„Die Pandemie hat uns fit für die Zukunft gemacht“

Interview mit Matthias Theiß, Geschäftsführer der Forum B + V Oil Tools GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Theiß, die Initialen der altehrwürdigen Hamburger Werft Blohm+Voss trägt Ihr Unternehmen bis heute im Namen. Was verbindet Ihre Firma heute noch mit ihren Ursprüngen?

Matthias Theiß: Neben diesem Namensbestandteil natürlich insbesondere unser Sitz auf dem angestammten Werftgelände. Hinsichtlich der Unternehmensstruktur haben wir über die Jahrzehnte jedoch einige Veränderungen durchlebt und sind heute in die Struktur eines multinationalen Konzerns mit Sitz in den USA integriert. Dadurch können wir sowohl von einer globalen Marktabdeckung profitieren als auch konzentriert unserem geschärften spezialisierten technologischen Know-how nachgehen.

Wirtschaftsforum: Wo kommt dieses Fachwissen letztendlich zum Einsatz?

Matthias Theiß: Unsere Kernkompetenz besteht in der Entwicklung, Fertigung und technischen Qualifizierung von Haltevorrichtungen und Sondermaschinen für Bohreinrichtungen, speziell zur Förderung von Rohstoffen wie Öl, Gas und mittlerweile auch Silizium. Neben der Konzeption individueller Lösungen für unsere Kunden umfasst unsere Tätigkeit dabei die Veredelung und Weiterverarbeitung der hochwertigen Stahlelemente sowie die Durchführung sämtlicher sicherheitsrelevanter Tests, die aufgrund der besonderen Umgebungsanforderungen am Einsatzort natürlich äußerst umfangreich ausfallen.

Wirtschaftsforum: Auch Ihre technischen Lösungen als solche sind dabei für besonders herausfordernde Anwendungsfelder konzipiert.

Matthias Theiß: Darin liegt unser Spezialgebiet, mit dem wir uns von den meisten unserer Wettbewerber abheben können: Unsere Halte- und Hebevorrichtungen sind oftmals nicht größer als ein Büro-Rollcontainer, dabei jedoch auf eine Gewichtslast von bis zu 1.500 t ausgelegt: Das entspricht etwa dem Gewicht drei vollbesetzter kommerzieller Großraum-Flugzeuge.

Wirtschaftsforum: Was zeichnet Sie jenseits dieses besonderen technologischen Know-hows aus?

Matthias Theiß: Unsere Kunden erwarten aufgrund des besonderen Anwendungsfeldes einen sehr hohen Qualitätsstandard, den wir in vollumfänglicher Verlässlichkeit garantieren. Die von uns entwickelten Lösungen können von den meisten anderen Firmen zudem überhaupt nicht dargestellt werden. Hinzu kommt unser besonders kundenorientiertes Auftreten: Eine ununterbrochene Erreichbarkeit und sofort umsetzbare technische Support-Dienstleistungen sind für uns, gerade als Teil der sicherheitsrelevanten Infrastruktur an besonders exponierten Orten, eine Selbstverständlichkeit. Uns freut es sehr, dass wir das Vertrauen von Partnern in allen erdölreichen Regionen der Welt genießen: von Südamerika über die Nordsee-Anrainerstaaten und den Nahen Osten bis in den indischen Ozean, wo wir derzeit an einem Großprojekt mit 47 neuen Bohranlagen mitwirken.

Wirtschaftsforum: Wie hat Ihr Unternehmen die herausfordernde Zeit der Coronapandemie erlebt?

Matthias Theiß: Spätestens, als wir unseren Betrieb auf eine weitgehende Homeoffice-Struktur umgestellt haben, wurde uns klar, dass wir einige grundlegende Aspekte an unseren Abläufen verändern mussten. Bis dato hatten wir noch viel mit Aushängen auf Papier gearbeitet, um in unserem Unternehmen eine prozessübergreifende Transparenz herzustellen: Dabei haben unsere Mitarbeiter oftmals KPIs einzeln aus unserem ERP ausgelesen und dann von Hand auf einem Blatt Papier notiert. Das war zugegebenermaßen schon damals nicht mehr zeitgemäß. Die Corona-maßnahmen haben uns an dieser Stelle zu einer fundamentalen Weiterentwicklung gezwungen, die wir erfolgreich durchlaufen haben. Heute arbeiten wir effizienter als jemals zuvor.

Wirtschaftsforum: Wie sah diese Weiterentwicklung im Detail aus?

Matthias Theiß: Wir haben die Herausforderungen der Coronapandemie als Chance genutzt, um unseren Prozessfluss von Anfang bis Ende übersichtlich unter einem Software-Dach darzustellen, damit jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin sämtliche Informationen, die sie für ihre jeweilige Aufgabe benötigt, übersichtlich einsehen und bedarfsweise in den Prozess eingreifen kann. Dazu zählen Fähigkeiten wie Live KPIs, ein nahtloses Dokumentenmanagement sowie die Abbildung des gesamten Prozessverlaufes. Unser gesamtes Service-Delivery-Modell ist dort entsprechend einsehbar und kann von jeder Abteilung auf ihre spezifischen Verantwortungsbereiche hin gefiltert werden. Diese Tools und die strukturellen Veränderungen, die mit ihrer Umsetzung einhergingen, haben für uns einen Riesenschritt nach vorn bedeutet. Dabei sind wir von unserer Software-Lösung so begeistert, dass wir derzeit Überlegungen anstellen, sie auf dem allgemeinen Markt anzubieten.

