Mit Ethik und Innovation den Wandel gestalten

Interview mit Joost Berting, Vice President Corporate Strategy and Business Development der Kennametal-Gruppe

Wirtschaftsforum: Seit gut einem halben Jahr sind Sie bei Kennametal der Vordenker in Sachen Strategieentwicklung. Welche Impulse möchten Sie dem Unternehmen geben?

Joost Berting: Wir müssen uns auf herausfordernde technologische Trends und Marktentwicklungen einstellen. Dazu gehört zum Beispiel das 3-D-Drucken mit Metallen. Mit vielen Metallen gelingt das bereits, zum Beispiel mit Stahl und Titanium, aber noch nicht mit Wolframcarbid. Daran arbeiten wir gerade. Ausgereift ist die MIM-Technologie, Metal Injection Molding. Diese setzen wir auch intern ein. Die Frage ist, welchen Einfluss neue Produktentwicklungen auf unser Geschäft haben. Ich spreche vom Schneiden von Metallen, Drehen, Fräsen, Bohren, den Hauptbearbeitungsmethoden.

Wirtschaftsforum: Sie beliefern auch Kunden aus der Automobilindustrie. Was macht die E-Mobilität mit Ihnen?

Joost Berting: E-Autos bedeuten weniger große Metallteile, die bearbeitet werden müssen, aber global gesehen sind E-Autos immer noch ein relativ kleiner Anteil am Automobilmarkt. Die E-Autos werden in gewissen Teilen der Welt sicher ein Trend sein, nämlich dort, wo die Infrastruktur vorhanden ist. Man muss dieses Thema auf globaler Ebene betrachten. In Norwegen und den Niederlanden hat man E-Autos stark gefördert, die Akzeptanz war hoch. Sobald aber die Unterstützung wegfiel, sank auch die Akzeptanz ganz schnell.

Wirtschaftsforum: Wie sieht es andernorts aus?

Joost Berting: Heute gibt es weltweit eine Milliarde Autos, 2030 werden es zwei Milliarden sein, davon circa 15% E-Autos. Großes Wachstum gibt es vor allem in Asien, in China schon allein aus Umweltschutzgründen. Aber ich glaube, dass wir auch eine große Anzahl von Hybridfahrzeugen erwarten dürfen, denn sie bieten beides: Elektrizität und Reichweite.

Wirtschaftsforum: Was bedeutet das für Ihre Branche?

Joost Berting: Für uns ist das eine positive Entwicklung, denn Hybridfahrzeuge haben 15% mehr zu bearbeitende Metallteile als E-Autos. Darüber hinaus beliefern wir ja nicht nur Kunden im Automotive-Sektor. Wir sind sehr breit aufgestellt und Sie finden unsere Werkzeuge auch in den Bereichen Aerospace, General Engineering, Energie, Straßen- und Bergbau. Dadurch sind wir in diversifizierten und starken Endmärkten vertreten, die sich teilweise rasant weiterentwickeln.

Wirtschaftsforum: Welche Innovationen bewegen derzeit Ihr Unternehmen?

Joost Berting: Wir werden in der Industrie als innovatives Unternehmen gesehen. Innovationen werden bei Kennametal großgeschrieben. Der Bohrer KenTIP FS ist ein gutes Beispiel dafür. Das modulare Bohrsystem KenTIP FS mit seinem Schneidkörper aus Hartmetall hält thermischen und mechanischen Belastungen besser stand als andere modulare Bohrsyteme am Markt. Zudem werden 3-D-Druck und das Spritzgießen von Hartmetall, die MIM-Technologie, bei uns eingesetzt. Und natürlich treiben auch wir die Digitalisierung und Modernisierung in unserem Konzern voran. Unsere Zertifizierungen sind auf dem neuesten Stand.

Wirtschaftsforum: Kennmetal ist bekannt als Unternehmen mit hohem ethischen Anspruch.

Joost Berting: Für uns spielen die Sicherheit unserer Mitarbeiter und ethisches Verhalten eine große Rolle. Wir möchten, dass unsere Mitarbeiter so gesund nach Hause gehen, wie sie gekommen sind. In der Branche sind wir in Sachen Sicherheit auf Weltniveau.

Wirtschaftsforum: Was bedeutet Ethik in Ihrem Unternehmen?

Joost Berting: Kennametal wurde im vergangenen Jahr zum sechsten Mal vom Ethisphere Institute als eines der World‘s most Ethical Companies ausgezeichnet. Grundwerte wie die Sicherheit, Geschäftsethik und ethisches Verhalten der Teammitglieder sind sehr wichtige Werte für uns. Wir schulen das Bewusstsein unserer Mitarbeiter in regelmäßigen Trainings und erhalten viel positives Feedback zu unseren Kursen.

Wirtschaftsforum: Inwieweit überträgt sich diese Unternehmenskultur auf die Mitarbeiter und auf Sie persönlich?

Joost Berting: Diese Unternehmenskultur spricht auch mich persönlich sehr an. Ich bin überzeugt: Wenn Mitarbeiter sich wohlfühlen, dann ist das eine starke Basis für ihre persönliche Weiterentwicklung. Wir haben eine Mannschaft, die mitkommt und diesen Ansatz versteht. Darüber hinaus freut es mich, zu sehen, dass unsere Mitarbeiter diese Kultur auch auf ihr Privatleben übertragen.

