Für eine luftdichte Verbindung
Interview mit Stefanie Bindzus, Geschäftsführerin der ITV GmbH
Wirtschaftsforum: Frau Bindzus, Frauen in Führungspositionen sind leider immer noch eine Seltenheit. Wie war Ihr Weg in die Geschäftsführung?
Stefanie Bindzus: Heute ist es für mich tatsächlich eine Selbstverständlichkeit, aber das war nicht immer so. Mein Vater gründete das Unternehmen gemeinsam mit einem Partner im Jahr 1980, um Verbindungsteile für die Pneumatik herzustellen. Nach meinem Ingenieurstudium entschied ich mich, doch in das Unternehmen einzusteigen. Zu Beginn gab es keine klare Position für mich, also begann ich im Verkauf und in der Sachbearbeitung. Später absolvierte ich eine Weiterbildung im Qualitätsmanagement und übernahm zusammen mit meinem Vater die technische Leitung des Unternehmens. 2009 kam dann der Generationswechsel. Obwohl er absehbar war, war es dennoch eine Herausforderung und fühlte sich wie ein Sprung ins kalte Wasser an. Glücklicherweise hatten wir einen Coach im Unternehmen, der mich und den damaligen Prokuristen Peter Wittkämper unterstützte, uns als Team zusammenzufinden. Diese Erfahrung hat mich vom Wert des Coachings überzeugt.
Wirtschaftsforum: Welche Herausforderungen stehen heute an?
Stefanie Bindzus: Seit 1981 befinden wir uns auf einem guten Wachstumskurs. 2007 haben wir eine Dreherei in Norditalien für die Bearbeitung von Messing aufgebaut. Als Geschäftsführerin der nächsten Generation stehe ich vor der Herausforderung, gemeinsam mit meinem Partner, der in den nächsten fünf Jahren in den Ruhestand gehen möchte, die Unternehmensnachfolge zu planen. Wir wollen versuchen, den Spirit eines Familienunternehmens zu bewahren und gleichzeitig in die nächste Generation zu überführen. Dabei ist es wichtig, nicht nur fachliche, sondern auch menschliche Kompetenzen zu berücksichtigen. Als Geschäftsführer muss man Augenmaß und Resilienz mitbringen, um den Mittelweg zu finden. Vieles davon kann gelernt werden. Wir werden daher einen Coach hinzuziehen und ein Mentoring-Programm auflegen, um sicherzustellen, dass wir auch in Zukunft erfolgreich sind.
Wirtschaftsforum: Wie kann die Digitalisierung dabei helfen?
Stefanie Bindzus: Unser Unternehmen hat die Pandemie gut überstanden und wir haben diese Zeit genutzt, um verstärkt in die Digitalisierung zu investieren. Wir haben nahezu ein papierloses Büro umgesetzt und sind nun in der Lage, flexible Arbeitsmodelle anzubieten, einschließlich der Möglichkeit für Mitarbeiter, im Homeoffice zu arbeiten.
Wirtschaftsforum: Wie ist Ihre Sicht auf die Entwicklung von Frauen in Führungspositionen und Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Stefanie Bindzus: Als Frau in einer Führungsposition habe ich über die Jahre festgestellt, dass es wichtig ist, Mädchen und Frauen zu ermutigen, sich in solche Rollen zu trauen. Man kann in diese Rolle hineinwachsen und gleichzeitig Familie und Beruf vereinbaren. Die Unterscheidung zwischen den Geschlechtern ist nicht mehr zeitgemäß, aber Frauen müssen sich immer noch stärker behaupten, insbesondere im gewerblichen Bereich. Für mich ist die Gleichstellung sehr wichtig. Wir haben zum Beispiel keinen Paygap. Andersherum begrüße ich es, wenn junge Väter auch ihre Elternzeitansprüche voll ausnutzen. Wenn es auch für Männer als normal empfunden wird, hilft das wiederum auch den Frauen.