Gemeinsam die Zukunft formen: spezifische Lösungen für Gummi-Anwendungen
Interview mit Heike Berchtold, Geschäftsführerin der Plastigum AG


Wirtschaftsforum: Frau Berchtold, ursprünglich ist die Plastigum AG 1957 als Schuhsohlenhersteller gegründet worden – in der Zwischenzeit hat sich Ihr Leistungsspektrum jedoch fundamental gewandelt.
Heike Berchtold: Mit der Abwanderung der Schuhindustrie aus der Schweiz vor etlichen Jahrzehnten musste sich auch unser Unternehmen neue Geschäftsfelder erschließen, was glücklicherweise sehr erfolgreich gelungen ist. Heute treten wir vornehmlich als Hersteller von Gummiformartikeln und Elastomeren auf, die in eine Vielzahl von Anwendungsfeldern einfließen – wir unterstützen Hightech-Märkte wie zum Beispiel die Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie, die Transportindustrie und den Anlagenbau. Unsere Komponenten für die Schwingungs-, Dämpfungs- und Abdichtungs- sowie die Förder- und Regeltechnik sind in vielen Anwendungen entscheidend für die Funktionalität. Durch unser eigenes Mischwerk sowie unseren Formenbau können wir dabei nicht nur mit einer hohen Fertigungstiefe und -vielfalt, sondern auch mit einem umfassenden Know-how überzeugen, das wir gerne schon möglichst früh im Entwicklungsprozess unserer Kunden anbringen, wenn diese gerade eine neue Innovation anstoßen.
Wirtschaftsforum: Wie funktioniert diese Zusammenarbeit genau?
Heike Berchtold: Bevorzugt werden wir von unseren Kunden mit einer spezifischen Fragestellung konfrontiert, wie die entsprechende Gummikomponente bestmöglich in die angedachte Konstruktion integriert werden kann. Die dabei auftretenden Herausforderungen sind vielfältig, denn die individuelle Zusammensetzung sowie die Auslegung des letztlichen Werkstücks müssen genau zu den kundenspezifischen Anforderungen passen: Je nachdem, ob das Bauteil in Hoch- oder Niedertemperaturumgebungen eingesetzt werden soll, gegen welche chemischen Medien es resistent sein muss und welche Haltbarkeit angestrebt wird, unterscheiden sich diese Faktoren bisweilen beträchtlich. Hierzu können wir unsere Kunden ausführlich beraten und in sehr kurzer Zeit ein zielführendes Musterteil im Werkzeugbau herstellen, bevor im Anschluss gegebenenfalls die Serienproduktion des jeweiligen Bauteils ansteht. Dabei bieten wir sowohl Einzelanfertigungen als auch kleinere Serien mit bis zu 300.000 Stück an.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt dabei das Thema Nachhaltigkeit?
Heike Berchtold: In diesem Kontext verfolgen wir eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen, unter anderem eine konsequente Abfallvermeidung – denn Rohmaterial, das gar nicht erst eingesetzt wird, muss später auch nicht mühsam recycelt oder gar vernichtet werden. Gleichzeitig arbeiten wir stetig an Optimierungen, um ausgehend von den Materialeigenschaften des Gummis die Recycelbarkeit weiter zu erhöhen. Auch die strikten Anforderungen der Regulierungsbehörden wie etwa der FDA bei Food Grade-Komponenten sind ein unablässiger Antrieb für entsprechende Verbesserungen, auch wenn hierzu bisweilen sehr langwierige Testzyklen durchlaufen werden müssen. Unser Fokus auf die höhere Langlebigkeit der Teile trägt ebenfalls dazu bei, weniger Ressourcen zu verbrauchen. Nicht zuletzt sind wir uns als energieintensives Fertigungsunternehmen auch unserer Verantwortung als einer der größten Strombezieher des Kantons bewusst – in diesem Kontext haben wir letztes Jahr circa eine Million CHF in neue Pressen investiert, um unseren Energieverbrauch konsequent zu senken, und planen derzeit die Installation einer eigenen Photovoltaikanlage.
Wirtschaftsforum: Sie selbst sind vor fünf Jahren in das Unternehmen eingetreten – was hat Sie zu diesem Schritt bewogen und wie hat sich die Plastigum AG seitdem verändert?
Heike Berchtold: Ich bin 2019 noch in einer anderen Funktion zu Plastigum gekommen und habe sofort das Potenzial gesehen, um in diesem Unternehmen mit Herzblut und Engagement etwas zu bewegen. Als später die Möglichkeit aufkam, den Posten der Geschäftsführerin zu besetzen, habe ich dann ohne zu Zögern zugesagt. Das heutige Geschäftsleitungsteam aus insgesamt vier Personen hat in seiner bisherigen Laufbahn eine stark auf Partizipation ausgelegte Unternehmenskultur kennengelernt, die wir so im Rahmen eines Kulturwandels auch in die Plastigum AG tragen wollen. Ziel ist es, dass die Ideen stärker aus den Teams selbst heraus entstehen, um so auch das im Unternehmen vorhandene Fachwissen auf allen Ebenen vollumfänglich nutzbar zu machen. Schon erste niedrigschwellige Angebote wie beispielsweise Deutschkurse für unsere aus dem Ausland stammenden Mitarbeitenden bedeuteten wichtige Weichenstellungen und wurden sehr positiv aufgenommen. Diesen Weg wollen wir nun konsequent weitergehen, um getreu unserem Motto ‘Gemeinsam formen’ die Zukunft unseres eigenen Unternehmens und unserer Branche aktiv mitzugestalten.