„Wir können noch viel mehr!“
Interview mit Michael Schäfer Geschäftsführer und Sven Siegemund, Produktionsleiter der IAB Industrieanlagenbau Senftenberg GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Schäfer, schon seit vielen Jahrzehnten tritt IAB als erfahrener Anlagenbauer im Markt auf – welche Segmente stehen dabei im Zentrum Ihres Tätigkeitsspektrums?
Michael Schäfer: Als die heutige Eigentümerfamilie dieses Unternehmen im Zuge der Wende von der Treuhandanstalt erworben hat, engagierte es sich noch vornehmlich im Sondermaschinenbau. Schon damals bestand jedoch eine enge Verzahnung mit der Kohle- und Stahlindustrie, die in den Folgejahren etwa mit der Produktion von Gießpfannen und Schrottkörben für Stahl- und Hüttenwerke noch stärker in den Fokus rücken sollte. Da sich dieser Wirtschaftszweig jedoch nicht nur aufgrund der langjährigen branchenspezifischen Herausforderungen in einem komplexen Strukturwandel befindet, sondern durch die deutlich gestiegenen Energiepreise in den letzten Jahren noch stärker unter Druck geraten ist, wollen wir unsere gewachsene Expertise neben einer weiteren Festigung unserer Marktposition in der Stahl- und Hüttenindustrie perspektivisch auch in weiteren Industriebereichen einbringen.
Wirtschaftsforum: Welche Branchen haben Sie dabei im Blick?
Michael Schäfer: Dem Stahlbau kommt in vielen fertigungsintensiven Segmenten eine große Bedeutung zu – etwa in der Baumaschinentechnik, in der wir uns gerne verstärkt engagieren möchten und die für ein Unternehmen unserer Größe und Marktpositionierung deutlich geringere Eintrittsbarrieren bereithält als etwa die Automobilindustrie. Für viele unserer spezifischen Kernkompetenzen können wir uns zahlreiche weitere Anwendungsfelder vorstellen. Derzeit fertigen wir beispielsweise auch Fördertechniksysteme für die Stahl- und Kohleindustrie, die mit entsprechenden Modifikationen auch in anderen Logistikumgebungen eingesetzt werden können. Gleichzeitig möchten wir als Zulieferer für die Photovoltaikindustrie auftreten und können an dieser Stelle entsprechende Unterkonstruktionen für Solarpaneele bereitstellen. Dabei sehen wir im Bereich der erneuerbaren Energien auch im Allgemeinen eine sehr spannende Möglichkeit, um über unser angestammtes Spektrum in der Stahl- und Hüttenindustrie hinauszuwachsen, etwa indem wir wichtige Komponenten für wasserstoffbetriebene Werke liefern. Entsprechende Anfragen von einschlägigen Unternehmen aus Europa liegen uns hierzu bereits vor. Langfristig können wir uns auch vorstellen, unsere Fachexpertise beim Wiederaufbau der Stahlwerke in der Ukraine nach Ende des Krieges einzubringen.
Wirtschaftsforum: Auf welche Fertigungsinfrastruktur können Sie dabei bauen?
Sven Siegemund: Wir verfügen über viele Tausend Quadratmeter Fertigungsfläche sowie über Kransysteme, die auf 2 x 20 t ausgelegt sind, sodass wir problemlos auch besonders große Komponenten erzeugen und transportieren können. Darüber hinaus haben wir in den letzten Jahren umfassende Investitionen getätigt, um uns gerade auch für anspruchsvolle Aufträge fit zu machen: So können unsere Walzenvorrichtungen mittlerweile jeweils 3 m breite und starke Zylinder herstellen, während wir zudem über eine hochmoderne Plasmaanlage verfügen, die wir möglicherweise auch im Zuge der Lohnfertigung für andere Auftraggeber einsetzen wollen. In den nächsten Jahren werden wir außerdem in eine weitere Lackieranlage investieren, um durch einen besseren Korrosionsschutz für eine noch größere Langlebigkeit der von uns gefertigten Komponenten zu sorgen. Ein ebenso starkes Augenmerk liegt auf effizienten Prozessen, nicht zuletzt bei den zahlreichen unterschiedlichen Schweißverfahren, die unsere Mitarbeiter mit ihrer ausgewiesenen Expertise und langjährigen Erfahrung umsetzen.
Wirtschaftsforum: Gerade fertigungsintensive Unternehmen haben besonders stark mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Wie will IAB seine gewachsenen Kompetenzen auch perspektivisch sichern?
Sven Siegemund: Ich glaube, dass wir in diesem Kontext vor einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung stehen. Aktuell verspüre ich auf dem Arbeitsmarkt einen gewissen Überhang an Akademikern, der sich leider zuungunsten gut ausgebildeter Handwerksmeister darstellt. Um unser Know-how langfristig aufrechtzuerhalten, investieren auch wir stark in die Ausbildung junger Mitarbeiterinnen, die wir für unser Unternehmen begeistern wollen. Gewisse politische Entscheidungen erschweren diesen Weg jedoch leider beträchtlich: So wurde kürzlich beschlossen, dass die technischen Studiengänge an der hiesigen Fachhochschule nicht mehr angeboten und die entsprechenden Ressourcen nach Cottbus verlegt werden sollen, was dazu führen wird, dass einschlägige Fachkräfte in unserer Region noch schwerer zu finden sein werden. Leider fehlt es gerade in diesem Kontext oft an einem nachhaltigen politischen Willen, um hier die Schaffung einer verlässlichen Basis zu erleichtern.
Wirtschaftsforum: Welche Vision bildet gerade angesichts dieser vielfältigen Herausforderungen und neuen Impulse derzeit das zentrale Leitbild Ihres Unternehmens?
Michael Schäfer: Ich werde versuchen, die IAB wieder mehr zu reaktivieren und wir werden in den nächsten Jahren zeigen, was in uns steckt und dass wir noch viel mehr können, als wir in den letzten Jahren vielleicht zeigen konnten. Die Aufgabe, unsere Marktposition in der Stahl- und Hüttenindustrie zu festigen und gleichzeitig neue Geschäftsfelder für unser Know-how zu erschließen, ist für uns auch im Tagesgeschäft ein wichtiger Ansporn.