Zukunftsbringer Automation
Interview mit Frank Konrad, Co-CEO der HAHN Automation Group
Wirtschaftsforum: Herr Konrad, was sind heute die Schwerpunkte Ihres Geschäfts?
Frank Konrad: Grundsätzlich sind wir bewusst breit aufgestellt. Unser Fokus liegt auf der Entwicklung und dem Bau von Produktionsanlagen für die Montage-, Prüf- und Prozesstechnik, hauptsächlich für die produzierende Industrie. Dabei zählen zu unseren Kunden Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen, wie zum Beispiel Automobil, Konsumgüter, Medizintechnik oder Elektronik.
Wirtschaftsforum: Wo sehen Sie die besonderen Stärken am Firmenhauptsitz in Rheinböllen?
Frank Konrad: Wir sind stark in innovativen Technologien, aktuell zum Beispiel in der Batterietechnologie oder in Fuel Cells. Wir beschäftigen uns immer früh mit neuen Themen und Trends. Zudem begleiten wir unsere Kunden von der ersten Idee und Entwicklung bis zur Turnkey-Inbetriebnahme, inklusive der Produktionstechnik, der Intralogistik und auch des Prozessflows. Wir entwickeln individuelle Lösungen, die weltweit skaliert werden können. Wir verfügen dazu über ein modulares System, unseren Master Cell-Baukasten. Neben unserer Entwicklungsstärke schafft unsere internationale Aufstellung Vertrauen bei unseren Kunden.
Wirtschaftsforum: Bitte geben Sie uns einige Beispiele für neue Entwicklungen oder Innovationen.
Frank Konrad: Wir waren einer der ersten Anbieter, die vollautomatisch digitale Displays hergestellt haben. Inzwischen bieten wir hier komplette Produktionslinien inklusive Testanlagen für digitale Displays an. Aktuell bauen wir eine vollautomatische Produktionsanlage für ein Endoskop in einem Operationsroboter. Hier sprechen wir von Mikrotechnologie. Ein weiteres Innovationsthema bei uns im Haus ist der Bau erster Anlagen für Fuel Cells. Wir haben unseren Fokus bereits von der klassischen Verbrennung auf E-Mobilität verlagert. Nur noch rund 10% unserer Entwicklungen sind für klassische Verbrennungsanlagen. Sensoren, autonomes Fahren sowie die gesamte Antriebsstrangthematik stehen ebenfalls weit oben auf unserer Entwicklungsagenda. Auch im Bereich der Medizintechnik engagieren wir uns. COVID hat in der Medizin und Pharmazeutik einen Investitionsstau aufgelöst.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt die Digitalisierung als Treiber von Innovationen?
Frank Konrad: Die Digitalisierung ist ein zentraler Treiber unseres Geschäfts. Wir können über virtuelles Engineering unsere Anlagen zu 100% als digitalen Zwilling ausliefern. Über digitales Datenhandling können wir unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten. Wir zeigen Maschinen digital in der realen Welt und können schon in einem frühen Stadium Prozesse und Funktionalität abbilden. Die gesamte Branche unterzieht sich zurzeit einem digitalen Wandel. Ohne digitale Zwillinge können unsere Kunden ihre Produkte nicht gestalten. Die Automobilbranche ist hier ein guter Trendsetter. Die Maschinen müssen flexibler und wandelbarer werden, um möglichst effizient produzieren und im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Wir werden hier mehr und mehr ein Entwicklungspartner unserer Kunden.
Wirtschaftsforum: Wie stellen Sie sich dem Thema Nachhaltigkeit?
Frank Konrad: Wie schon beschrieben, wandelt sich die gesamte Antriebstechnik. Wir haben schon früh angefangen, uns mit nachhaltiger Energie aufzustellen. In unserem größten Werk in Rheinböllen erzeugen wir über 70% unserer Energie über ein Blockheizkraftwerk und eine PV-Anlage selbst. Wir verbrauchen so wenig Energie wie möglich und halten uns an das Lieferkettengesetz.
Wirtschaftsforum: Was haben Sie sich für das Jahr 2023 vorgenommen?
Frank Konrad: Im Mittelpunkt steht unser neuer gemeinsamer Auftritt als HAHN Automation Group. Wir werden an der Integration aller Standorte arbeiten. Alle sollen die gleiche Identität und alle Mitarbeiter die gleiche Heimat haben. Am Markt werden wir uns auf Wachstum in unseren vier Fokusindustrien konzentrieren. Unsere Kunden stehen vor der Herausforderung des anhaltenden Fachkräftemangels. Sie werden stärker automatisieren müssen, um ihr globales Set-up aufrecht erhalten zu können.
Wirtschaftsforum: Welche Vision verfolgen Sie mit der HAHN Automation Group?
Frank Konrad: Vision ist ein starkes Wort. Ich sehe für die nächsten Jahre vielversprechende Perspektiven am Markt. Hier möchten wir mit unserem Zukunftssetting der HAHN Automation Group partizipieren. Wir erwarten ein zweistelliges jährliches Wachstum. Grundsätzlich sollten Politik und Gesellschaft Automation als Chance begreifen und ihr offener gegenüberstehen, um mit künftigen Herausforderungen fertig zu werden. Die technische Kompetenz, die Deutschland unbestritten nach wie vor hat, schließt Türen auf. Sie muss gefördert werden, damit die Branche sich stetig weiterentwickeln kann. Deutschland hat hier international eine Führungsrolle. Dies muss deutlicher kommuniziert werden. Automation ist kein Jobkiller, sondern ein Zukunftsbringer.