Kupfer – Enabler der Energiewende

Interview mit Martin Gerlach, Vice President Sales der HME Copper Germany GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Gerlach, Sie haben Ende der 1980er-Jahre als Trainee bei HME Copper begonnen und begleiten die Unternehmensentwicklung damit seit Jahrzehnten. Was ist für Sie das Besondere an der HME Copper?

Martin Gerlach: Die Geschichte der HME Copper steht exemplarisch für die Geschichte der märkischen Industrie, die mich persönlich sehr interessiert. Hier liegen meine familiären und beruflichen Wurzeln und damit eine besondere Verbundenheit.

Wirtschaftsforum: Welche historischen Entwicklungen haben die HME Copper beeinflusst?

Martin Gerlach: Das Unternehmen wurde im 17. Jahrhundert als Hammerwerk in Iserlohn gegründet und zog aus infrastrukturellen Gründen vor 170 Jahren nach Menden.

In der Zeit der industriellen Revolution stieg das Unternehmen Ende des 19. Jahrhunderts in die industrielle Fertigung ein, stellte unterschiedlichste Produkte wie Beschläge für die Infanterie, Teekessel oder Gürtelschnallen aus NE-Legierungen her und wuchs kontinuierlich. Die damalige R&G Schmöle Metallwerke vertrieb die Produkte weltweit und nahm schon damals an ausländischen Messen in Russland und den USA teil. Forciert wurde diese Entwicklung von der Unternehmerfamilie Schmöle, die zum Beispiel sehr früh betriebsinterne Sozialversicherungen einführte und immer wieder unternehmerische Weitsicht bewies.

Bis in die 1980er-Jahre wuchs das Unternehmen auf 2.800 Mitarbeiter. Eine Zäsur brachte der Verkauf an die Osnabrücker Kabelmetal AG, verbunden mit verschiedenen Umstrukturierungen und der Entscheidung, am Standort Menden nur noch Kupferrohre zu fertigen. Die Osnabrücker wurde später von der italienischen Europa Metalli SpA übernommen, mit dem Ziel, den weltweit größten NE-Metallhalbzeughersteller zu schaffen. Als sich Mitte der 2000er-Jahre der Kupferpreis vervierfachte, die Nachfrage zurückging und der Markt für Kupferrohre in der Haustechnik sich innerhalb von 15 Jahren halbierte, wurden Produktionsstandorte geschlossen und die Kupferrohrproduktion in Menden konzentriert.

Seit April 2019 gehört das Mendener Rohrwerk zur chinesischen Hailiang Group, dem größten Kupferproduzenten der Welt, und firmiert seitdem unter dem Namen HME Copper Germany GmbH. Ein weiterer Meilenstein. Für uns hat sich die Situation durch Investitionen enorm verbessert. Wie in einem traditionellen Familienunternehmen planen wir nicht quartalsweise, sondern langfristig in Fünf-Jahres-Schritten oder Generationen.

Wirtschaftsforum: Wie sieht der Standort Menden heute aus?

Martin Gerlach: Wir haben 360 Mitarbeiter, produzieren 40.000 t Kupfer pro Jahr und unterscheiden zwischen Hausinstallations- und Industrierohren. Am Standort Menden produzieren wir Rohre für Heißwassersysteme, elektrische Anwendungen sowie Sanitär- und Installationstechnik und bedienen damit ein breites Anwendungsfeld mit großem Wachstumspotenzial. Ein wichtiges Thema sind in diesem Zusammenhang Wärmepumpen.

Wirtschaftsforum: Gibt es besondere Produkt-Highlights?

Martin Gerlach: Sanco-Rohre sind Premiumprodukte, die durch ein spezielles Herstellungsverfahren gegen Korrosion geschützt sind und international eine führende Marktposition einnehmen. Ein weiteres Highlight sind Wicu-Rohre, die PVC-ummantelt und damit besonders robust und universell einsetzbar sind. Kupfer hat einzigartige Eigenschaften, die durch kein anderes Material ersetzt werden können. Dazu zählen hohe Temperaturleitfähigkeit, extrem gute Verformbarkeit und eine perfekte Recyclingfähigkeit. Kupfer ist ein Enabler der Energiewende und leistet einen enormen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Im Zuge der Elektrifizierung der Gesellschaft wird aus einem traditionsreichen Material ein hochinteressantes Produkt, das uns optimistisch in die Zukunft blicken lässt.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Kunststoff, Metall, Holz & Co.

