Hat die Idee einen echten Mehrwert?

Interview mit Axel Schmiegelow Geschäftsführer der itravel GmbH

Wirtschaftsforum: Welche Werte stehen in besonderem Maße für Ihre Unternehmenskultur?

Axel Schmiegelow: Bei uns stehen die Bedürfnisse der Kunden und die Qualität unserer Leistung ganz klar im Fokus. Die Erfahrung und Expertise unserer Reiseberater, verbunden mit unserem technologischen Ansatz, sind unsere große Stärke. Darüber wollen wir uns von der Konkurrenz abheben. Sei der Reisewunsch noch so speziell – wir setzen ihn um und ermöglichen dem Kunden ein unvergessliches Reiseerlebnis. Viele Start-ups jagen noch die Chimäre, menschliche Interaktion durch Software ersetzen zu wollen. Wir setzen Technologie ein, damit Menschen – Kunden und Berater – effizienter zueinander finden und bessere Entscheidungen treffen. Des Weiteren sind wir besonders stolz auf das offene Verhältnis, das wir intern im Team pflegen. Jeder Mitarbeiter kann zu jeder Zeit eigene Ideen vorschlagen, umsetzen und dadurch Verantwortung übernehmen. Auf diese Weise entstehen verschiedene Projekte, die anwendungsbezogen sind und nicht nur das Unternehmen, sondern auch das Team weiterbringen. Wir finden, dass die Zeiten, in denen die sogenannte Führungsebene alles vorgibt, genauso vorbei sind wie jene, in denen Reiseveranstalter starre Routen und Verläufe einer Rundreise festlegen.

Wirtschaftsforum: Wirtschaftsforum: Start-Ups starten immer mit einer Idee. Allerdings führt nicht jede davon zum gewünschten Erfolg. Worin unterscheidet sich eine gute von einer schlechten unternehmerischen Idee?

Axel Schmiegelow: Die unternehmerische Idee ist der Startpunkt für eine jede Unternehmung. Aber bereits die erste Frage, die schonungslos beantwortet werden muss, ist: „Nutzt unsere Idee den Menschen wirklich, entfaltet sie einen echten Wert?“. Wenn man ein Konzept verfolgt, das diese Hürde nimmt und wirklich innovativ ist, dann braucht es den unbedingten Willen, die Idee Realität werden zu lassen. Hier sind der Ehrgeiz und die Motivation des Teams gefragt, um aus der anfänglichen Idee ein erfolgreiches Unternehmen werden zu lassen. Als wir gestartet sind, haben viele etablierte Reiseunternehmer ihre Skepsis geäußert: Der Beratungs- und Buchungsprozess sei den Kunden zu aufwendig und passe nicht in die Strukturen der Branche. Heute haben einige der erfahrensten Touristiker in uns investiert und sehen in unserer Idee die Zukunft der Reisebranche.

Wirtschaftsforum: War der Wille zur Neugestaltung der Reisebranche womöglich Ihr Antrieb zur Gründung von itravel?

Axel Schmiegelow: Wir arbeiteten damals an neuen Konzepten für die Reisebranche und konnten nicht fassen, wie festgefahren die Konzernstrukturen waren. Anstatt durch Service, Innovation und Reiseerlebnisse auf das einzugehen, was Reisekunden wirklich suchen, verfolgten sie den Preiskampf mit Standard-Hotels und Pauschalreisen.

Wirtschaftsforum: itravel fällt per allgemeiner Definition unter die Start-ups. Was verleiht Ihnen ein Alleinstellungsmerkmal in der Szene?

Axel Schmiegelow: Als Geschäftsführung motivieren wir unsere Mitarbeiter dazu, aktiv Ideen und Anregungen einzubringen. Durch diese flachen Hierarchien und die daraus resultierende Chance für jedes Teammitglied, das Unternehmensgeschehen mitzugestalten, entsteht ein sehr lebendiger Austausch. Zudem tragen unsere Mitarbeiter durch ihre unterschiedlichsten Qualifizierungen und Lebensläufe zu einem vielfältigen Wissenspotpourri aus allen Bereichen bei: Unsere Touristiker mit zehn Jahren Erfahrung liefern beispielsweise einen unglaublich wertvollen Input für Abteilungen mit weniger touristischer Erfahrung. Die Synthese aus Teams mit sehr unterschiedlichem Erfahrungs- und Kompetenzhintergründen ist eine einzigartige Stärke von itravel.

Wirtschaftsforum: In Ihrer beruflichen Laufbahn als Unternehmer und Firmengründer finden sich Erfolge und Misserfolge zugleich. Gibt es ein Rezept zum Umgang mit letzteren?

Axel Schmiegelow: Am Anfang gingen mir die unternehmerischen Misserfolge noch sehr nahe. Zwar geht es mir heute immer noch unter die Haut, wenn etwas nicht klappt oder uns ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin verlässt. Ich durfte aber lernen, dass unternehmerische Misserfolge immer eine Chance zur Verbesserung bieten. So konnten wir unsere eigene „Failure Culture“ entwickeln, die uns heute stark und flexibel macht.

Wirtschaftsforum: Welche für Sie entscheidenden und/oder auch überraschenden Ereignisse haben die Entwicklung von itravel begleitet oder gar geprägt?

