Wert auf möglichst automatische Lösungen. Da viele Unternehmen im Zuge des Fachkräftemangels auch mit einer angenehmen Büroausstattung bei ihren Mitarbeiterinnen punkten wollen, wird auch von vielen unserer B2B-Partner immer mehr Wert auf hochwertige Stühle mit hohem Komfort und einer angenehmen Wohnlichkeit gelegt. Diese technologischen und ästhetischen Herausforderungen nehmen wir ausgehend von unserer jahrzehntelangen Erfahrung natürlich gerne an.Abschließend die Worte von Antoine de Saint-Exupéry: „Es ist nicht perfekt, wenn man nichts mehr hinzufügen darf, sondern erst, wenn man nichts mehr wegnehmen kann.“