Ein Tanker kann auch Speedboats losschicken

Interview mit Rolf Huber, Vice President von KION ITS EMEA Switzerland

Wirtschaftsforum: Herr Huber, in ihrer Strategie 2027 hat die KION Group fünf strategische Punkte ausgemacht, in denen sie sich weiterentwickeln möchte, unter anderem das Thema Energie. Welchen Wandel streben Sie hierbei konkret an?

Rolf Huber: Das Thema Energie ist eine der großen Herausforderungen der Zukunft, und das betrifft sowohl die Energiegewinnung als auch ihre Umsetzung in eine möglichst hohe Leistung. Unser Ziel ist es natürlich, möglichst energieoptimierte Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Dazu zählt auch eine zukunftsorientierte Batterietechnik. Die heutige Lithium-Ionen-Technologie geht schon sehr weit, und um dem Kunden eine optimale Lösung anbieten zu können, haben wir kürzlich ein Joint Venture mit einem Partner gegründet, um unsere eigene KION-Batterie zu entwickeln. Zudem gehe ich davon aus, dass wir in Zukunft auch sehr stark auf Brennstoffzellen setzen werden; entsprechende Fahrzeuge bieten wir schon heute an.

Wirtschaftsforum: Wie gestalten Sie die Digitalisierung?

Rolf Huber: Die Digitalisierung gibt uns ganz neue Möglichkeiten an die Hand: von der Fahrzeugvernetzung über die intelligente Nutzung von Frühwarnsystemen bis hin zu Robotik-Lösungen. Deshalb arbeiten wir am Aufbau eines Ökosystems, das in dieser digitalisierten Welt all unsere Angebote miteinander verknüpft, sodass sich unsere Kundin möglichst einfach in den Systemen zurechtfinden kann, die in ihrer Umgebung implementiert sind.

Wirtschaftsforum: Auf Ihrer Agenda steht außerdem das Thema Automation. Wie weit sind wir noch vom völlig autonomen Warenlager entfernt?

Rolf Huber: Der Mensch ist heute der Maschine noch überlegen, da er situative Entscheide besser treffen kann. Die Automation ist aber immer stärken im Kommen da sie die Möglichkeit bietet, dass man ganz klein beginnen und sukzessive erweitern kann. Unbestritten ist dabei, dass insbesondere die europäischen Länder auf eine deutlich umfangreichere Automatisierung angewiesen sind. Denn es wird in der Zukunft weniger Fachkräfte geben als heute. Deshalb müssen wir leaner und schneller werden und auch immer mehr einfache Vorgänge in die Hände der Automatisierungstechnik legen. Trotzdem wird der Faktor Mensch immer eine zentrale Rolle spielen: Die Mitarbeiter müssen die Maschinen bedienen, warten und weiterhin Aufgabenbereiche ausfüllen, in denen die Automation aufgrund von technischen Beschränkungen oder eines unzureichenden Preis- Leistungs-Verhältnisses nicht eingesetzt werden kann.

Wirtschaftsforum: Wie sorgen Sie vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels für die Attraktivität der KION Group als Arbeitgeber?

Rolf Huber: Ein modernes Unter- nehmen braucht eine moderne Denkweise. Auch wir haben verstanden, dass sich die Welt verändert und das Thema Work-Life-Balance sowie selbstbestimmtere Formen des Arbeitens wie Homeoffice entscheidende Faktoren sind. Ebenso legen wir großen Wert auf eine integrative Unternehmenskultur, in der jeder Mitarbeiter eine tiefgreifende Wertschätzung erfährt.

Wirtschaftsforum: Die weiteren beiden Rubriken Ihrer Strategie 2027 sind mit den Worten Leistung und Innovation überschrieben. Wie genau engagieren Sie sich in diesen Bereichen?

Rolf Huber: Unter dem Begriff Leistung verstehen wir vornehmlich eine möglichst hohe Effizienz, insbesondere in Bezug auf die Nutzung unserer Systeme durch unsere Endkunden. Beim Thema Innovation ist unsere Überzeugung genauso klar: Ein Unternehmen, das nicht innovativ ist, wird auf dem Markt nicht gebraucht. Möglichkeiten zu weiteren Innovationen unseres Produkt- und Leistungsportfolios gibt es dabei zuhauf: Artificial Intelligence, Cloud Computing und 5G-Netze, um nur einige zu nennen. Vieles davon werden wir relativ zeitnah in unsere Lösungen integrieren und damit für unsere Partner einen noch größeren Nutzen generieren können. Denn wir sind zwar ein großer Konzern und damit von unseren unternehmerischen Ausmaßen her eher ein Tanker – doch das will nicht heißen, dass wir nicht auch ein paar Speedboats losschicken können, um mit rasanter Geschwindigkeit Innovationen voranzutreiben.