Wirtschaftsforum: Weniger harmonisch läuft es im Weltgeschehen ab. Was bedeutet das für globale Unternehmen?

Joost Berting: Es gibt immer wieder Konflikte, die die Weltwirtschaft destabilisieren. Wir müssen alle verhandeln. Wir beliefern Kunden in über 60 Ländern weltweit und als Unternehmen werden wir sicherstellen, fair zu produzieren und einen fairen wettbewerbsfähigen Handel zu treiben. Wir sollten die Automatisierung vorantreiben. Statistiken zeigen, dass Länder mit einer hohen Anzahl von industriellen Robotern die niedrigsten Arbeitslosenquoten haben.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

Spitzenmedizin mit Verantwortung: Klinik der Zukunft

Interview mit Matthias Müller, Geschäftsführer der Kerckhoff-Klinik GmbH

Spitzenmedizin mit Verantwortung: Klinik der Zukunft

Die Kerckhoff-Klinik GmbH in Bad Nauheim wurde 1963 gegründet. Seitdem zählt sie zu den führenden deutschen Fachkliniken für Herz-, Lungen-, Gefäß- und Rheumaerkrankungen und verbindet Spitzenmedizin mit Forschung und Lehre.…

Löcher stopfen und Daten managen

Interview mit Dr.-Ing. Karsten Gruber, Geschäftsführer und Joachim Ernst, Geschäftsführer der OBERMEYER Infrastruktur GmbH & Co. KG

Löcher stopfen und Daten managen

Seit über sechs Jahrzehnten prägt die Münchener OBERMEYER Gruppe die Ingenieur- und Planungskultur in Deutschland. 2020 wurde die OBERMEYER Infrastruktur GmbH & Co. KG als eigenständige Gesellschaft gegründet, um sich…

Gesund, lecker, angesagt

Interview mit Christophe Thys, Geschäftsführer und Nieco de Wit, Manager für Forschung und Entwicklung der Ravensbergen B.V.

Gesund, lecker, angesagt

Eine gesunde Ernährung spielt für immer mehr Menschen eine zentrale Rolle – und damit auch die Wahl des richtigen Snacks. Müsliriegel gelten als praktische Zwischenmahlzeit – schnell zur Hand, einfach…

Spannendes aus der Region Neuhausen am Rheinfall

Süße Perspektiven: Wie innovative Ideen die Schokoladenwelt verändern

Interview mit Marcel Leemann, Leiter Vertrieb und Mitglied der Geschäftsleitung und Robin Auer, Leiter Marketing & Vertrieb Markenartikel DACH von Stella Bernrain

Süße Perspektiven: Wie innovative Ideen die Schokoladenwelt verändern

Weltweit geschätzt für ihre Qualität, ist das Label 'Schweizer Schokolade' selbst eine starke Marke. Mit über 90% der Produktion, die an Private Label-Kunden geht, zählt die Chocolat Bernrain AG in…

Eine Marke mit Geschichte und Zukunft

Interview mit Thorsten Stiebing, Managing Brand Director der JOOP! GmbH

Eine Marke mit Geschichte und Zukunft

Nur wenige Modemarken verfügen über einen derart hohen Bekanntheitsgrad und eine Markenhistorie wie JOOP! Mit der Gründung in den 1980er-Jahren entwickelte sich JOOP! zum internationalen Premium-Design-Brand. Heute ist JOOP! Teil…

Entwickeln, was der Kunde will

Interview mit Tobias Siebold, CEO der schweizerischen ANTRIMON Engineering AG

Entwickeln, was der Kunde will

Der Kunde entscheidet. „Wir bieten ihm alle Möglichkeiten: Produktion, Entwicklung, Vertrieb“, sagt Tobias Siebold, CEO der schweizerischen ANTRIMON Engineering AG aus Neuhausen am Rheinfall. „Wir kaufen und verkaufen also nicht…

Das könnte Sie auch interessieren

Wenn Standard nicht reicht

Interview mit Hubert Romoth, Geschäftsführer der TTS Transport- und Trennwandsysteme GmbH

Wenn Standard nicht reicht

Ob in Logistikzentren, Fertigungshallen oder der Automobilindustrie – Schutz- und Trennwandsysteme sind unverzichtbar für Sicherheit und Effizienz. Die TTS Transport- und Trennwandsysteme GmbH aus Werther setzt dabei seit 30 Jahren…

„Kein Freiraum zum Atmen“

Interview mit Anton Buresch, Geschäftsführer der Gerhard Rauch Ges.m.b.H.

„Kein Freiraum zum Atmen“

Die Gerhard Rauch Ges.m.b.H. in Trasdorf in Niederösterreich ist weltweit für ihre hochwertigen Bauteile und innovativen Stanzlösungen bekannt. Anton Buresch, geschäftsführender Gesellschafter, vertritt die 2. Generation im Familienunternehmen. Im Interview…

Brücken bauen für die Zukunft

Interview mit Martin Dickmann, Geschäftsführer der Claus Queck GmbH

Brücken bauen für die Zukunft

Der Investitionsstau in der öffentlichen Infrastruktur ist in Deutschland längst nicht mehr zu übersehen. Das Stahlbauunternehmen Claus Queck GmbH aus Düren, das sich schon seit langer Zeit vornehmlich auf den…

TOP