Was einen Hidden Champion ausmacht
Interview mit Jürgen Schneider und Christian Unterberger, Geschäftsführer der GHM-Gruppe

Wirtschaftsforum: Herr Unterberger, die GHM Group ist im Jahr 2009 entstanden, die Ursprünge reichen aber viel weiter zurück.
Christian Unterberger: Unsere Unternehmensgruppe ist aus fünf Familienunternehmen in Deutschland und Italien entstanden, die zwischen 1963 und 1988 gegründet wurden. Das sind die Firmen Honsberg, Martens und Val.co, die alle im Bereich Industriesensorik und -elektronik tätig sind, die Firma Greisinger mit dem Fokus auf Handmessgeräten und der Umweltmesstechnik-Spezialist Delta OHM. Es gab schon vorher Geschäftsbeziehungen, man kannte sich, war aber nicht strukturell verbunden. Seit Ende 2021 sind wir ein Teil von GENUI, einer stark unternehmergeprägten Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Hamburg, die in mittelständische Unternehmen investiert, vorwiegend solche, die zu den Hidden Champions in ihrer Branche zählen.
Wirtschaftsforum: Und Sie sind solch ein Hidden Champion?
Christian Unterberger: Wir sind mit rund 300 Mitarbeitern und einem Umsatz von 50 Millionen EUR ein sehr erfolgreicher Nischenplayer, der sich dadurch auszeichnet, dass er Lösungen liefert, die exakt an die individuellen Kundenanforderungen angepasst sind. Individualisierung ist unsere Kernkompetenz. Wir haben jahrelanges Know-how und bieten erstklassige Qualität und erreichen so eine extrem starke Kundenbindung. Es gibt für unsere Kunden keinen Grund zu wechseln.
Wirtschaftsforum: Wie hat sich das Unternehmen in den letzten Jahren entwickelt? Sind Sie gut durch die Krise gekommen?
Christian Unterberger: Im Grunde haben wir sogar davon profitiert. Durch die zunehmende Prozessautomatisierung und Digitalisierung werden immer mehr Sensoren benötigt. Das Thema boomt derzeit. Durch den Druck Kosten zu sparen, treiben viele Firmen die Automatisierung weiter voran. Hierfür braucht es entsprechende Messtechnik. Wir sehen allerdings Verschiebungen am Markt: In der DACH-Region ist der Maschinenbau leicht rückläufig, dafür entstehen aber neue Märkte, zum Beispiel im Bereich Umweltsensorik.
Jürgen Schneider: Die Digitalisierung, Entwicklungen wie das Internet of Things, sind ein echter Wachstumsmotor für uns, hier investieren wir intensiv. Hiervon profitieren auch unsere Kunden. Die Verarbeitung von Messdaten ist ein Wertetreiber für Unternehmen. Deshalb bieten wir jetzt auch Daten-Hosting an; dadurch verändert sich unser Geschäftsmodell, weg vom Hersteller von Sensoren und hin zum Anbieter von Komplettlösungen.
Wirtschaftsforum: Sie haben drei strategische Geschäftsfelder: Industriesensorik und -elektronik, Umweltmesstechnik und Handmessgeräte.
Christian Unterberger: Wir stellen Produkte her, die in Anlagen oder Systeme unserer Kunden eingebaut werden, hauptsächlich Sensoren. In der Indus-triesensorik geht es zum Beispiel um Ph-Messungen bei der Wasseraufbereitung oder Durchflussmessungen bei Kühlsystemen oder Transformatoren-Öl-Kühlung. In der Umweltmesstechnik geht es um die Messung von Windgeschwindigkeiten, Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Luftdruck oder Sonneneinstrahlung. Unser Produktspektrum reicht hier von einzelnen Sensoren bis hin zu ganzen Umweltüberwachungsstationen. Abgerundet wird unser Produktportfolio durch mobile Messgeräte, Anzeiger, Regler und Temperaturfühler für sämtliche Sensoren-Applikationen.
Wirtschaftsforum: Inwieweit tragen Sie mit Ihren Produkten zu mehr Nachhaltigkeit bei?
Jürgen Schneider: Zuallererst natürlich im Bereich Umweltmesstechnik, das ist ein klarer Wachstumsmarkt für uns. GHM fokussiert sich daneben über alle Geschäftsbereiche zunehmend auf Megatrends, Stichwort Smart Factory, Smart City oder Agrivoltaics, wo die zunehmende Automatisierung dazu führt, dass weniger Ressourcen verbraucht werden. Das Thema ESG hat für uns und unseren Mehrheitsgesellschafter einen enorm hohen Stellenwert und wir verfolgen klar definierte ESG-Kriterien. Wir sind außerdem Mitglied bei Climate Neutral Now, einer Initiative der Vereinten Nationen, deren Ziel es ist, alle gesellschaftlichen Akteure zum Klimaschutz zu ermutigen, um bis 2050 eine klimaneutrale Welt zu erreichen. Wir haben uns verpflichtet, diesen Zielen Rechnung zu tragen.
Wirtschaftsforum: Sie haben dieses Jahr ein Change-Programm für das Unternehmen definiert. Was verbirgt sich dahinter?
Christian Unterberger: Wir richten unsere Business Units noch stärker auf die Megatrends Digitalisierung und Automatisierung aus und gehen das Thema People ganzheitlich an, mit einer offenen, dynamischen Unternehmenskultur und moderner Arbeitsplatzgestaltung. Wir haben eine spannende Zukunft vor uns, die zugleich digitaler und nachhaltiger sein wird.