„Schön, wenn jemand noch klassisch wachst“
Interview mit Timo Fleischmann, Business Director Sales and Brand der Holmenkol GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Fleischmann, berichten Sie doch zunächst etwas über die Historie des Unternehmens.
Timo Fleischmann: Unsere Geschichte reicht zurück bis ins Jahr 1922. Unter der Marke Holmenkol hat die Firma Skiwachs, damals noch für Holzskier, sowie Kerzen- und Schuhwachs vertrieben. Im weiteren Verlauf wurden Skibeläge, -schuhe und -textilien produziert. Seit 1975 stellen wir auch Textilpflegeprodukte und seit einiger Zeit Fahrradpflegemittel her. In den 2000er Jahren folgte eine schwierige Zeit. Das Unternehmen wurde 2012 von der Ferdinand Eimermacher Firmengruppe übernommen. Seitdem haben wir viele Innovationen auf den Markt gebracht.
Wirtschaftsforum: Können Sie uns Beispiele nennen?
Timo Fleischmann: Das sind zum Beispiel unsere nachhaltigen, biologisch abbaubaren Produkte. Das Thema Nachhaltigkeit erstreckt sich aber bei uns nicht nur auf die Produkte. Wir produzieren zu 95% in Deutschland, haben daher kurze Lieferwege, und nutzen Photovoltaikanlagen. Bis dato sind wir der einzige Skiwachshersteller, der mit dem Nordic SWAN Ecolabel ausgezeichnet wurde. Eine weitere Innovation ist ein hochwertiges Textilwaschmittel in Form von Waschkapseln, das bisher im Sportfachhandel einmalig ist. Über die Jahre haben wir viele Patente für Rohstoffe und Fertigprodukte angemeldet. Über die Eimermacher Gruppe haben wir Zugriff auf deren Forschung und Entwicklung in den Bereichen Rohstoffe und Rezepturen. Gerade im Ski-Spitzensport, in dem es um Hundertstelsekunden geht, ist die Entwicklung von Skiwachsen ein ständiger Prozess.
Wirtschaftsforum: Wie ist Holmenkol heute aufgestellt?
Timo Fleischmann: Wir vertreiben unsere Produkte weltweit und sind Partner aller großen Skiverbände. In unserer Firmenzentrale in Ludwigsburg beschäftigen wir neben dem Bereich Vertriebsmanagement, auch die Abteilungen Produktmanagement und Marketing. Darüber hinaus sind zahlreiche Seminaristen als Markenbotschafter für uns im Einsatz um Wachsvorträge direkt bei unseren Händlern abzuhalten. Den größten Anteil am Jahresumsatz macht nach wie vor der Wintersport aus. Aber durch die klimatischen Veränderungen und langfristig kürzere und wärme Winter, müssen wir heute die Weichen für die Zukunft stellen. Das bedeutet, sich in Zukunft stärker auf unser Ganzjahres-Programm der Textil- und Fahrrad-Pflege zu konzentrieren und gegebenenfalls auch offen für neue Geschäftsfelder, innerhalb unserer Kernkompetenz der Oberflächenbearbeitung, zu sein.
Wirtschaftsforum: Welche Themen beschäftigen Sie darüber hinaus im Moment?
Timo Fleischmann: In diesem sehr speziellen Jahr haben uns mehrere Themen beschäftigt. Zum Beispiel das vom Ski- Weltverband FIS verkündete, und vor einigen Wochen um eine Saison verschobene, komplette Fluorwachs-Verbot für alle FIS organisierten Veranstaltungen ab der Saison 2020/2021. Langkettige Fluorverbindungen waren für lange Zeit im professionellen Rennsport gesetzt, da sie die besten Gleitwerte bieten konnten. Wir arbeiten seit Jahren an alternativen Rohstoffen und Produkten, die sich zum einen mit den aktuellen EU-Regularien im Einklang befinden, darüber hinaus aber auch eine Herausragende Performance liefern und gleichzeitig ökologisch und nachhaltig sind. Natürlich beschäftigt uns auch die aktuelle Corona-Pandemie, die uns strategisch Woche für Woche vor neue Herausforderungen stellt und wir extrem flexibel agieren müssen um Spielräume optimal nutzen zu können. Trotzdem steht die gesamte Wintersport-Industrie diesen Winter vor einer großen Aufgabe.
Wirtschaftsforum: Welche Produkte sind für Holmenkol heute am wichtigsten?
Timo Fleischmann: Grund- und Rennwachse machen den größten Umsatzanteil aus. Wir beobachten seit einiger Zeit eine Veränderung im Käuferverhalten: Früher haben ambitionierte Skifahrer oder die sogenannten ‘Racing Daddys’, die ihre Kinder unterstützen, die Skier zu Hause auf dem Wachstisch gewachst. Das feste Wachs wurde mit einem Wachseisen erwärmt und aufgetragen, dann poliert und bearbeitet. Heute muss alles schnell und einfach gehen. Daher bieten wir Flüssigwachse an, die einfach mit einem Polierfilz aufgetragen werden. Wir finden es aber immer schön, wenn jemand noch auf die klassische Weise wachst – Das macht die Zielgruppe ab 30, 35 Jahren aufwärts. Des Weiteren haben wir mit unserer Reihe Bio-Natural Produkte, die nach OECD 301 zertifiziert sind, das bedeutet, in 28 Tagen sind die Inhaltsstoffe zu mehr als 60% abgebaut. Da wir uns mit unserem Sport in der Natur aufhalten, wollen wir auch einen Beitrag leisten, sie zu erhalten. Als nächstes werden wir eine Produkt-Serie auf den Markt bringen, die komplett fluorfrei ist. Damit gehen wir noch einen Schritt weiter, als die EU vorgibt.
Wirtschaftsforum: Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach wesentlich für den Erfolg des Unternehmens?
Timo Fleischmann: Man muss in der Lage sein, mit einer gewissen Geschwindigkeit und Effizienz innovative Produktlösungen zu finden und in den Markt zu bringen. Durch unser eigenes Entwicklungsteam haben wir sehr kurze Wege und sind flexibel und schnell. Dadurch können wir uns immer wieder Marktvorteile erarbeiten.
Wirtschaftsforum: Was ist Ihre persönliche Motivation?
Timo Fleischmann: Ich bin seit Anfang letzten Jahres in dieser Position, aber schon mein ganzes Arbeitsleben lang im Bereich Sport tätig. Daran begeistern mich die Emotionen und das Miteinander. Ob unter den Mitarbeitern, mit Kunden oder Partnern, es gibt in diesem Bereich einen großen Zusammenhalt. Bei Holmenkol habe ich außerdem ein Team vorgefunden, das viel Liebe und Treue zur Marke zeigt.