Wirtschaftsforum: Wird es bei Ihrer Strategie 2027 bei den fünf zentralen Begriffen – Energie, Digitalisierung, Automation, Leistung und Innovation – bleiben?

Rolf Huber: Zu dieser Gruppe haben wir tatsächlich einen sechsten Begriff hinzugeführt: Nachhaltigkeit. Und zwar nicht, weil dieses Thema gerade in ist, sondern aus unserer tiefsten Überzeugung heraus. Denn auch wir sind uns der Verantwortung bewusst, unsere unternehmerischen Entscheidungen in dieser Kategorie zu hinterfragen.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Automobil & Fahrzeugbau

Stricken für den Umweltschutz

Interview mit Alfred Buck, Geschäftsführer der Buck GmbH & Co. KG

Stricken für den Umweltschutz

In der Automobilindustrie sind technische Innovationen und nachhaltige Lösungen entscheidend für den Erfolg. Die Buck GmbH & Co. KG hat sich auf die Herstellung von Dämpfungselementen spezialisiert, die durch ihre…

Mobilität von Anfang an

Interview mit Thomas Frevert, Geschäftsführender Gesellschafter der Lentz Fahrzeugtechnik GmbH

Mobilität von Anfang an

Von Sätteln, Zaumzeug und Halftern für Pferdefuhrwerke zu Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik für Kraftfahrzeuge war es ein langer Weg. Dieses Jahr feiert die Lentz Fahrzeugtechnik GmbH ihr 140-jähriges Bestehen. Heute…

Wenn der Boden glatt werden soll

Interview mit Erik van Ham, stellvertretender Direktor der Van Eerd Groep B.V.

Wenn der Boden glatt werden soll

Im Straßen- wie im Schienenbau sind große Erdbewegungen nötig. Zudem muss in vielen Fällen der Boden für die neue Straße oder die neue Gleisstrecke in großem Stil stabilisiert werden. Und…

Spannendes aus der Region Otelfingen

Innovativ und nah am Kunden

Interview mit Nino Zehnder, Head of Sales, Member of the Executive Board der Beck Automation AG

Innovativ und nah am Kunden

Die Digitalisierung hat mittlerweile in alle Industriebereiche Einzug gehalten. Das Thema Industrie 4.0 beschäftigt heute sämtliche Branchen und sorgt dafür, dass Produktionsprozesse immer effizienter werden. Wenn es um die Automatisierung…

Alte Anlagen mit neuester Technologie fit für die Zukunft machen

Interview mit Daniel Zeidler, CEO der Gebrüder Meier AG

Alte Anlagen mit neuester Technologie fit für die Zukunft machen

Die Getriebe, Motoren und Generatoren, deren Instandhaltung und Reparatur die Gebrüder Meier AG aus der Schweiz verantwortet, sind teilweise älter als das Unternehmen selbst, was angesichts seines Gründungsjahres 1918 einen…

Verkettung von Kompetenzen: Peptide für alle Fälle

Interview mit Dr. Daniel Müller, Geschäftsführer der Senn Chemicals AG

Verkettung von Kompetenzen: Peptide für alle Fälle

Zur Herstellung von Medikamenten werden sie ebenso benötigt wie für Kosmetikprodukte oder in der Diagnostik: Peptide sind das Spezialgebiet der Senn Chemicals AG in Dielsdorf in der Schweiz. Mittels Flüssigphasensynthese…

Das könnte Sie auch interessieren

„Noch viele Ideen im Topf“

Interview mit Peter Waltenspühl, Chief Marketing Officer der Kuhn Rikon AG

„Noch viele Ideen im Topf“

DUROMATIC® und DUROTHERM® sind weit über die Grenzen der Schweiz hinaus ein Begriff. Neben den beiden starken Marken hat die Schweizer Kuhn Rikon AG viele weitere Innovationen in den Bereichen…

Implantate in Schweizer Präzision

Interview mit Prof. Dr. Stefan Ihde, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Dr. Ihde Dental AG

Implantate in Schweizer Präzision

„Lange Behandlungen und jahrelange Probleme“ – für Prof. Dr. Stefan Ihde, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Dr. Ihde Dental AG, ist die herkömmliche Implantationsmethode bei Zahnersatz keine sinnvolle Option. Er hat…

Schweizer Handwerkskunst für wahre Kochleidenschaft

Interview mit Peter Waltenspühl, Chief Marketing Officer der Kuhn Rikon AG

Schweizer Handwerkskunst für wahre Kochleidenschaft

Die Kuhn Rikon AG ist ein Schweizer Familienunternehmen, das sich seit 1926 auf die Herstellung hochwertiger Koch- und Schneidutensilien spezialisiert hat. Unter der Leitung von Tobias Gerfin (CEO) vereint das…

TOP