Die Mischung macht‘s
Interview mit Philipp Ehlert, Geschäftsführer der Gustav Ehlert GmbH & Co. KG
Wirtschaftsforum: Herr Ehlert, im kommenden Jahr steht das 100-jährige Firmenjubiläum an. Grund genug, zurückzuschauen. Was waren besondere Meilensteine in dieser Zeit?
Philipp Ehlert: Mein Urgroßvater gründete 1924 das erste Spezialgeschäft für Fleischereibetriebe in Gütersloh. Er importierte Naturdärme, machte sie haltbar und verteilte sie an Metzgereien im Ort. Das zum Haltbarmachen notwendige Salz war das zweite wichtige Produkt im Angebot, später kamen Gewürze hinzu. Kundenanfragen waren immer der Treiber für die kontinuierliche Weiterentwicklung. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Kühltechnik auf und durch Kontakte zu Herstellern anderer Geräte und Produkte wurden auch Handwerkzeuge und Handschuhe in das Sortiment aufgenommen.
Wirtschaftsforum: Setzte sich die Angebotserweiterung fort?
Philipp Ehlert: Ja. Mitte der 1970er-Jahre war Ehlert ein Vollsortimenter für Fleisch- und Wurstwaren. Als mein Vater 1980 die Geschäftsführung übernahm, unterstützt von meiner Mutter, wurde mit Einwegbekleidung ein neues Segment aufgebaut. Zudem bot man erstmals neben Standardprodukten auch kundenspezifische Gewürzmischungen an. Mit der dynamischen Entwicklung einher gingen verschiedene Standortwechsel.
Wirtschaftsforum: Wie sehen Angebot und Unternehmensstruktur heute aus?
Philipp Ehlert: Hygieneschutzbekleidung, HACCP-konforme Arbeitsbekleidung, Gewürzmischungen, Verpackungsmaterialien und Handmesser bilden die wichtigsten Produktgruppen. Seit 2013 sind wir mit einem Logistikgebäude plus Produktion in Verl ansässig, wo 96 Mitarbeiter tätig sind. Der Umsatz konnte in den vergangenen Jahren stetig gesteigert werden und liegt heute bei 65 Millionen EUR.
Wirtschaftsforum: Wo sehen Sie das Unternehmen mit dieser Aufstellung am Markt?
Philipp Ehlert: Unsere Wurzeln liegen im klassischen Fleischereibedarf. Es gibt heute nicht mehr viele reine Fleischereibedarfsgroßhändler; in dieser Nische sind wir führend. Als Versorgungsspezialist für die Lebensmittelindustrie nehmen wir, was Sortiment, Dienstleistung und Leistungsfähigkeit betrifft, eine Alleinstellung ein. Wettbewerber konzentrieren sich oft nur auf bestimmte Teilgebiete, bieten beispielsweise nur Reinigungsmittel an.
Wirtschaftsforum: Welchen Einfluss nahmen die Coronakrise und der Krieg in der Ukraine auf die Entwicklung?
Philipp Ehlert: Corona hat die Nachfrage nach Einwegbekleidung stark befeuert. Die Preise im Ein- und Verkauf stiegen durch die Verknappung deutlich, zum Teil um 300%. Unser primäres Ziel war immer, Stammkunden weiter zuverlässig zu bedienen. Was den Krieg und die damit verbundenen Energiepreise angeht, sind wir nicht von extremen Kostensteigerungen betroffen, da die Produktion von Gewürzmischungen nicht besonders energieintensiv ist.
Wirtschaftsforum: Sehen Sie momentan bestimmte Trends?
Philipp Ehlert: Die Lebensmittelsicherheit ist ein Thema, mit dem wir uns schon länger beschäftigen und auch künftig beschäftigen werden. Neu ist die Frage nach der Zukunft der Nahrung. Welche Rolle werden Insekten oder In-Vitro-Fleisch spielen? Klar ist, wir sind zwei junge Geschäftsführer, die offen für Neues sind und etwas bewegen wollen.
Wirtschaftsforum: Wie sieht es bei Ehlert selbst mit Innovationen aus?
Philipp Ehlert: Produktinnovationen entstehen weniger bei uns als bei unseren Lieferanten. Intern haben wir in der jüngsten Vergangenheit ein Messermanagementtool gepusht; ein digitales Tool, um die Verwendung von Werkzeugen in der Produktion zu dokumentieren und Prozesse wie Reparaturen oder Nachbestellungen anzustoßen.
Wirtschaftsforum: Gibt es neben dem professionellen Full Service einen Schlüssel zum Erfolg?
Philipp Ehlert: Es ist die Kundenfokussierung eines Familienunternehmens. Unsere Aufgabe ist es, die Dinge zu beschaffen, die der Kunde wirklich braucht. Deshalb müssen wir ihm zuhören, im engen Austausch sein und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Handel ist Wandel; das ist die Realität und darauf müssen und werden wir uns auch in Zukunft einstellen. Unser Ziel ist, dazu beizutragen, dass in Europa hochwertige Lebensmittel hergestellt werden.