Mit Leichtigkeit in die Zukunft

Interview mit Hinrich Hampe, Head of Governmental Affairs der Teijin Carbon Europe GmbH

Mit Leichtigkeit in die Zukunft

Carbonfasern haben viele Vorteile. Einer ist ihr geringes Gewicht. In der Entwicklung dieses Hightechmaterials steckt viel Know-how. Dieses ist in Deutschland nur bei der Teijin Carbon Europe GmbH mit Sitz…

Zukunft aus Holz bauen

Interview mit Georg Nef, Geschäftsführer der Vögeli Holzbau AG

Zukunft aus Holz bauen

Holz ist einer der ältesten Baustoffe – und aktueller denn je. Als nachwachsender Rohstoff verbindet er Nachhaltigkeit mit moderner Technik und präziser Vorfertigung. Ob historische Sanierung oder mehrgeschossiger Wohnungsbau: Holzbau…

„Draht ist unser roter Faden“

„Draht ist unser roter Faden“

Drähte, egal in welcher Form oder in welcher Ausführung, begegnen uns in der Mikrowelle, im Gartenzaun oder beim Reisekoffer, den wir auf Rollen durch den Flughafen ziehen. Es ist diese…

Spannendes aus der Region Märkischer Kreis

„Wir schauen über den Tellerrand hinaus“

Interview mit Sandra Lüngen, Geschäftsführerin der HLH BioPharma GmbH

„Wir schauen über den Tellerrand hinaus“

Die Geschichte der HLH BioPharma GmbH und ihrer Geschäftsführerin ­Sandra Lüngen ist eine echte Unternehmerstory, wie sie nur das wirkliche Leben schreiben kann: 2008 ist die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau…

Grüner Stahl – Hightech für den Klimaschutz

Interview mit Merlin Röttger, Geschäftsführer der GeisslerWista GmbH

Grüner Stahl – Hightech für den Klimaschutz

Stahl ist einer der wichtigsten Werkstoffe der modernen Welt – und seine Herstellung für rund neun Prozent der CO2-Emissionen weltweit verantwortlich. Die GeisslerWista GmbH aus Witten ist Teil dieses für…

Zwischen Tradition und Transformation

Interview mit Dieter Kleen, Geschäftsführer der IAS GmbH

Zwischen Tradition und Transformation

Die Elektrifizierung gilt als Schlüsselstrategie, um die Energiewende zu gestalten und nach vorn zu bringen. Dabei geht es um viel mehr als nur die Umstellung auf Elektrofahrzeuge. Ein wichtiger Baustein…

Das könnte Sie auch interessieren

„Draht ist unser roter Faden“

„Draht ist unser roter Faden“

Drähte, egal in welcher Form oder in welcher Ausführung, begegnen uns in der Mikrowelle, im Gartenzaun oder beim Reisekoffer, den wir auf Rollen durch den Flughafen ziehen. Es ist diese…

Zukunft in Stahl – nachhaltig, digital und partnerschaftlich

Interview mit Gregory Rombaut, Sales- und Marketingmanager der KS Service Center B.V.

Zukunft in Stahl – nachhaltig, digital und partnerschaftlich

In einer Branche, die wie kaum eine andere unter globalem Wettbewerbsdruck steht, geht die niederländische KS Service Center B.V. eigene Wege. Das Unternehmen, Teil der KS Industries Gruppe, kombiniert effiziente…

„Kein Freiraum zum Atmen“

Interview mit Anton Buresch, Geschäftsführer der Gerhard Rauch Ges.m.b.H.

„Kein Freiraum zum Atmen“

Die Gerhard Rauch Ges.m.b.H. in Trasdorf in Niederösterreich ist weltweit für ihre hochwertigen Bauteile und innovativen Stanzlösungen bekannt. Anton Buresch, geschäftsführender Gesellschafter, vertritt die 2. Generation im Familienunternehmen. Im Interview…

TOP