Wirtschaftsforum: Werden Sie auch auf diesem Segment weiterhin innovativ bleiben?

Matthias Theiß: Perspektivisch können wir uns vorstellen, damit die Industrie 5.0 ins Visier zu nehmen und unsere Mitarbeiter auch mit einer entsprechenden KI zu unterstützen. Aber bis dahin ist es noch ein längerer Weg.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Anlagen- und Maschinenbau

„Wir brauchen mehr Pragmatismus“

Interview mit René Rose Stüber, Geschäftsführerin der Leybold GmbH

„Wir brauchen mehr Pragmatismus“

Seit 175 Jahren entwickelt die Leybold GmbH aus Köln Vakuumtechnologien, die in Forschung, Industrie und Hightechprozessen unverzichtbar sind. Das Traditionsunternehmen ist heute Kompetenzzentrum für trockenlaufende Schraubenpumpen und Turbomolekularpumpen. Im Gespräch…

Automatisierte Verpackungstechnik

Interview mit Ernst-Martin Tröscher, Firmengründer & Prokurist und Leon Luis Lincoln Tröscher, Geschäftsführer der AVT Automatisierte Verpackungs-Technologie GmbH

Automatisierte Verpackungstechnik

Ob Medizintechnik, Industrie oder Spielwaren – die AVT Automatisierte Verpackungstechnologie GmbH hat sich mit maßgeschneiderten Sondermaschinen und ganzheitlichen Ansätzen einen festen Platz im Markt erarbeitet. Im Gespräch geben Gründer Ernst-Martin…

Vom Garagenprojekt zum Global Player

Interview mit Werner Steininger, Geschäftsführer der WesttecH Maschinenbau GmbH

Vom Garagenprojekt zum Global Player

Die WesttecH Maschinenbau GmbH ist mehr als ein Hersteller von Forst- und Baumpflegemaschinen – sie ist ein Pionier in der Entwicklung einfacher, aber hochwirksamer Lösungen für globale Herausforderungen. Gegründet aus…

Spannendes aus der Region Hamburg

Weil wir so sind: Stark in der Nische, klar in der Haltung

Interview mit Werner Brase, Vorstand der Allcura Versicherungs-AG

Weil wir so sind: Stark in der Nische, klar in der Haltung

Die Hamburger ALLCURA Versicherungs-AG steht für ein verantwortungsbewusstes Geschäftsmodell. Als unabhängiger Spezialversicherer konzentriert sich das Unternehmen auf die Vermögensschaden-Haftpflicht. Nachhaltigkeit und Kundenorientierung prägen die Unternehmenskultur. Oder, wie Vorstand Werner Brase…

Sichere Schleusen: Kein Zugang für Würmer

Interview mit Dipl.-Inform. Till Dörges Geschäftsführer der PRESENSE Technologies GmbH

Sichere Schleusen: Kein Zugang für Würmer

Der digitale Fortschritt hat auch seine Schattenseiten. So finden über Schadprogramme Würmer und Viren oft Zugang in Unternehmensnetzwerke. Die PRESENSE Technologies GmbH mit Sitz in Hamburg sorgt in Behörden und…

Die richtigen Experten für spannende Projekte

Interview mit Andreas Brück, Geschäftsführer der KRONGAARD GmbH

Die richtigen Experten für spannende Projekte

Der Fachkräftemangel stellt jede Branche vor enorme Herausforderungen. Oft gilt dabei: Je höher und spitzer das Kompetenzprofil, desto schwieriger ist eine Vakanz zu füllen. Vor allem im Projektkontext hat sich…

Das könnte Sie auch interessieren

Starke Mittel gegen Schimmel

Interview mit Andreas Alexander, Geschäftsführer der GLUTOCLEAN Produktions GmbH

Starke Mittel gegen Schimmel

Ob im Badezimmer, Keller oder Schlafzimmer – Schimmel ist mehr als ein optisches Problem, weil oft auch ein Gesundheitsrisiko. Die GLUTOCLEAN Produktions GmbH aus Hann. Münden hat sich auf die…

Holz, Hightech, Handwerk: Verpackung für den internationalen Erfolg

Interview mit Moritz Krings, künftiger Geschäftsführer der Peter Krings GmbH & Co. KG

Holz, Hightech, Handwerk: Verpackung für den internationalen Erfolg

Seit über 160 Jahren steht die Peter Krings GmbH & Co. KG aus Stolberg für Kompetenz in der industriellen Holzverpackung. Aus einem einstigen Sägewerk entwickelte sich ein moderner Industriedienstleister, der…

Vom Einmannbetrieb zur ­Serienfertigung

Interview mit Günter Peters, Geschäftsführer der Peters Maschinenbau GmbH & Co. KG

Vom Einmannbetrieb zur ­Serienfertigung

Fachkräftemangel, steigende Anforderungen an Nachhaltigkeit und der Trend zur Automatisierung stellen die industrielle Fertigung vor neue Aufgaben. Die Peters Maschinenbau GmbH & Co. KG reagiert darauf mit hoher Fertigungstiefe, digitalen…

TOP