Axel Schmiegelow: Zuvorderst sind unsere Investoren zu nennen, die uns auch zu einem Zeitpunkt vertraut haben, als noch nicht klar war, dass unser Ansatz sich durchsetzen würde. Dann ist natürlich jede Kollegin und jeder Kollege mit jeweils besonderen Stärken ein Meilenstein der Unternehmensentwicklung. Und genauso wichtig waren die Wendepunkte in unserer technologischen Entwicklung, etwa die Entscheidung für unseren aktuellen Software-Ansatz oder die Entdeckung des Potenzials von maschinellem Lernen und der Blockchain.

Wirtschaftsforum: Erfolge gibt es einige in der Unternehmensgeschichte. Welchen würden Sie besonders hervorheben?

Axel Schmiegelow: Unser größter Erfolg liegt meines Erachtens in der Kundenbindung. Wir haben es geschafft, unsere Kunden mit individuellen Reisen anzusprechen, sie für das Thema zu sensibilisieren und ihnen eine Alternative zu den üblichen Pauschalreisen der   großen Veranstalter zu bieten. Kunden, die einmal eine Reise mit uns nach ihren Wünschen gestaltet haben, wollen nicht mehr zurück zu den vorgegebenen Reiserouten unserer Konkurrenz, sondern kontaktieren uns selbstständig für ihre nächste Reiseplanung. Dies haben wir unserem USP zu verdanken: Der persönliche, unmittelbare und für uns so wichtige Kontakt zwischen unseren erfahrenen Reiseberatern und Kunden, der jederzeit eine individuelle Beratung und Angebotserstellung ermöglicht. All das führt wiederum dazu, dass neue Buchungen für uns zu geringeren Akquisitionskosten gewonnen werden, als in der Branche üblich.

Natürlich können wir uns für weiteres Wachstum aber nicht auf unseren Stammkunden ausruhen. In Zukunft müssen wir noch mehr Nutzer für das Thema Individualreisen begeistern und vor allem auch informieren. Für viele Nutzer sind Pauschalreisen die einzige bekannte Möglichkeit, Reisen im Internet zu buchen. Sie sind mit der Idee eine Reise individuell zu gestalten und dabei persönlich beraten zu werden, noch nicht vertraut. An dieser Stelle wollen wir auf den Plan treten und unsere Bekanntheit steigern.

Wirtschaftsforum: Welchen Produkt- bzw. Dienstleistungen räumen Sie momentan einen Schwerpunkt ein?

Axel Schmiegelow: Wie in jedem Unternehmen, das über ein breites Produktportfolio verfügt, gibt es bei uns sowohl Bestseller, die ohne große Bemühungen unsererseits angefragt werden, als auch Produkte, die wenig Aufmerksamkeit der Kunden erfahren. Das geringe Interesse an solchen Produkten liegt oftmals in mangelnder Bekanntheit und Unwissenheit über das Land begründet. Unsere Zielgruppe über eben jene Destinationen zu informieren und aufzuklären, gibt uns ein großes Wachstumspotenzial als führender Anbieter für exklusive Reisen. Derzeit stehen insbesondere Destinationen in Mittel- und Südamerika für uns im Fokus: Zwar registrieren wir hier eine große Nachfrage, doch gleichzeitig bestehen bei den Kunden noch einige Wissenslücken beispielsweise zu den Themen Sicherheit, Kosten und konkreten Reisezielen in den Ländern. Mithilfe unseres Content Marketings versuchen wir, die Kunden diesbezüglich zu informieren, ihnen die Destinationen näherzubringen und somit natürlich die Reiselust zu wecken.

Wirtschaftsforum: Die Reisebranche ist in stetigem Wandel, nicht zuletzt bedingt durch geopolitische Ereignisse. Inwiefern können Sie trotzdem einen Blick in die Zukunft wagen?

Axel Schmiegelow: Wir sehen heute schon ein jährliches Wachstum von mindestens 10% bis 15% für die Branche der Erlebnis- und Individualreisen. Das ist auf den Trend zurückzuführen, dass den Menschen das Reisen im Allgemeinen immer wichtiger wird, sie die Urlaubszeit zudem vollkommener nutzen und den Reiseverlauf aktiv mitgestalten möchten. Dieses gesteigerte Verlangen, auf Reisen etwas Besonderes zu erleben, erfordert die individuelle Reiseberatung, wie wir sie bieten.

Es ist nicht mehr ausreichend, eine Rundreise zu gestalten und den Kunden von A über B nach C zu schicken. Erst wenn ich den Kunden unterwegs noch zu einem verborgenen Unterwasser-Riff führe oder ihm eine Nacht in einem Baumhaus über den Baumwipfeln des Regenwaldes ermögliche, kreiere ich Erlebnisse, die der Reisende so schnell nicht vergessen und von denen er seinen Freunden und Bekannten erzählen wird.

Wirtschaftsforum: Zum Abschluss: Gibt es ein Thema, das Sie über das Alltagsgeschäft hinaus bewegt?

Axel Schmiegelow: In der heutigen Zeit ist es wichtig, über den Tellerrand der eigenen Wirtschaftlichkeit hinaus über die Folgen des eigenen Handelns nachzudenken. Deswegen orientieren wir uns bei der Auswahl und Konfiguration unserer Reisen mehr und mehr an wichtigen Kriterien der Nachhaltigkeit. Das ist besonders in unserer Branche von herausragender Bedeutung, um ökologische und soziale Folgen des Tourismus positiv zu gestalten.

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